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Er sah die Unsicherheit in ihren Augen. Sie schien zu wissen, was er wollte, und war sich nicht ganz sicher, ob sie es auch wollte. Dieser Moment änderte für ihn alles.

Er wandte sein Gesicht von ihr ab, ließ ihren Arm los.

“Go Beth, please go! I don’t want to feed on you, so please go!”

Er spürte, wie sie sich nicht einen Zentimeter bewegte, obwohl er sie nicht ansah, sondern die Augen geschlossen hielt, während er um Kontrolle rang.

Dann stand sie ohne ein Wort auf. Er spürte, wie sein Herz sich schmerzhaft zusammenzog. Sie ging wirklich und ließ ihn hier sterben. Er wartete darauf das Geräusch einer zufallenden Tür zu hören, doch stattdessen hörte er etwas anderes. Irritiert sah er auf und sah Beth an seinem Kühlschrank stehen.

“There is no blood in here”, stellte sie fest und sah ihn fragend an.

“I know!”

Sie kam wieder näher, zu nahe.

“But why? You need blood!”

Mick schwieg und schaute weg, er konnte sie nicht anschauen, denn dann würde sie die Antwort in seinen Augen lesen. Und sie sollte nicht wissen, wie es wirklich um ihn stand.

Beth bemerkte Micks abweisende Reaktion und ein schrecklicher Verdacht kam in ihr auf. Was wenn… Nein, so etwas wollte sie nicht denken.

 

Sie kniete sich wieder neben das Sofa und betrachtete Mick für einen Augenblick schweigend. Wie sehr sie ihn doch liebte. Sie hatte niemals wirklich zugeben wollen, wie wichtig er ihr war. Vor Josh´s Tod hatte sie lange mit ihren Gefühlen gekämpft, unsicher, ob das alles vielleicht nur eine vorübergehende Verliebtheit war oder schwärmerische Bewunderung für einen Mann, der sie so oft schon gerettet hatte.

Nach Josh`s Tod hatte sie die Gefühle für Mick erst mal gar nicht mehr zugelassen, da sie das als Verrat an Josh empfunden hätte, doch nun konnte sie nicht mehr leugnen, was sie für Mick empfand. Sie konnte nicht ohne ihn leben.

“As there is no blood here, you will have to feed on me, even if I don’t taste as good as your blood preservations”, versuchte sie die ganze Situation mit etwas Humor aufzuhellen.

“No, no, Beth! Go! I really can’t feed on you, please leave!”, wehrte Mick ab. Nein, er könnte es nicht ertragen erneut ihr Blut zu nehmen. Er erinnerte sich daran, wie er nach dem letzten Mal in der Wüste tagelang das Gefühl gehabt hatte, dass ihre beiden Herzen direkt miteinander verbunden seien. Aber sie war ein Mensch und er war ein Vampir und das war ein unüberwindbares Hindernis zwischen ihnen. Es konnte niemals sein, insbesondere nicht, nach allem, was mit Josh geschehen war.

 

Beth hielt Micks Kopf fest und zwang ihn sie anzuschauen.

“Mick, listen to me! You need blood or you will die! You have to feed on me!”, redete sie ihm ins Gewissen und reichte ihm ihren entblößten Arm.

Er nahm ihren Arm entgegen, strich liebevoll mit den Fingern über ihre weiche, weiße Haut. Er konnte ihre Schlagader fühlen. Er wollte ihr Blut, er brauchte ihr Blut. Er spürte, wie seine Fangzähne sich bildeten, und mit einem Mal war da nur noch diese tiefe Verachtung vor sich selbst, vor dem Monster, das er war.

Nein, er konnte und würde das nicht mehr tun. Er würde hier verhungern wie er vorgehabt hatte. Er wollte kein Vampir mehr sein, er hatte dieses Leben als Monster satt. Er konnte nicht wieder zum Menschen werden und als Vampir waren ihm all die Dinge, die das Leben wirklich ausmachten, wie Liebe und Freundschaft, versperrt.

“No! Leave and let me die here! I won’t feed on you!”, fauchte er Beth an und schob ihren Arm von sich, als hätte Beth ihm nicht ihr Blut, sondern Gift angeboten.

Er sah, wie sie erschrocken zusammenzuckte und ihre Augen sich plötzlich vor Schreck weiteten. Sie hatte verstanden. Er wich mit seinem Blick ihren fragenden, besorgten Augen aus.

