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In Rosies Kopf verschwammen die Bilder einer Katastrophen-Hochzeit. Und das würde sie unweigerlich werden, falls sich Jack und Chris mit ihren Ideen durchsetzen würden. Wie sollte sie das nur Jeremy erklären? Oh, wie beneidete sie jetzt Geraldine! Im Gegensatz zu den verrückten Ideen der beiden Männer, waren Geraldine und Harry noch glimpflich davon gekommen.

Sie schloss die Augen und sah im Geiste die fürchterliche Dekoration vor sich: Rosa Ballonherzen an den Enden der Sitzbänke, versehen mit Schleifen aus rosa Tüll! Eine Girlande aus rosa und weißem Krepp, rosa Herzen und Schleifen um die Kirchentür?
Viele Meter von weißem und rosa Tüll, der sich von der Kanzel ergoss! Doch der Altarschmuck schoss den Vogel ab, im wahrsten Sinne des Wortes: Ein weißer, riesiger Schwan in einem Meer von Tüll, der über den Altar floss. Dazu rosafarbene und weiße Kerzen in Massen, überall in der Kirche verteilt.
Die Lacher würden sie auf jeden Fall auf ihrer Seite haben. Rosie sah bereits jetzt die grinsenden Gesichter der Gäste vor sich.

Jack hatte Rosie regelrecht bekniet! Zuerst hatte er ihr von allem in den höchsten Tönen vorgeschwärmt. Seine Augen hatten gestrahlt, wie die eines Kindes an Weihnachten. Rosies entsetztes Gesicht hatte ihn keinesfalls von seinen Erläuterungen abgehalten. Wahrscheinlich hatte er gedacht, sie sei in ehrfürchtiges Schweigen versunken!

Das dem nicht so war, wurde Jack spätestens dann bewusst, als er mit seinen Schilderungen geendet hatte. Rosie war aus allen Wolken gefallen und hatte sich kaum noch beherrschen können. Jack hatte säuerlich dreingeblickt und die Nase gerümpft, Rosies Schimpftiraden hatte er tapfer über sich ergehen lassen.

Erst als Rosie ihrerseits die Worte ausgegangen waren, hatte er erneut nachgehakt. Doch alles Flehen half nicht. Sie blieb stur und das zu Recht, wie sie fand!
Zuerst hatte sie noch geglaubt, das alles sei ein übler Scherz, doch sie war bald eines Besseren belehrt worden.

Letztendlich hatte sich Rosie auch geweigert, die gemeinsame Feier im Gemeindesaal von Dibley stattfinden zu lassen. Sie wollte auf gar keinen Fall mehr auch nur ein weiteres Wort darüber verlieren. Dies machte sie ganz energisch klar. Jack war ziemlich enttäuscht abgerauscht.

Nun saß sie hier und grübelte. Nicht nur, dass sie an dem Entschluss zu heiraten an sich zweifelte, nein, auch die Durchführung der Zeremonie ging ihr gegen den Strich!

Plötzlich sprang sie auf, schnappte sich Schlüssel und Jacke und verließ die Wohnung. Sie stieg in ihr Auto und machte sich schnurstracks auf den Weg nach Dibley. Sie brauchte einfach Jemanden zum Quatschen, zum Anlehnen, Jemanden zum Ausheulen! Und wer wäre dafür besser geeignet als ihr Verlobter?


Miss Latimer saß an ihrem Schreibtisch und biss auf einem Kugelschreiber herum. Vor ihr lag ein ganzer Stapel Geschäftspapiere. Aus dem Schreiben, das ganz oben drauf lag, sprang ihr ein Name entgegen. Das konnte doch kein Zufall sein. Zweimal derselbe Name und das in kürzester Zeit. Sie nahm den Brief auf und las ihn durch. Na also! Sie hatte es doch geahnt! Diese Miss Kennedy berief sich in ihrer Anfrage auf die guten Erfahrungen, die ihr Bruder mit der Maklerin gemacht hatte! Gute Erfahrungen?

Diese Kennedys gingen ihr allmählich auf die Nerven! Jetzt suchte die Schwester dieses bildschönen Mannes eine größere Wohnung in London. Miss Latimer nahm den Stift aus dem Mund, hieb auf den Knopf der Gegensprechanlage und blaffte ihre Assistentin an: „Kaffee bitte! Und stellen Sie niemanden durch!“

Es musste doch möglich sein, während dieser Transaktion nochmals in Kontakt mit Harry zu treten, oder? Nachdenklich blickte sie aus dem Fenster und sinnierte. Da musste doch noch was drin sein! Dass er jetzt verheiratet war, sollte kein Hindernis sein. Einmal würde er schon schwach werden und dann - walte ihm Gott!


