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Author's Chapter Notes:

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Wer gibt Harry wieder gut Ratschläge? Rosie!

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Harry schwebte auf Wolken. Egal, was er auch tat, alles ging ihm problemlos von der Hand, er fühlte sich einfach gut. Und Geraldine ging ihm nicht aus dem Kopf. Er musste auch heute wieder nach draußen, wenn er in Bewegung war und diese weiche Luft einatmete, konnte er nachdenken. Und es gab so unglaublich viel zu überlegen, manchmal wunderte er sich, wie schnell das alles gekommen war. Schließlich wohnte er erst seit ein paar Tagen hier.

Es war nicht bei dem Abendessen geblieben. Schon am nächsten Tag hatte er Geraldine zufällig während eines Spaziergangs auf der Straße getroffen. Zwar keine richtige Verabredung, doch eine gute Gelegenheit, um Hand und Hand zu gehen. Sie waren gemeinsam durch das Dorf geschlendert, ohne ein besonderes Ziel und Geraldine hatte ihm von sich und ihrer Zeit in Dibley erzählt. Sie hatte eine ganz eigene Art, ihm das zu schildern und Harry musste oft herzhaft lachen. Doch ihr Humor täuschte nicht darüber hinweg, dass es auch schwere Zeiten für sie gegeben hatte. Ein weiblicher Vikar in einem abgelegenen Dorf hatte für viele Kontroversen gesorgt.

Mittlerweile hatte er selbst fast den ganzen Gemeinderat kennen gelernt, und ihm war klar, dass Geraldine ein ordentliches Durchsetzungsvermögen haben musste, um mit diesen Menschen zurecht zu kommen. Doch scheinbar fühlte sie sich hier wohl. Während dieses gemeinsamen Spazierganges hatte sie aber auch von ihrer Einsamkeit gesprochen. Sie, die so viele Paare in den Stand der Ehe versetzt hatte, war nie selber Braut gewesen.
Er hatte ihre Hand fester umschlossen, wenn es nach ihm ginge, sollte diese einsame Zeit für Geraldine vorbei sein. Diese Worte hatten ihm auf der Zunge gelegen, doch es war zu früh, sie auszusprechen. Er wollte sich, und auch ihr noch Zeit geben. Denn an eines musste er sich auch gewöhnen – Hand in Hand mit der Vikarin zu gehen!

Stattdessen hatte er ihr von Jack erzählt. Einerseits war es wichtig, irgendwelchen Gerüchten vorzugreifen, denn sicher hatte sie von dem denkwürdigen Morgen in Pyjamas und der fremden Frau gehört. Andererseits wollte er ihre Meinung zum Thema „Liebe auf den ersten Blick“ hören. Indem er Jacks Fall schilderte, berichtete er indirekt auch von sich.
Könnte sie sich vorstellen, nach so kurzer Zeit eine feste Bindung einzugehen? Sie ging mit keinem Wort auf die Tatsache ein, dass Jack homosexuell war. Doch ja, sie könne sich gut vorstellen, sich Hals über Kopf zu verlieben. „Ja, wieso auch nicht!“ sie sprach ziemlich energisch. Sie sei sicher, schon nach kürzester Zeit würde sie wissen, wie es um sie stand und ob der Mann zu ihr gehören könnte!

Sie hatte sich zu ihm gewandt und ihn gefragt: „Und wie ist es bei Dir? Ist es Dir auch schon einmal so ergangen!“
„Ja!“ hatte er gesagt, ihre Hand zu seiner Brust gezogen und ihr tief in die glänzenden Augen gesehen. Und bevor er sich’s versah hatte er ihr von Justine und Dorothy erzählt , ohne Scheu, ohne zu zögern.

Und natürlich hatte er sie wieder getroffen. Sie hatte mit Tränen in den Augen in der Tür gestanden, er war nicht sicher, ob er überhaupt bleiben sollte, doch sie hatte ihn schließlich noch hereingebeten. Sie lachte bereits wieder, denn sie hatte ihren Lieblingsfilm Sense & Sensibility gesehen und wie immer, musste sie am Ende weinen. Beide hatten sich dann herzlich über Emma Thompsons unheimliches Geräusch amüsiert, das sie ausstößt als sie erfährt, dass Hugh Grant nicht verheiratet ist und somit noch auf dem Markt ist. In einer unnachahmlichen Art hatte sie diesen Aufschrei imitiert. Harry hatte lauthals gelacht, sie war einfach köstlich!