 

“It’s no accident that there is no blood in the fridge, am I right?”, ihre Stimme zitterte bei dieser Frage und, obwohl Mick nicht wagte ihr ins Gesicht zu schauen, wusste er, dass ihr Tränen die Wangen hinunter rannen.

“Why? Why Mick? How… how could you?”, schrie sie ihn an und zwang ihn sie anzusehen, “How could you do that to me?”

Mick sah Beths Unglauben, ihren Schmerz, ihre Wut.

“I can’t go on with this, please understand, Beth!”

“No, I don’t understand this! My boyfriend died, because he was human, because he was mortal. You are immortal, but you choose death. I… this is too much…”, ihre Stimme ging in Tränen unter. Mick spürte ihren Schmerz förmlich am eigenen Leib. Er wollte sie nicht verletzen, hatte das nie gewollt.

“But you said so yourself… you said that I should kill myself. Beth, this is no life, this is a living hell, and I am tired of it.”

“I said that?”, sie schien tief geschockt, “Oh my God, but I never meant it this way, you know it, you have to know it. I was angry and upset. I wasn’t myself that night. I’m so sorry, so sorry, Mick! What have I done?”

Sie griff nach seiner Hand und küsste diese.

“Don’t blame yourself! You made me realise, what I should have realised years ago. I am not made for being a vampire and it doesn’t help to live, if you can’t feel that you’re alive”, versuchte Mick sie zu trösten und strich sanft über ihre Hand.

 

“Mick, you can’t want this! You can’t leave me here like this. I lost Josh and now I am about to loose you. I can’t let this happen. Take my blood! I beg of you, take this blood of mine”, beschwor sie ihn und strich ihre Haare aus ihrem Nacken.

“No Beth, I made my decision. Please go!”

Ihre Hand umklammerte seine mit all ihrer Kraft. “Mick, I can´t loose you too! I need you! I can’t go on without you!”, versuchte sie ihn umzustimmen und dann fügte sie leiser hinzu, sodass er es nur aufgrund seines feinen Vampirgehörs verstehen konnte: “I… I love you!”

Er wusste, er konnte ihr ihren Wunsch nicht abschlagen, nachdem sie ihm das gestanden hatte. Selbst wenn sie es nicht so meinte, selbst wenn es gelogen war. Der Gedanke, dass sie ihn brauchte, dass sie ihn liebte, war genug, um ihn ins Leben zurückzurufen.

Er streichelte leicht ihre Hand, die immer noch in seiner lag und dann biss er in ihren entblößten Hals.

 

Beth spürte den Schmerz seines Bisses gleichzeitig mit tiefer Erleichterung. Zu wissen, dass sie ihm Kraft gab, dass ihr Blut sein Leben rettete, war ein unglaubliches Gefühl, das sie jeglichen Schmerz vergessen ließ. Sie waren sich so nahe wie sie sich schon lange nicht mehr gewesen waren, und für Beth hätte dieser Augenblick ewig dauern können.

Doch schließlich ließ Mick von ihr ab. Sie fühlte sich ein wenig schwach und schwindelig, wusste aber auch, dass Mick nicht zuviel Blut genommen hatte.

Sie blickte zu ihm hoch.

“Better?”

Sie sah daran, dass er immer noch ein Vampir war, dass es nicht genug Blut gewesen war, um ihm wirklich zu helfen.

“You need more blood, don’t you?”, fragte sie besorgt.

“Yeah, I think so! Probably you really should go, before I turn or even kill you!”, mit diesen Worten wandte er sich wieder von ihr ab, beschämt von dem, was er war.

“I’ll call Josef!”, sagte Beth und stand auf.

 

Auf der Küchenablage lag Micks Handy. Beth schaltete es an und suchte nach Josefs Nummer. Bald hatte sie sie gefunden.

“Hello, it’s Beth, I’m at Mick´s and he needs blood. Can you bring some over?”

Josef gluckste: “Well Beth, Mick should be old enough to know where to get something to eat. And Blondie, just a reminder, it shouldn’t bother you to give him some of your own. I was taking a nap and it was very rude of you to disturb me because of a little blood.”

“Listen Josef, it is important that you come over and bring blood with you, lots of blood. I let Mick drink of me, but it wasn’t enough. He is starving, so get yourself over here as soon as possible.”

Josef verstand nicht ganz, wieso Mick keine Blutvorräte mehr zu haben schien und ihm auch Beths Blut nicht ausreichte. Vermutlich hatte sich der jüngere Vampir wieder in irgendwelche Schwierigkeiten gebracht und er musste die Scherben aufsammeln. Er versprach Beth zu kommen und machte sich auf den Weg. Hoffentlich war diese Sache wichtig genug, um den Weg zu Mick auf sich zu nehmen. Wenn nicht, konnte sich Blondie etwas anhören.

