Dienstag, 25. Dezember. Er wachte um kurz nach sieben auf, seine innere Uhr war darauf irgendwie eingestellt. Von seiner Bettseite aus betrachtete er Casey im Schlaf. Sie musste wirklich erschöpft sein, wenn sie jetzt noch schlief, denn auch sie stand üblicherweise um diese Zeit auf. Aber der Jetlag, natürlich…. Ian Dunross blickte zufrieden zur Decke des Zimmers, wo ein typisches rundes Lackdeckengemälde einen chinesischen Drachen zeigte. Ihr Zusammensein hier heute Nacht war völlig anders gewesen als damals in Macao. Er hatte sogar den Eindruck, sie war diesmal weniger ungezügelt und wild, mehr anschmiegsam und hingebungsvoll gewesen. Eine etwas andere Seite von ihr, die er gerne bereit war zu entdecken. Sowieso fand er, dass vieles an ihr sich irgendwie anders anfühlte. Aber das kam sicher daher, dass sie sich vor Wochen in Macao nicht genügend Zeit genommen hatten, sondern einfach hungrig übereinander hergefallen waren.
Er stand auf, zog sich einen Bademantel über und verließ das Zimmer. Es war Weihnachten. Im großen Wohnzimmer glitzerte ein Baum von enormen Ausmaßen, er hatte Lim-Chu instruiert, ihn erst in der Nacht hereinzuschaffen. Als Überraschung. Er wusste, dass in Amerika die ersten Weihnachtsbäume gleich nach Thanksgiving aufgestellt wurden, aber er mochte das nicht. Das war die Adventszeit, nicht Weihnachten. Bei ihm kam der Weihnachtsbaum nie vor dem 24. Dezember ins Haus. Gut, in der Firmenzentrale hatte man sich ein wenig angepasst, da wurde der Baum zum 1. Advent aufgestellt, aber hier oben im Haus wollte er es so nicht.
Detail des Weihnachtsbaumschmuckes im Haus des Tai Pan
Als sichergestellt war, dass das Frühstück bereit war und alles, was er sonst noch für diesen Weihnachtsmorgen geplant hatte, schlich er zurück ins Schlafzimmer. Gerade rechtzeitig, denn Casey begann, sich zu räkeln. Er beugte sich liebevoll über sie: „Hallo Schlafmütze. Du wirst doch deinen ersten gemeinsamen Weihnachtstag mit mir nicht verschlafen wollen, oder?“ Sanft küsste er sie auf die Nasenspitze.
Sie riss die Augen auf: „Oh, Weihnachten, natürlich. Ich stehe sofort auf.“
Sie machte Anstalten, aus dem Bett zu kommen, doch er hielt sie mit fester Hand zurück: „Nein, nicht ohne einen anständigen Guten-Morgen-Kuss junge Frau!“
Sie sank in die Kissen zurück, schaute ihn erwartungsvoll an: „Was ist?“
Er schüttelte den Kopf: „Den Kuss musst du mir schon geben, nicht ich dir.“
Sie gab ihm einen kleinen Schubs: „Hey, du bist unverschämt!“
„Natürlich bin ich das, ich bin nicht umsonst der Tai Pan.“
“Und du bist es gewohnt, dass sich alle deinen Wünschen und Anordnungen beugen, nicht wahr?“
„Ganz genau. Also, bekomme ich jetzt meinen wohlverdienten Kuss?“
ie klapste ihn erneut, diesmal auf den Oberarm: „Ian, von wohlverdient war nicht die Rede.“
Er machte ein sehr finsteres Gesicht, was ihm nicht sonderlich schwer fiel, obwohl er jetzt natürlich nur so tat: „Du wagst es, den Tai Pan zu schlagen? Weißt du nicht, dass darauf fürchterliche Strafen stehen?“ Zur Demonstration nahm er ihre Handgelenke, drückte ihre Arme nach oben über den Kopf in die Kissen und hielt diese dort mit hartem Griff fest. Dann kam er ihrem Gesicht ganz nahe: „Miss Tcholok, Sie werden jetzt sofort meinem Wunsch nachkommen, wie Sie sehen, gibt es keinen anderen Ausweg.“ Er musste sich kurz auf die Lippen beißen, um nicht zu lachen.
Sie spielte mit: „Oh, mächtiger Tai Pan, ich tue alles was Sie wollen, nur bitte, bitte, lassen Sie Gnade walten.“ Sie küsste ihn mit Hingabe.
