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Author's Chapter Notes:

 

Das Restaurant "The Ivy" in London und natürlich auch die Southbank Universität gibt es wirklich! 










 

Verdammt, verdammt, verdammt! Es hätte vielleicht mit ihm und Miss Bennet gar kein schlechtes Ende genommen, wenn diese Sache nun nicht dazwischengekommen wäre. Aber so… es war fraglich, ob sie sich beide überhaupt noch einmal wiedersehen würden. Ihr Leben war doch grundverschieden von seinem, ihr Lebensstil in London entsprach so gar nicht seiner Art und das bisschen Zeit, was sie in Derbyshire verbrachte, auf dem prunkvollen Familienstammsitz, konnte man an Tagen sicher an zwei Händen abzählen. Obwohl es William dort sehr schön fand, war schon allein die Tatsache, dass ihr Schlafzimmer die Grundfläche eines in England üblichen Reihenhauses hatte, eher erschreckend.

Nein, es war illusorisch, sich darüber überhaupt Gedanken zu machen und insofern hatte Miss Bennet sogar Recht: Sie passten einfach nicht zueinander. Es trennten sie deutlich mehr Dinge  als sie miteinander verbanden.

William rieb sich die müden Augen und war heilfroh, als er das Ortsschild von Hoddesdon endlich passierte.

Im Haus fand er seine Mutter einem Nervenzusammenbruch nahe vor, Carl saß mit ausdrucksloser Miene neben ihr, ebenso James. Martin war auf einer Veranstaltung und Louis hatte Zimmerarrest, obwohl dies natürlich eine wenig sinnvolle Maßnahme war, aber irgendeine Strafe hatte halt sein müssen.

William wusste keinen Trost und keinen Rat. Sein Vater hatte zwar einen Anwalt eingeschaltet, aber die Beweislast lag bei den Darcys und im ärgsten Fall war man das eigene Häuschen los.

Von den Ereignissen aufgewühlt nahm er James zur Seite: „Alles nicht gut. Wir haben ohnehin nie viel gehabt und mussten unsere paar Kröten immer gut zusammenhalten. Und nun das.“

„Ja, ich weiß. Um unsere Eltern tut es mir leid. Wenn sie das Haus verlieren, entzieht man ihnen ihre Lebensgrundlage. Mir macht es nichts, woanders wohnen zu müssen, dir vermutlich auch nicht und Martin, Carl und Louis sind noch so jung, dass sie sich rasch neu orientieren werden. Für Mama und Papa jedoch – eine Katastrophe.“

William Darcy schaute seinen Bruder für einen Moment lang nachdenklich an, dann sagte er direkt heraus: „Ich war bei Miss Bennet in Derbyshire.“

James Darcy klappte förmlich die Kinnlade herunter: „Wie bitte? Ich habe mich wohl verhört.“

„Nein, hast du nicht. Es war eine zufällige Begegnung, zuerst jedenfalls.“

„Und?“

„Nichts und. Ich wurde in dem Moment von Mum angerufen, als wir gerade im Begriff waren uns besser zu vertragen. Ach – übrigens wird es dich interessieren zu hören, dass sie hinter der plötzlichen Abreise von Charlene Bingley im Spätherbst steckt. Sie hat es mir gegenüber offen zugegeben. Und bevor du nun über sie wetterst – sie bereut, dass sie sich eingemischt hat.“

„Oh mein Gott! Und das alles noch zu der Misere hier obendrauf. Was rätst du mir nun zu tun?“

„Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Wir müssen erst einmal zusehen, dass wir die Sache mit Louis irgendwie ins Reine bringen. Danach kümmern wir uns dann um unsere persönlichen Probleme.“

„Du hast Recht. Was schlägst du bezüglich dieser GW-Poker Angelegenheit vor?“

„Wenn uns nicht einmal der Anwalt rausboxen kann, was sollte ich da groß machen können? Beten und auf ein Wunder hoffen, würde ich sagen.“

Doch Jim kam noch einmal auf etwas zurück, dass sein Bruder zu Anfang der Unterhaltung nur vage angedeutet hatte: „Hör mal, was muss ich mir darunter vorstellen, dass Miss Bennet und du im Begriff wart, euch besser zu vertragen? Wie weit ist das gegangen? Habt ihr miteinander geschlafen?“

„Neugieriger Mensch! Also, da du es genau wissen willst: Ich war in ihrem Schlafzimmer!“

„Oho! Wie war es?“

„Groß.“

„Wills!“

„Tatsache. Nein, Spaß beiseite, es ist absolut nichts gelaufen. Der Anruf kam dazwischen.“

„Aber es wäre dazu gekommen, wenn Mum nicht angerufen hätte?“

William zuckte mit den Schultern: „Wer weiß das schon. Vielleicht ja, vielleicht nein.“

„William, ich glaube, du bist in sie verliebt. Könnte das sein?“

„Möglich.“

„Treffer und versenkt! Und sie? Wie steht sie zu dir?“

„Keine Ahnung, frag mich was Leichteres.“

„Was sagt dir dein Bauchgefühl?“

„Gegenfrage: Was sagt dir deines in Bezug auf Charlene?“

„Nicht ablenken.“

„Jim, ich weiß es nicht. Ehrlich. Und nun sollte ich schlafen gehen, solange ich noch ein Bett und ein Dach über dem Kopf habe. Gute Nacht.“

Am nächsten Morgen verließ auch Elizabeth Bennet Creswell House und fuhr mit ihrem schicken Sport-Coupé Richtung London.