Der Kies unter den Reifen spritze auf, als Rosie schwungvoll in die Einfahrt des Cottages fuhr. „Sleepy“ – das war der richtige Ausdruck für diese Idylle! Hier würde sie endlich Ruhe finden. Jeremy wusste zwar nicht, dass sie kam, doch freuen würde er sich auf alle Fälle!

Offensichtlich war er zuhause, die Haustür stand weit offen. Sie stieg aus dem Wagen und betrat das Haus. Ihr Herzschlag beschleunigte sich bei dem Gedanken, ihn schon bald wieder zu sehen. Sie stand im Flur und rief seinen Namen. Sekunden später stürzte er die Treppe herunter und riss sie in seine Arme.

Schlagartig ging es Rosie besser. Der ganze Ärger und alle Zweifel waren verschwunden. Er hielt sie so fest, dass sie kaum atmen konnte. Doch das war ihr schnuppe, sie genoss es einfach, so gehalten zu werden. Sein heißer Mund fand den ihren und er küsste die leidenschaftlich. Rosie schmolz wie Butter in der Sonne und wieder hatte sie das Gefühl, ihre Beine würden zu Gummi. Sie klammerte sich an ihn, um nicht plötzlich umzukippen.

Er ließ von ihr ab, trat mit dem Fuß die Haustür zu, nahm sie bei der Hand und zog sie die Treppe hinauf. Heute musste er nicht nach dem richtigen Zimmer fragen, denn er kannte es mittlerweile gut. Er drängte sie in den Raum und während dessen zog er ihr den Pulli über den Kopf. Er nahm sie in die Arme, umfasste sie und öffnete den BH. Er berührte ihre zarte Haut und stöhnte auf. Wie sanft sie sich anfühlte. Er spürte das leichte Beben unter seinen Fingern.

Mit Bedacht schob er sie weiter Richtung Bett und als sie mit den Beinen dagegen stieß, warf er das schwarze Kleidungsstück aus Spitze weg und gab ihr einen leichten Schubs. Sie landete sanft auf dem Bett und Jeremy betrachtete sie erregt. Sie lächelte und streckte ihre Arme nach ihm aus. Schnell knöpfte er sein Hemd auf und als ihm dies nicht schnell genug gelang, riss er es sich von seinem Körper. Sie sagte immer noch nichts – nur ihre Hände reckten sich ihm immer noch entgegen. Er legte sich zu ihr.


Mr. Morris wunderte sich nicht über den Wagen in der Auffahrt. Der Herr Vikar hatte wohl Besuch. Auf den Schultern trug er einen massiven, kurzen Balken, den er geschickt am Auto vorbei in Richtung Cottage manövrierte. Vorsichtig stellte er ihn an der Hauswand ab. Die Tür war verschlossen, doch Morris wusste wo der Schlüssel lag. Der Vikar hatte mit ihm vereinbart, den Schlüssel in einem Blumentopf zu deponieren, damit er ungehindert ein- und ausgehen könnte, falls erforderlich.

Er schloss die Tür auf und hievte den Balken durch den Flur bis zu der Stelle, wo der Durchbruch durch die Wand erfolgen sollte. Er ließ ihn langsam von der Schulter ab, als er ein undefinierbares Geräusch hörte. Morris stutzte! Da stöhnte doch jemand? Vorsichtig lugte er um die Ecke und warf einen Blick in die Küche und den Wohnraum. Nichts war zu sehen.

„Das gibt’s doch gar nicht!“ murmelte er und runzelte die Stirn. Wieder ein Stöhnen! Wenn nun etwas passiert war? Vielleicht war der Vikar krank, oder schlimmer noch – vielleicht hatte er einen Unfall gehabt und war verletzt? Dieses Geräusch – das seltsame Stöhnen kam aus dem oberen Stockwerk! Der Mann in den groben Arbeitsklamotten überlegte nicht lange. Mit schweren Schuhen erklomm er die Treppe und oben angelangt spitzte er seine Ohren. Vorsichtig näherte sich einer Tür, aber nein, aus diesem Raum drang kein Laut.