Doch er hatte noch eine ernste Angelegenheit mit ihr besprechen müssen. Ganz den Buchhalter rauskehrend, in welche Schulden sie sich gestürzt hatte. Sie hatte ihn angesehen und erstaunt gefragt: „Schulden?“
„Schulden! Diesen Besuch heute könnte man durchaus als unsere dritte Verabredung ansehen. Und so schuldest du mir alles in allem ... einen Kuss mit Zunge.

Sie hatte gelacht, doch zuerst hatte sie die Rechnung mit gespieltem Ernst überprüfen wollen, um ihren Rückstand dann aber umgehend auszugleichen. Sein Herz hatte kurz ausgesetzt, um dann umso heftiger weiter zu pochen. Ihre Lippen schmeckten so süß, waren so unvergleichlich weich und warm gewesen! Er war in ein seliges Sehnen abgetaucht, sein ganzer Körper war unter einer seltsamen Spannung erbebt, unerträglich fast ... unerträglich schön.

Sie hatten noch einen wunderschönen Abend miteinander verbracht. Sie hatten auf ihrem Sofa gesessen und miteinander geredet. Er musste seine Gefühle im Zaum halten, er wollte sie nicht damit überfallen. Sein Herz floss über, doch seine Zunge wollte noch nicht alles offen legen. Beim Abschied an der Tür hatte er sie wieder geküsst, hatte sich zu ihr hinunter gebeugt, ihr tief in die Augen gesehen und der Schimmer in ihnen ließen sie wie Sterne erscheinen.

Während des ganzen Spaziergangs hatte er nur die Ereignisse der letzten Tage im Sinn – Geraldine beherrschte sein gesamtes Denken. Fast zuhause angekommen, klingelte sein mobiles Telefon. Er holte es aus seiner Manteltasche und meldete sich.
Es war Rosie! Hatte sie einen siebten Sinn? Sie rief im rechten Augenblick an. Und sie war auf dem Weg nach Dibley, er hätte sie knutschen können. Endlich jemand, mit dem er alles würde bereden können, er konnte es kaum abwarten!

Die Zeit verging wie im Flug. Er hatte noch einiges im Haus erledigen können und schon bald hörte er ein Auto die Auffahrt herauf fahren. Er rannte aus dem Haus, öffnete die Autotür und nahm ihre Tasche entgegen. Sie sah einfach blendend aus, die Strapazen der Reise und den Verhandlungsstress sah man ihr überhaupt nicht an. Sie lachte ihn an und sie umarmten sich fest.

Er legte ihre Reisetasche in den Flur, schloss die Tür und hakte seine Schwester unter. „Auf, zu einem schönen, langen Spaziergang! Du wirst sehen, die Gegend hier bringt das Blut regelrecht in Wallung.“

Der Ort gefiel ihr auf Anhieb, sie strahlte über das ganze Gesicht und gratulierte ihm zu seiner Entscheidung. Natürlich hätte sie gerne zuerst sein Haus inspiziert, doch auch ihr tat die Bewegung gut und während eines Spaziergangs ließ es sich einfach prima quatschen.

Er erzählte ihr von Geraldine, schüttete ihr regelrecht sein Herz aus. Sie hörte aufmerksam zu und schwieg zunächst. Die Neuigkeiten sprudelten förmlich aus ihm heraus und er war gespannt, was sie wohl sagen würde.

„Du sagst ja gar nichts!“ sagte er ungeduldig. Sie lächelte ihn an, nahm seine Hand in ihre und drückte sie fest.
„Mein Lieber, ich bin sprachlos. Kaum lässt man dich mal allein auf dem Land, schon hast du eine Affäre!“
„Von einer Affäre sind wir weit entfernt!“
„Wieso? Du bist mit ihr ausgegangen, hast mit ihr gegessen, hast sie mit Tränen in der Augen gesehen, hast sie geküsst ... das nenn’ ich eine ausgewachsene Affäre, da kannst du sagen, was du willst!“
„Ich bin mir nicht so sicher, weißt du. Meinst du nicht, das geht alles ein bisschen schnell?“
„Schatz, wie alt bist du? Du bist doch kein Teenager mehr und sie offensichtlich auch nicht. Was gibt’s denn da zu übereilen, auf was wollt ihr den warten?“ Sie drehte sich plötzlich um.
„Was ist?“ fragte er.
„Nichts, ich dachte nur, ich hätte jemanden gesehen.“
„Also, wo waren wir? Teenager, genau. Befrag mal dein Herz, zur Abwechslung könntest du mal da drauf hören und nicht immer alles ausrechnen, vorausplanen und abwägen! Magst du sie, hast du sie lieb, oder ist es gar schon mehr?“