Noch von unterwegs aus telefonierte sie mit Charlene Bingley: „Ich bin schon fast an Leicester vorbei auf der M1. Ich könnte es zum Lunch nach London schaffen, wollen wir uns treffen? Ich habe dir einiges zu berichten. Nein, nicht am Telefon. Im Ivy dann? Ich melde mich, sobald ich eine genaue Uhrzeit abschätzen kann, kommt halt sehr auf den Verkehr an. Bis dann!“

Die beiden Freundinnen begrüßten sich liebenswürdig, aber auch mit einem Hauch von Distanz, da sie so lange schon nichts mehr gemeinsam unternommen hatten. Nachdem sie an einem Tisch Platz genommen hatten, kam Charlene Bingley sogleich zur Sache: „Was gibt es so Dringendes, dass du urplötzlich aus der Versenkung wieder auftauchst? Wenn du schon mal sagst, dass du einiges zu berichten hast, dann handelt es sich bestimmt nicht um einen Kindergeburtstag in der Gegend um Creswell House.“

Elizabeth Bennet holte tief Luft und sagte dann: „Es brennt mir einiges unter den Nägeln und ehrlich gesagt, weiß ich nicht mal genau, wo ich anfangen soll. Findest du, dass ich mich abscheulich gegenüber den Darcys benommen habe? Sag es ruhig frei heraus.“

Charlene warf der Freundin einen erstaunten Blick zu, antwortete aber wahrheitsgemäß: „Ja, das finde ich. Und ich denke, meine Meinung darüber ist dir nicht verborgen geblieben, aber ich sage es dir nun noch einmal direkt ins Gesicht. Warum möchtest du das von mir wissen?“

„Weil… weil ich mir noch einmal bestätigen lassen möchte, was mir selbst inzwischen klar geworden ist. Es war ein absolutes Unding, dass ich dir eingeredet habe, dass James und William indiskutabel sind, dass du Harlow Manor aufgeben sollst und vor allem, dass ich dich glauben gemacht habe, James‘ Interesse gälte nur dem alten Kasten und dem Umbau und nicht dir.“

„Fällt dir reichlich früh ein. Woher der Sinneswandel?“

Elizabeth wurde tatsächlich verlegen und druckste für einen Moment herum, bevor sie die Antwort formulieren konnte: „Ich hatte Besuch in Derbyshire. William ist mir dort zufällig über den Weg gelaufen.“

„Lizzie! Und?“

„Wir haben einen sehr schönen Tag bei mir auf Creswell House verbracht und… und vielleicht wäre mehr draus geworden, wenn nicht zu Hause bei ihm der Notstand ausgerufen worden wäre.“

„Du musst dich schon etwas deutlicher ausdrücken, was ist denn geschehen?“

„Louis hat sich böse in die Nesseln gesetzt, er hat bei GW-Poker gespielt und ist fürchterlich hereingefallen. Jetzt droht man ihnen mit der Pfändung des Häuschens. William ist Hals über Kopf gestern Abend losgefahren, er hat sich nicht einmal richtig von mir verabschiedet.“

Charlene Bingley traute ihren Augen nicht, aber es tropften tatsächlich Tränen aus den Augen von Elizabeth Bennet.

„Nicht zu fassen! Du liebst ihn! Dass ich diesen Tag noch erleben darf, dafür danke ich Gott!“

„Ja, verdammt nochmal, ich liebe ihn. Was glaubst du, wie schwer es mir gefallen ist, mir das einzugestehen? Und ich liebe auch diese ganze verrückte Familie, die an ihm hängt und an der er hängt. Irgendwie… ich muss total übergeschnappt sein.“

„Was gedenkst du zu tun?“

„Mit Anwälten werden die Darcys Miss Wickham nicht beikommen. Sie ist zu raffiniert und hat tausend Klauseln in ihre AGBs eingebaut. Sie wird es gerichtlich durchzusetzen wissen, dass die Darcys die Schulden begleichen müssen. Aber ich werde dazwischenfunken, natürlich dürfen die Darcys das nicht wissen. Ich werde dieser raffgierigen Kuh das Geld geben, das Louis ihr schuldet. Für die Darcys ist es ein Vermögen, das sie nur durch den Verkauf des Hauses aufbieten könnten, für mich ist es ein Scheck von vielen.“

„Klingt schon wieder ein bisschen überheblich, Lizzie.“

„Nein, nein, das soll es nicht. Ich tue es für William. Nur für ihn. Ich möchte nicht, dass er und seine Familie unglücklich werden. Sie sollen ihr beschauliches Leben in Ruhe weiterführen können, so wie sie es alle gewohnt sind.“

„Du musst ihn sehr lieben. Weiß er das?“

Elizabeth schüttelte den Kopf: „Ich denke nicht. Eventuell vermutet er, dass ich ihn anziehend finde, aber er steckt das – wenn überhaupt - sicher nur in den sexuellen Bereich.“

„Wie geht es James? Hat William von ihm gesprochen?“

„Nur kurz. Er studiert wieder, hier in London. Es wird sicherlich ein sehr guter Architekt aus ihm. Er hat was drauf.“

„Welche Uni?“

„Southbank.“

„Bin schon weg!“

„Charlene, warte. Fahr lieber raus nach Hoddesdon, da kannst du auch gleich nach Harlow Manor schauen. Ich kann mir kein schöneres Heim für euch beide vorstellen, vor allem nicht, wenn er es persönlich renoviert und umgebaut hat. Viel Glück!“






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