Er grinste anschließend zufrieden, als er sagte: „So, ich werde jetzt duschen gehen. Sonst kommen wir nie hier heraus.“
„Darf ich mitduschen?“
„Nein, das lässt du lieber bleiben, denn ich fürchte, dann würde aus unserem Weihnachtsmorgen in Hongkong dieses Jahr nichts werden. Und bis nächstes Jahr Weihnachten bringe ich die Geduld nicht auf, zu warten. Ich bin schnell fertig.“ Damit verschwand er im Bad.
Während die Dusche rauschte, suchte sie sich einige Kleidungsstücke aus dem Koffer. Ausgepackt war noch nichts, doch wie Ian ihr versicherte, würden der zweite Boy und die Waschfrau dies gleich erledigen, sobald er und Casey das Schlafzimmer verlassen würden. Casey war erstaunt, dass man hier sogar seine Koffer ausgepackt bekam. Bei der Gelegenheit, so hatte Ian ihr erklärt, würde die Kleidung auch gleich darauf überprüft, was gebügelt werden musste. Das würde dann auch sofort erledigt. Ein toller Service.
Ein extrem gut duftender, wie aus dem Ei gepellter Ian kam ihr aus dem Bad entgegen. Zu einer hellen Leinenhose trug er ein himmelblaues Hemd, das wie alle seine Hemden maßgeschneidert war (in Hongkong kein Problem), ohne Schlips, mit offenem Kragen, darüber hatte er lässig einen Burlington-Pullover über seine Schultern gehängt, ohne ihn also richtig anzuziehen. Sie hielt unwillkürlich die Luft an. Großer Gott, der Mann war wahrhaft nicht von dieser Welt. Er sah viel zu gut aus.
Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und verschwand ihrerseits im Bad. Er zog sich ein paar schwarze, handgearbeitete Schuhe an, nahm seine Patek-Philippe-Uhr (Anm. d. Autorin: Nur so zum Nachdenken - Damals konnte eine Uhr dieser Klasse bis zu 100.000 DM kosten!) von der Bettkommode und befestigte diese am linken Handgelenk. Dann wartete er auf Casey.
Sie kam nach gut zehn Minuten, hatte allerdings noch nasse Haare: „Ian, wo finde ich einen Föhn?“
Er ging ihr voraus in das Badezimmer von der Größe eines Wohnzimmers in einem gehobenen europäischen Reihenhaus. Mit einem Griff zog er eine der mit edlem hellem Holz verkleideten Schubladen auf und reichte ihr den Föhn: „Et voilà. Brauchst du sonst noch etwas?“
Sie schüttelte den Kopf: „Ich denke, das war’s, danke.“ Aber er rührte sich nicht vom Fleck. „Ian, danke!“ Er stand weiterhin wie angewurzelt da. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen, kam einige Schritte auf ihn zu: „Alles in Ordnung?“
Er zog einen Schmollmund, von dem sich Brigitte Bardot in ihren Glanzzeiten noch eine Scheibe hätte abschneiden können und sagte: „Bekomme ich keine Belohung für den Föhn?“
Sie lachte herzlich und schmatzte ihm eine volle Ladung auf seinen Mund. Mit einem zufriedenen Grinsen zog er sich aus dem Bad zurück.
Er zog sie an der Hand hinter sich her in den Wohntrakt. Als sie den Weihnachtsbaum sah, war sie total begeistert: „Oh, der ist ja traumhaft schön. Aber der stand gestern doch noch gar nicht da, ich hätte ihn dann bestimmt nicht übersehen. Habt ihr den heute früh erst hergebracht?“
Ian Dunross nickte: „Ja, Lim-Chu hat das auf meine Weisung hin veranlasst.“
„Oh, auf deine Weisung, das hört sich wieder sehr Tai Pan-mäßig an.“
Er deutete auf das auf einem Tisch angerichtete Frühstück: „Möchtest du einen Kaffee?“
„Nein, lieber ein Glas Milch und dann vielleicht einen Tee.“
„Klar, alles da, bedien’ dich ruhig.“
Sie trank ein Glas Milch, nahm sich einen Marmeladentoast und nippte dann an einer Tasse Earl Grey. Ian hatte sich Kaffee genommen und biss in ein französisches Croissant. Er klopfte auf den Platz auf dem Sofa neben ihm und sie kam rüber zu ihm. Aber statt sich zu setzen, streifte sie die Schuhe von den Füßen und legte sich hin, den Kopf auf seinem Schoß gebettet.
„Ich muss sagen, es gefällt mir, wenn du so hier liegst. Eine gute Idee.“
Sie lächelte schwach, war etwas blass im Gesicht. „Na ja, es hat einen Grund, mir ist ein wenig flau im Magen, deswegen.“
„Aber du hast doch gerade gefrühstückt.“
Sie nickte: „Es wird sicher gleich besser. Bekomme ich nun mein Weihnachtsgeschenk?“ Sie schaute erwartungsvoll zu ihm hoch.