Er schwieg einen Moment. Was für eine Frage – er musste nicht lange überlegen, er hatte sich Hals über Kopf in diese Frau verliebt, und er wollte mit ihr zusammen sein. Er wollte sie nicht mehr hergeben.
„Ich liebe sie!“ sagte er ruhig und bestimmt.
„Das habe ich mir gedacht. Wenn’s dich erwischt, dann richtig. So und nicht anders kenne ich dich. Und was machst du jetzt?“

Er sah sie erstaunt an: „Ich dachte, du könntest mir einen Tipp geben. Ich brauche deinen Rat unbedingt. Deshalb bin ich ja auch so froh, dass du heute hier aufgetaucht bist. Quasi aus dem Nichts!“
„Das würde dir so passen. Sei versichert, hier hilft dir keiner raus, da musst dich schon selber anstrengen, mein Lieber. Niemand kann dir diese Aufgabe abnehmen. Aber du wirst sehen, hast du erst mal einen Anfang genommen, läuft es wie von selbst. Und hast du nicht gesagt, diese Zuneigung, was auch immer sie letztendlich ist, wäre nicht einseitig?“

„Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass sie etwas für mich empfindet. Keine Ahnung wie ernst das für sie ist, aber ich müsste schon ein Ignorant sein, um mich in dieser Hinsicht zu irren. Klare Anzeichen von Zuneigung!“
„Na also, worauf wartest du? Geht es dir zu schnell, oder weißt du nicht wie du’s anfangen sollst? Du bist doch nicht auf den Mund gefallen, fass’ dir ein Herz und lege es ihr vor die Füße!“ Sie lachte.

Sie stellte sich das so einfach vor, doch er hatte seine Zweifel, dass Geraldine ausgerechnet auf ihn gewartet hatte. Was könnte er ihr sagen, sollte er ihr tatsächlich nach so kurzer Zeit die Ehe vorschlagen, wahrscheinlich würde sie sich totlachen und ihm an den Kopf greifen. Das würde er sogar nachvollziehen können. Er glaubte es ja selbst kaum. Wie sollte er es dann ihr klarmachen??
Sie liefen über eine Weide und stiegen über ein Gatter um wieder zu einem Feldweg zu kommen.

Plötzlich fiel ihm Jack ein und er sagte zu Rosie „Hör mal, Hühnchen, Du wirst es nicht glauben, aber Jack...!“
„Jack ist in dich verliebt, das weiß ich schon lange!“
„Mensch Rosie, da hättest du ja auch schon mal früher den Mund aufmachen können! Warum hast du nie etwas gesagt?“
„Was hätte es genutzt, du stehst nicht auf ihn, das war klar! Hätte ich ihn dir schmackhaft machen sollen, oder was?“

Geschickt wichen die Beiden einer großen Pfütze aus, die sich mitten auf dem Weg breit gemacht hatte. Harry nahm Rosie wieder an die Hand und stutzte. Hatte er in seinem Augenwinkel nicht etwas gesehen? Er drehte sich um und blickte zurück auf den Feldweg, doch es war nichts zu sehen. Eigenartig, – er hätte schwören könne, dass sich in der Pfütze etwas bewegt hatte. Quatsch Harry, jetzt siehst du schon Gespenster!
Er antworte auf Rosies Frage: „Nein, natürlich, du hast Recht. Aber, das war es nicht, was ich dir sagen wollte. Er hat jemand auf einer Party kennen gelernt!“
„Doch hoffentlich nicht so einen Deppen, er hat irgendwie einen Hang zu Deppen, der gute Jack!“
„Lass ihn das ja nicht hören. Nein, er war ganz aus dem Häuschen. Er lernte ihn auf Max’ Party kennen. Er heißt Christopher und er hat total von ihm geschwärmt!“
„Hey, Jungs, was geht denn hier ab? Man dreht sich einmal im Kreis und ehe man es sich versieht, sind alle verliebt! Unglaublich, vielleicht sollte ich auch hier bleiben und lerne jemanden ganz Interessantes kennen!“ Sie lachte laut.

Warum nur musste Harry plötzlich an Owen Newitt denken. Meine Güte, wahrhaft ein Albtraum!






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