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Das Paar erwartete sie bereits in der Lounge. Dave stand auf und schob ihr einen Sessel zurecht. Erleichtert nahm sie ein Glas Champagner entgegen, das würde ihr sicher helfen. Sie beteiligte sich kaum an dem Gespräch, beantwortete lediglich einige Fragen nach ihrem Leben.

Sie beobachtete ihn, er stützte den Unterarm auf der Lehne des niedrigen Sessels auf und lehnte sich zu Sam hinüber. Samantha sah einfach wundervoll aus. Ihr luftiges Kleid betonte ihre schlanke Gestalt vorteilhaft, ihre Haare schimmerten im Licht der Kronleuchter. Sie gefiel ihm, das konnte sie sehen. Er schenkte ihr dieses zauberhafte Lachen und legte hin und wieder eine Hand auf ihren Unterarm.

Sie hingegen kam sich plump und gewöhnlich vor. Sie war nicht so groß und schlank wie Samantha, ihre Haare wirkten stumpf, egal was sie auch tat. Ihre Kleidung war sorgfältig ausgewählt, teuer und geschmackvoll, und dennoch fühlte sie sich nie richtig wohl darin. Nervös rutschte sich in dem Sessel hin und her um eine bessere Position zu finden und wurde immer unsicherer, fühlte sich verkrampft und ausgeschlossen.

Sie blickte wieder auf das schöne Paar, das sich anscheinend prächtig unterhielt und kaum auf die Personen um sie herum achtete. Demonstrativ wandte sie sich Dave zu und verwickelte ihn in ein oberflächliches Gespräch, bis endlich ihr reservierter Tisch für sie bereit war. Die drei Freunde hatten sich noch so viel zu erzählen. Immer wieder fragte sie sich, wie der Abend wohl verlaufen wäre, wenn Sam und Dave nicht aufgekreuzt wären, wenn sie hier alleine sitzen würden.

Sie lachte kurz ob dieser Vorstellung und alle am Tisch starrten sie plötzlich an. Verlegen schüttelte sie den Kopf und nahm einen weiteren Bissen des köstlichen Fischs. Eine Anekdote folgte der nächsten und sie sehnte den Moment hierbei, an dem sie aufstehen und sich zurückziehen könnte.

Mittlerweile verfluchte sie ihre wahnwitzige Idee in einem kleinen, verschwiegenen Hotel ihre Ehe retten zu wollen. Hier eine gemeinsame Zeit verbringen zu wollen, weit weg von allem. Immer wieder wurden sie von der Wirklichkeit eingeholt, sie wünschte sich fast, sie wären Zuhause geblieben. Zuhause? Was war das für ein Zuhause? Wie hatte er es genannt – einen goldenen Käfig!

„Hast Du auch Lust?“, Dave zupfte an ihrem Ärmel.
Sie sammelte ihre Gedanken und frage verwirrt: „Wozu?“
„Na zum Segeln! Wir haben ein Boot gemietet, komm mach mit! Ich bin gar nicht so schlecht, kannst mir vertrauen!“
Sie blickte zu ihrem Mann. Das Lächeln war aus seinem Gesicht verschwunden, auf seiner Stirn trat die Ader hervor, wie immer, wenn er angespannt war. Wahrscheinlich wäre es ihm am liebsten, wenn sie hier bleiben würde und er die Zeit mit Sam allein verbringen könnte, während Dave mit den Segelmanövern beschäftigt wäre.
„Natürlich komme ich mit! Ich liebe das Meer! Nicht wahr, Schatz?“, sagte sie fest legte besitzergreifend ihre Hand auf seine und drückte die warmen Finger.


Der frische Wind vom offenen Fenster blies durch das Zimmer, die zarten Vorhänge bauschten sich auf und wehten über einen kleinen Tisch. Sie beobachtete das Spiel des Windes und genoss die frische Meeresluft auf ihrem Körper unter ihrem zarten Nachthemd.
Sie erschauerte. Er war hinter sie getreten, sie spürte die Wärme seiner Haut, so nah stand er bei ihr. Sie schloss die Augen, der Gedanke, dass sie das Bett mit ihm teilen würde beunruhigte sie plötzlich.

„Mist!“, er stürzte zum Fenster und versuchte das leichte Gewebe des Vorhangs aus den Fängen des Tisches zu befreien. Er zerrte und zog und stieß dabei eine kleine Vase herunter. Sie trat zu ihm, half ihm und musste unwillkürlich grinsen. Sie mussten ein tolles Paar abgeben, er halbnackt und sie in diesem durchsichtigen Fetzen, der ihr um die Beine schlabberte.