Er nickte, beugte sich zu ihr und küsste sie kurz: „Sicher, einen kleinen Moment noch. Dafür muss ich nämlich aufstehen. Aber du darfst ruhig liegen bleiben, wenn es nicht anders geht.“
Er ging hinüber zum Weihnachtsbaum, holte ein ziemlich kleines Päckchen hervor, balancierte es auf der flachen Hand und blieb vor ihr stehen. Sie blickte ihn neugierig an. Langsam dämmerte ihr, was er vorhatte. Sie setzte sich auf, ohne ihn auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen. Die Übelkeit war noch da, aber nicht sehr schlimm.
Sein Blick ruhte liebevoll auf ihr: „Ich hatte mehr als zwanzig Tage lang Zeit zu üben, ich glaube, ich beherrsche es nun.“ Damit kniete er vor dem Sofa nieder, reichte ihr das Päckchen und fragte, nachdem er tief Luft geholt hatte: „Möchtest du meine Frau werden?“
Sie hatte Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. Sie hatte einen fürchterlichen Kloß im Hals. Sie stand auf, schlang ihre Arme um seinen Nacken und flüsterte ihm ins Ohr: „Allen Widrigkeiten zum Trotz, ja ich will – mehr als alles andere.“ Sie küssten sich voller Leidenschaft, ihre Knie waren butterweich, wenn er sie nicht gehalten hätte, wäre sie nieder gesackt.
Er strahlte mit dem Weihnachtsbaum um die Wette: „Oh Casey, du konntest mir kein größeres Weihnachtsgeschenk machen, als Ja zu sagen. Ich bin unglaublich glücklich. Willst du das Päckchen nicht aufmachen?“
Sie zerrte am Seidenband, streifte das Papier ab, klappte den Deckel der Schachtel auf und schnappte nach Luft. Ein Ring, nicht protzig, aber unsagbar wertvoll kam zum Vorschein. Sie nahm ihn aus dem Samtbett, hielt ihn in die Luft. Ian nahm ihn Casey ab, ergriff ihre Hand und steckte ihn ihr an den Finger. Er passte wie angegossen, funkelte im Licht der Kerzen.
Sie betrachtete den Ring noch eine Weile, dann wandte sie sich wieder ihm zu. Aus ihrer Handtasche zog sie ein ganz flaches, fast quadratisches Päckchen, mit einer roten Schleife verziert, alles in allem sah es mehr aus, als würde sie einen Geldumschlag verschenken wollen. Sie überreichte es Ian: „Mein Geschenk. Es ist allerdings nichts Materielles, eher etwas Ideelles.“
Er schaute sie intensiv an: „Das ist mir sogar wesentlich lieber. Ich bin sehr gespannt. Darf ich?“
Sie nickte, sagte nichts. Ihr Herz klopfte heftig, als er die Schleife abzog und das dünne Päckchen aufriss. Er hielt ein Polaroid-Foto in der Hand. Er starrte es völlig entgeistert an, konnte damit überhaupt nichts anfangen. War das moderne Kunst? Er drehte und wendete es in alle Richtungen, aber es erschloss sich ihm noch immer nicht: „Casey, was… was ist das?“
„Ein Foto.“
„Habe ich mir schon gedacht. Aber der Fotograf scheint sein Handwerk nicht gut zu beherrschen. Was soll das sein?“
Ultraschallbild aus der 6. Schwangerschaftswoche
Sie atmete noch einmal durch, dann sagte sie es: „Unser Kind!“
Er wusste nicht, wo er zuerst hinschauen sollte, auf Casey oder auf das Bild, er war völlig verwirrt.
„Es ist ein so genanntes Ultraschallbild, das kann man heute bereits von einem Embryo im Mutterleib machen, sobald die Schwangerschaft sicher festgestellt worden ist.“
Er starrte noch immer auf das Polaroid, sagte nichts.