Ein kleiner spitzer Schrei, gefolgt von einem erneuten Stöhnen ließ Morris auf der Stelle verharren. Nun wusste er, welche Tür er öffnen musste. Er wandte sich um, stieß die Tür auf und polterte in das Gästezimmer.

Jeremy hatte irgendwie das Gefühl bersten zu müssen. Ein Lachen stieg in seiner Kehle herauf, doch er unterdrückte es mit aller Gewalt. Er wusste, würde er jetzt lachen, wäre seine schöne Verlobte auf und davon.
Ihr zartes Gesicht war verzerrt vor Wut und Enttäuschung. Dabei hatte sie vor zehn Minuten noch so entspannt und glücklich ausgesehen. Ihr Mund war so verführerisch, er konnte kaum an sich halten. Er wollte ihn mit seinem berühren. Er spürte ihre leidenschaftlichen Küsse noch immer. Ihr Mund hatte seinen ganzen Körper erforscht!

Von ihrer anfänglichen Zurückhaltung und Scheu war nichts mehr zu spüren gewesen. Und nun war dieser Trottel ins Gästezimmer gestört – und aus war der Traum!
Morris machte ein verstörtes, irritiertes Gesicht, grinste kurz und verschwand unter tausend Entschuldigungen aus dem Schlafzimmer, er flüchtete regelrecht.
Sie hatten ihm nun wirklich nicht viel Sehenswertes geboten, doch trotzdem war Rosies Laune auf dem Nullpunkt.
„Ich könnte jetzt echt eine Zigarette gebrauchen!“
Jeremy stützte den Kopf auf seine Hand und sah sie erstaunt an: „Ich wusste gar nicht, dass du rauchst!“
Rosie seufzte: „Tu ich auch nicht. Aber wenn... dann wäre dies der perfekte Zeitpunkt!“ Ihr Blick wanderte über die Decke, so musste sie ihn nicht ansehen.

“Rosie?“ fragte er leise. „Geht es wieder?“ Er hoffte, dass seine Stimme nicht allzu besorgt klang.
„Heute ist nicht mein Tag. Eine Katastrophe jagt die andere! Dabei hatte alles gut angefangen. Ich habe Pläne gemacht, mit Stella gesprochen... wegen des Hochzeitskleides, doch dann...!“
„Stella?“
„Ja, die kenn’ ich ganz gut. Sie ist Designerin und entwirft tolle Klamotten. Ich habe schon einige Aufträge für sie an Land gezogen und dafür hat sie mir hin und wieder einen guten Tipp gegeben! Sie war ganz begeistert über meine Anfrage!“
„Stella wer?“ fragte Jeremy erneut.

„Na, Stella McCartney! Kennst du die nicht?”
Jeremy grinste. Seine zukünftige Frau hatte wohl ebenso gute Verbindungen wie Chris!
„Wie kommt der Kerl eigentlich hier herein? Hat der einen Schlüssel?“ wechselte Rosie das Thema.
Jeremy senkte verlegen die Augen. Zögernd erzählte er über seine Vereinbarung mit dem Handwerker.
„Aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, hier herein zu platzen!“ Rosie klang sauer. „Und dann auch noch bevor ich dir alles erzählen konnte! Du hast mich gar nicht zu Wort kommen lassen. Direkt hier rauf, ab in die Falle... das ist der Hammer, Jeremy!“

Er konnte nicht anders, er musste grinsen. Sie war so süß in ihrem Zorn. Schon zu Beginn ihrer Bekanntschaft war ihm dieses Temperament aufgefallen. Wenn sie auf hundertachtzig war, gefiel sie ihm am besten! Noch nie hatte er eine Frau kennen gelernt, die so aufbrausend war wie sie. Sie hatte einen solchen Schwung, es hatte ihn einfach mitgerissen.

„Okay! Ich merk’s mir, Schatz! Als ich dich dort unten an der Treppe stehen sah, konnte ich einfach nicht anders! Du sahst so verführerisch aus, Kleines! Schau mich an, bitte!“
Sie wandte den Kopf zur Seite und sah ihn an. Kleine Falten hatten sich auf ihrer Stirn gebildet, sie war immer noch sauer.
Jeremy gab natürlich nicht auf: „So! Und nun erzähle mir bitte, was dich bedrückt. Warum bist du hergekommen? Was ist passiert? Raus mit der Sprache und berichte mir auch alles über das Hochzeitskleid von Stella!“





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