Plötzlich richtete er sich auf und drehte sich zu ihr um. Seine Augen fixierten die ihren. Sie standen sich gegenüber und rührten sich nicht. Sie hob langsam ihre Hand und berührte sanft seinen Oberarm, sie neigte ihren Kopf, blickte an ihm vorbei und hinunter zur Terrasse und sah sie. Sam stand dort fast unsichtbar, doch ihr Blick war zu ihrem Zimmer erhoben. Sie schien sie zu beobachten.

Er konnte Samantha nicht sehen. Sie umfing ihren Mann und streichelte seinen Rücken, lehnte ihren Kopf langsam an seine Schulter. Er rührte sich nicht von der Stelle, seine Arme hingen steif herab, er zuckte nicht einmal. Sie presste ihren Körper an ihn, sie wusste nicht, woher sie den Mut nahm. Sie schloss die Augen, wollte das Bild der jungen Frau dort unten verdrängen, sie sollte verschwinden!

Mit einem Ruck löste er sich aus ihrer Umarmung und schob sie unsanft zur Seite. Sie blieb alleine am Fenster zurück, Samantha war verschwunden. Einen tiefen Atemzug lang verweilte sie dort und blickte in die Dunkelheit. Er hatte sich auf das Bett gelegt und die Arme unter seinem Kopf verschränkt. Zögernd trat sie an das Bett und sah ihn an. Vereinzelt waren letzte Wassertropfen auf seiner Brust zu sehen, er atmete tief ein und aus.

Sie ging zu ihrer Seite des Bettes und setzte sich auf den Rand. Was sollte sie nur tun? Sie hatte unbedingt mit ihm reden wollen und nun hätte sie die Möglichkeit, doch die Angst stieg in ihr auf. Was sollte sie ihm sagen?
Sie fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, am liebsten wäre sie verschwunden, diese Angst schnürte ihr die Kehle zu. Sollte sich das denn nie ändern? Wovor hatte sie solche Angst? Er hatte ihr noch nie wehgetan, war immer so liebevoll gewesen, nie hatte er sie zu etwas gedrängt.

Sie sehnte sich nach ihm und doch hatte sie nicht den Mut, sich neben ihn zu legen. Nicht einmal das schaffte sie.

Sie drehte sich nicht um als sie ihn fragte: „Gefällt es dir hier?“
„Ganz okay.“
„Hast du dich gefreut deine Freunde hier zu treffen?“
„Ja! Völlig überraschend. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet!“
Ich auch nicht, dachte sie.
„Hast du nicht Lust noch eine Runde schwimmen zu gehen? Ich würde mitkommen. Sie haben hier eine geheizte Schwimmhalle, das Becken hat fünfundzwanzig Meter Länge!“
„Bin zu müde, außerdem war ich schon unter der Dusche!“ Er drehte sich zur Seite und zog sich das Laken über den Körper.

Natürlich! Was dachtest du dir dabei? Er war müde, die lange Fahrt, das Abendessen, all das. Sie legte sich langsam auf das Bett, schob die Füße unter die Decke und versuchte sich zu entspannen. Vorsichtig drehte sie den Kopf in seine Richtung und betrachtete sein Gesicht. Er hatte die Augen geschlossen, sein Mund war leicht geöffnet. Schlief er schon?
Sie rückte ein kleines Stückchen näher und sagte leise seinen Namen. Keine Reaktion. Noch ein kleines bisschen näher, sie kannte jede Sommersprosse auf seinem Gesicht, jede kleine Linie, jedes Härchen. Seine breiten Augenbrauen, die rötlich schimmerten. Er atmete tief und regelmäßig und sein Atem streifte ihr Gesicht.

Zaghaft hob sie die Hand und berührte mit einem Finger seine Wange und fuhr entlang seines Kinns bis zu seinem Hals. Er zuckte ganz kurz mit dem Mundwinkel, regte sich sonst aber nicht. Seufzend senkte sie ihren Kopf auf das Kissen und legte sich so hin, dass sie ihn noch etwas beobachten konnte.
Leise flüsterte sie: „Gute Nacht, Liebling.“
Er hob seine Schulter zum Kinn, als ob er etwas dort wegwischen wollte und murmelte etwas Unverständliches.





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