„Ian?“
Er verlagerte langsam seinen Fokus vom Bild hinüber zu ihr: „Ich kann es nicht glauben! Wie kommt es? Sagtest du nicht, dass du die Pille nimmst? In Macao?“
Sie nickte: „Ja, aber ich hatte die Packung in Hongkong gelassen, ich rechnete ja nicht damit, dass wir über Nacht in Macao bleiben würden. Und als wir zurück in Hongkong waren, hatte ich es vergessen, weil erst die Sache auf der Rennbahn war und dann gleich die ganze Aufregung mit dem Erdrutsch, in dieser Nacht hatte ich sie auch nicht genommen, es waren also schon mehrere Fehleinnahmen. Außerdem sagt meine Frauenärztin, die auch das Ultraschallbild gemacht hat, also die Fotografin die, wie du so schön sagtest, ihr Handwerk nicht beherrscht, dass auch die ganze Zeit- und Klimaumstellung wohl zusätzlich dazu beigetragen hat, dass die Hormone nicht richtig wirkten.“
Er schaute immer noch sehr verwirrt drein, Er hatte ein merkwürdiges Gefühl der Enge überall, in seiner Brust, in der Kehle, ein Brennen unbekannter Art in Nase und Augen. Dann merkte er, dass Casey ihm liebevoll mit ihrem Daumen seine Tränen von den Wangen wischte. Er konnte sich nicht erinnern, dass er – außer in frühester Kindheit – jemals geweint hätte. Es war ihm sehr unangenehm, dass ihm nun die Gefühle völlig außer Kontrolle gerieten. Andererseits fand er es wunderbar angenehm, an Casey angelehnt ein bisschen zu weinen.
Er fühlte sich sehr zwiespältig. Er hielt seinen Blick daher gesenkt, schaute weiterhin auf das Bild, das aussah, als würde ein Fernsehsender ein großes technisches Problem haben. Er hörte sich sehr nach verstopfter Nase an, als er fragte: „Kannst du denn darauf etwas erkennen?“
„Aber sicher, die Ärztin hat es mir erklärt. Soll ich?“
Er nickte.
„Das hier ist die Fruchtblase. Das kleine Gebilde ist das Embryo und der stecknadelgroße Punkt hier ist das Herz, das bereits schlägt.“
Er schaute nun mit wachsender Faszination auf das Bild. Die nächste Träne rollte. Er nahm das Foto schnell weg, damit nichts darauf tropfte.
Dann sagte er mit belegter Stimme: „Ich freue mich so ungemein, ich kann das alles gar nicht so schnell verarbeiten. Auf alle Fälle ist dies ein unglaublich schönes Weihnachtsfest, du hast gesagt, dass du mich heiraten möchtest und ein Kind ist auch unterwegs. Es ist unfassbar für mich. Oh Casey, ich liebe dich so sehr, ich kann es gar nicht in Worte fassen.“ Er schaute sie jetzt an, es war ihm egal, ob noch Tränenspuren in seinem Gesicht zu sehen waren, oder nicht: „Wann wird es auf die Welt kommen?“
„Mitte August, voraussichtlich.“
„Seit wann weißt du es?“
„Nun, ich hatte natürlich schon einen ersten Verdacht, als ich um den 10. Dezember herum meine Periode nicht hatte. Aber es war bei Par-Con so viel zu tun, dass ich nicht näher darauf einging. Doch als ich eine andere Körbchengröße bei meinen BHs wählen musste, war der Verdacht wieder da. So ging ich kurz vor meinem Abflug nach Hongkong zur Ärztin. Das Ergebnis kennst du nun.“
„Casey, sei ehrlich: Freust du dich wirklich auf das Baby, oder empfindest du es eher als Last?“
Sie kuschelte sich eng an ihn: „Erst war ich ein wenig erschrocken, muss ich ganz ehrlich sagen. Ich rechnete einfach nicht damit. Aber dann kamen mir all unsere Gespräche wieder in den Sinn, die sich teilweise auch um dieses Thema drehten, und ich wusste, wie sehr du dir ein Baby wünschtest und da fand ich es auf einmal selbst ganz wundervoll. Ich begann, mich total darauf zu freuen und vor allen Dingen war es meine größte Freude, dir die Nachricht als Weihnachtsgeschenk überreichen zu können. Mittlerweile ist es in der Tat so, dass ich es mir gar nicht mehr anders vorstellen könnte. Ich glaube, so hat alles seine Richtigkeit.“
„War dir deswegen auch schlecht vorhin?“
„Gut möglich, obwohl ich sagen muss, dass dies das erste Mal war, dass mir schlecht war. Vielleicht passiert das ja nun öfter, das bleibt abzuwarten. Ich nehme mal an, du kannst mir hier in Hongkong keine gute Frauenärztin empfehlen, oder?“
Er lächelte, seine Tränen waren jetzt endgültig versiegt: „Nein, das nicht, aber vielleicht solltest du Claudia oder Dianne, die Frau von Phillip Chen, fragen. Noch eine Frage: Wie schnell können wir heiraten? Hast du alle Papiere dabei?“
„Ja, habe ich. Wie schnell? Ist das nicht eher eine Frage, die du nur selbst beantworten kannst? Du bist der ‚Chinese’ hier, du kennst dich am besten aus. Solltest du es bewerkstelligen können, heirate ich dich auch schon morgen.“
„Leider wird das nicht ganz so schnell gehen. Aber ich werde morgen gleich mit dem Gouverneur telefonieren.“
„Warum mit dem Gouverneur?“
„Irgendeiner muss uns doch schließlich verheiraten, oder?“
“Das macht der Gouverneur?“
„Ja, macht er. Selbstverständlich nicht für jeden. Nur für spezielle Leute natürlich.“
„Natürlich“, echote Casey, „klar, das ist jetzt wieder so eine typische Tai Pan Aktion, nicht wahr?“
„Eine gute oder eine schlechte in deinen Augen?“
Sie umschlang ihn mit beiden Armen: „In diesem Fall finde ich es doch recht gut, ich möchte unbedingt von einem Gouverneur verheiratet werden.“ Sie lachten beide.