 

Beth kam wieder zurück zum Sofa und setzte sich neben Mick, der sich nun etwas aufgesetzt hatte. “Josef is coming!”

“Thanks for everything! You can go now, if you want to. I can handle Josef all by myself”, bot er ihr an.

Beth griff nach Micks Hand und blickte ihm tief in die Augen.

“I won’t go anywhere. I will stay with you!”, versprach sie ihm

Er schaute sie nachdenklich an: “It’s not safe for you here. I could loose control and kill you!”

“You would never do that!”, erwiderte Beth und lehnte sich leicht gegen ihn.

Mick war sich dieser Sache nicht so sicher. An Beths Hals trocknete das Blut aus ihrer Wunde nur langsam und der Geruch ihres Blutes war überwältigend. Er wollte so gerne noch mehr von ihr trinken, sie ganz in sich aufnehmen, aber er wusste, dass dies ihren Tod bedeuten würde. Und er liebte sie und wollte ihr nicht wehtun.

Dass sie ihre kleine Hand in seine große gelegt hatte, war einerseits eine große Versuchung für ihn, andererseits war ihr beispielloses Vertrauen in ihn genau das, was ihn davon abhielt, sie noch einmal zu beißen.

 

Endlich klingelte es an der Tür. Beth öffnete Josef und führte ihn hinein. Dieser musterte die Beißwunden an ihrem Hals.

“He really drank of you! Was it fun, Blondie?”, begrüßte er Beth.

“Not really, Mick’s not doing well. You will be shocked, when you see him!”, antwortete Beth leicht entnervt von Josefs Begrüßung.

“I am never shocked, Blondie!”, erwiderte Josef. Doch als er Mick schwach mit gelblicher Hautfarbe und gelb unterlaufenen Augen auf dem Sofa sitzen sah, war er doch einen Moment sprachlos.

“What has happened here?”, fragte er.

“I’ll tell you later!”, wisperte Beth ihm zu.

“There is no reason to whisper. I can understand every word you say, Beth!” schaltete Mick sich ein, woraufhin Beth rot wurde und begann in der Küche nach einem Glas zu suchen.

Josef reichte Mick eine Blutkonserve und fragte: “So what has happened, old buddy?”

Ausweichend antwortete Mick: “I forgot shopping and eating and so I am kind of starved.”

Ungläubig musterte Josef Mick und warf Beth einen fragenden Blick zu. Diese jedoch blickte nur zu Boden und blieb ihm auch eine weitere Erklärung schuldig.

 

Einige Blutkonserven später war Mick gesättigt und rechtschaffen müde. Die letzten Tage hatten seinen Kräften alles abverlangt. Nun war zwar sein Hunger gestillt und der Schmerz ließ langsam nach, der die letzten Tage sein ständiger Begleiter gewesen war, doch erschöpft war er immer noch.

“I should get some sleep”, teilte er den beiden anderen mit, “and you can go home, get some rest, too!”

Bei diesen Worten sah er vor allem Beth an, die aufgrund des Blutverlustes und der Aufregung blass und erschlagen aussah. Es war auch mittlerweile schon später Abend und sie musste müde sein.

Aber sie widersprach diesem Vorschlag vehement: “No, I won’t go home. I stay here, with you!”

“Beth, go home and get some rest! You must be tired after all what has happened”, redete er sanft und fürsorglich auf sie ein.

“No, Mick, I will stay here. I can use your couch for sleeping!”

 

Josef blickte verwundert von Beth zu Mick, irgendetwas war hier geschehen, was ihm die beiden bisher verschwiegen hatten.

Mick gab nach und nickte bedächtig: “Alright, I will get you a blanket! Do you need anything else?”

Sie schüttelte den Kopf. Mick verschwand und kam kurz danach mit einer Decke zurück. Er reichte sie Beth und beugte sich, während er sie ihr gab, zu ihr hinunter und küsste sanft die Bisswunde an ihrem Hals.

“Sorry, I should never have done this! Thank you for being here!”

Er blickte noch einmal in ihre Augen und versuchte ihr mit diesem Blick all seine Dankbarkeit und Liebe auszudrücken, die er ihr hier vor seinem Freund nicht zu gestehen wagte.

Beth nickte ihm nur stumm zu, unfähig etwas auf seine Worte zu erwidern.

 






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