Casey führte ein paar Telefonate von Ians Schreibtisch aus, sie hatte ihn um Erlaubnis deswegen gefragt, doch er hatte nur den Kopf geschüttelt und sie fast getadelt, weil sie überhaupt fragte. „Liebste, solche Fragen möchte ich von dir nie wieder hören. Wenn du telefonieren möchtest oder musst, dann nimmst du den Hörer ab und wählst einfach, basta!“
Sie sprach mit einem ihrer Vize-Präsidenten, dann mit Debbie und Orlanda. Die beiden wussten offensichtlich schon etwas von dem Kind, denn sie fragten sofort, wie Ian (Debbie) bzw. der Tai Pan (Orlanda), die Nachricht vom Baby aufgenommen hatte. Casey erwähnte nicht, dass er geweint hatte, aber sie sagte, er sei sehr gerührt gewesen. Und dass die Hochzeit wohl ziemlich bald stattfinden würde.
Während Casey telefonierte, informierte Ian das Hauspersonal. Er hatte im Vorfeld bereits kurz angekündigt, dass eine Lady hier einziehen würde. Er wollte sie nun gerne allen vorstellen, außerdem erwarteten die Hausangestellten auch eine kleine Ansprache und Anerkennung zum Fest.
So waren alle in der Diele des Hauses angetreten, als Casey aus Ians Arbeitszimmer kam. Er nahm sie am Arm und führte sie mit sich. Vor den Leuten sprach er dann, hoch aufgerichtet, ganz der Tai Pan eben: „Danke, dass ihr alle gekommen seid. Ich möchte euch hiermit Miss Casey Tcholok vorstellen, die schon bald Mrs. Ian Dunross sein wird. Bevor es hier allerdings zu wilden Spekulationen und wüsten Gerüchten kommt, füge ich auch gleich noch hinzu, dass meine zukünftige Frau und ich ein Baby erwarten.“
Jetzt klatschten alle frenetisch, obwohl der Tai Pan nach wie vor eine strenge Miene aufgesetzt hatte. Er machte eine abwehrende Handbewegung, dann sprach er weiter: „Wir möchten natürlich auch zum Weihnachtsfest euch allen unsere besten Wünsche aussprechen. Wie es hier im Hause üblich ist, habe ich unter dem Tannenbaum im Wohnzimmer für jeden ein kleines Päckchen hingelegt. Wer zwischendurch Zeit hat, kann es sich einfach holen, ihr kennt das ja nun schon. Wenn Casey nun noch ein paar Worte an euch richten möchte – bitte.“
Sie schaute auf die sieben vor ihr stehenden Personen, dann sagte sie: „Danke, dass Sie mich mit Applaus empfangen haben, obwohl ich eher den Eindruck hatte, dass Sie vor allem wegen des Babys geklatscht haben.“ Alle lachten, das Eis war gebrochen. Sie redete weiter: „Außer Lim-Chu kenne ich keinen von Ihnen, deswegen wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn Sie sich nun einzeln vorstellen würden.“
So traten die Angestellten nach und nach vor, sagten ihren Namen und was ihre Aufgabe war. Casey staunte nicht schlecht. Als alle durch waren, sagte Casey zum Abschluss: „Für mich ist Hongkong, obwohl ich schon einmal für kurze Zeit hier war, absolutes Neuland. Ich bitte Sie also, nachsichtig mit mir zu sein. Den guten Wünschen für das Weihnachtsfest möchte ich mich natürlich anschließen und noch sagen, dass ich mich sehr freue, hier sein zu können. Danke sehr.“