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Author's Chapter Notes:

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Jack und die Hosenträger, eine kalte Dusche gefolgt von einer Standpauke

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Langsam begann er zu frieren, doch noch immer zögerte er, sie herein zu bitten. Er bekam eine Gänsehaut und rieb sich die Oberarme um sich aufzuwärmen, er würde doch glatt noch einen Knacks hier bekommen!

„Harry, wollen Sie mich hier vor der Tür versauern lassen? Kann ich nicht reinkommen? Sie frieren doch, Sie Armer! Sie müssen sich etwas ... äh ... anziehen!“ Miss Latimer lächelte verführerisch und kam einen Schritt näher zur Haustür. Plötzlich machte sie einen Satz seitwärts – sie wurde regelrecht weggestoßen von einem Neuankömmling. Gibt das jetzt eine Versammlung hier, wer kommt denn noch alles? Harry trat fröstelnd von einem nackten Fuß auf den anderen und sah in ein langgezogenes, neugieriges Gesicht mit einem leicht struppigen Bart. Das Gesicht blickte um die Ecke der Eingangstür und der dazugehörige Körper, in einen einteiligen Arbeitsanzug gekleidet und mit schweren Stiefeln an den Füßen, drängte Miss Latimer nun in Gänze zur Seite.

„Guten Morgen! Sie sind also der neue Besitzer von Sleepy Cottage! Da schau mal einer an. Mr. Kennedy, wenn ich mich nicht irre? Schön Sie kennen zu lernen! Ich muss sagen, ich bin einigermaßen erstaunt, Sie hier so stehen zu sehen! Sie sollten sich ... he, was soll das?“
„Das sollte ich wohl besser Sie fragen, wie können Sie es wagen, mich so zur Seite zu stoßen?“ Oh je, Miss Latimer wurde rabiat. Sie schaute Harry mit großen Augen an und wunderte sich wohl, warum sie nicht hereingebeten wurde.
Harry stemmte seine Hände in die Seite und sah von der Maklerin zu dem fremden Besucher.
„Kann mir mal irgend jemand sagen, was das werden soll? Guten Morgen“, richtete Harry den Gruß an den unbekannten Mann. „Stimmt, mein Name ist Kennedy, mit wem habe ich das Vergnügen?“
„Newitt, Owen Newitt ist mein Name. Wollte mich nur kurz vorstellen und Sie in unserer Gemeinde begrüßen, als neuer Einwohner dieses wunderschönen Dörfchens. Ich konnte ja nicht wissen .... äh ...!“
„Mr. Newitt, die Freude ist ganz auf meiner Seite. Sie können sicher verstehen, dass ich Sie nicht hereinbitten kann“!
„Hä? Ach ja, klar .... hä hä hä ... verstehe vollkommen! Hier gibt es wirklich nette ... äh ... Schafe!“ Er setzte ein zweideutiges Lächeln auf und befeuchtete seine Lippen mit der Zunge.

Zu Miss Latimer sagte Harry nur scharf: „Miss Latimer, bitte!” und wies mit seinem Daumen über seine Schulter.
„Na, dann will ich mal wieder,“ gab Newitt von sich. Doch dann starrten er und Miss Latimer wie vom Donner gerührt an Harry vorbei in den Flur. Jack war sicher wach geworden. Harry blickt sich um – und da stand er! Er zauselte mit seinen Fingern durch die strubbeligen Haare, gähnte und kniff verschlafen die Augen zusammen. Ansonsten sah er aus wie Harry: Barfuss, Pyjamahose, nackter Oberkörper und ... die verflixten Hosenträger!

Jack wurde sich der kuriosen Situation bewusst und setzte das gemeinste, breiteste Grinsten auf, das Harry je an ihm gesehen hatte.
Harry drehte leise aufstöhnend den Kopf wieder zur Haustür, legte ihn zur Seite, ging einen Schritt vor, griff Annabelles Arm und zog sie in den Flur. Er hob die Hand und grüßte den verblüfften Newitt, bevor er ihm die Tür vor der Nase zuschlug.
Na toll, klasse Einstand! Höchstwahrscheinlich gehörte dieser Kauz auch zum hiesigen Gemeinderat und die ganze unerfreuliche Geschichte ging ruckzuck im ganzen Dorf rum wie ein Lauffeuer. In diesem Dorf würde er vermutlich kein Bein mehr auf den Boden kriegen!

Jack würde büßen müssen! Harry blieb einen Moment vor der geschlossenen Haustür stehen, legte sein Hand auf die Augen und atmete mehrmals tief durch. Er fror erbärmlich und hinter ihm hörte er Jack leise kichern.
Miss Latimer war so gefasst, wie man in dieser Situation denn sein konnte. Sie zischte Jack an: „Du hast mir doch gesagt, da sei nichts zwischen dir und Harry!“
Harry traute seinen Ohren kaum, wann waren die Beiden zum Du übergegangen? Jack murmelte etwas und Harry blaffte ihn an: „Du hältst jetzt die Klappe, verschwinde nach oben und zieh dir was an und danach machst du Frühstück!“
„Dein Wunsch sei mir Befehl, Master!“ flachste er und wandte sich zackig der Treppe zu.
„Miss Latimer, Annabelle!“ Unter diesem Umständen schien ihm die Anrede mit dem Vornamen passend.
„Bitte setzen sich einen Moment, räumen Sie irgend etwas weg und setzen Sie sich um Himmels willen. Ich ziehe mir kurz was über und bin gleich zurück.“
„Also, mich stört das nicht! Ich mag Pyjamahosen, Harry,“ schnurrte sie.
Harry stockte, blickte sie kurz an, drehte sich um und lief die Treppe hinauf. Bei jedem Schritt dröhnte sein Kopf, er brauchte dringend Ruhe, Wasser, einen Kaffee und .... Jack!!

Im Bad rauschte bereits die Dusche, Harry störte das nicht. Er platzte in den warmen, feuchten Raum und riss den Duschvorhang zur Seite. Jack schrie erschrocken auf und drehte sich schnell zur Wand. Das Wasser rann weiter über seinen Rücken und ... seine Beine.
„Was ist???“ fragte er gereizt.
„Du musst dich jetzt nicht verschämt umdrehen, du Spinner! Ich will nur zwei Dinge wissen: Wie kommt Annabelle hierher und .... was machst du in Pyjamahosen und Hosenträgern am frühen Morgen an meiner Haustür, Jack?“
Der prustete in seiner Ecke los und sprach gegen die Wand und gegen das Geräusch des rauschenden Wassers. „Du hattest ja auch nix an!“
“Ich hatte wenigstens keine Hosenträger an! Was für einen Eindruck hat das wohl gemacht, hä? Und Annabelle? Was hat die hier verloren? Kannst du mir das sagen?“
„Ich hab’ nichts zu ihr gesagt, echt! Ich habe wirklich nichts gesagt, Harry. Du hast doch gehört, dass ich ihr davon abgeraten habe, hierher zu kommen! Ich konnte nicht wissen, dass sie tatsächlich hier anrückt!“

„Du lügst doch wie gedruckt! Ich war noch mal unten beim LKW, da hast du immer noch mit ihr gequatscht, ihr habt doch was ausgeheckt? Jetzt, mach’ dass du fertig wirst, sonst kneif’ ich dir zur Abwechslung mal in den Hintern, aber in den nackten, klar! Und wir sprechen uns noch!“
„Wenn du da noch lange rumstehst, werde ich nie fertig, verschwinde endlich! Oder ich komme eventuell auf noch ganz andere Ideen – genau, das ist es! Du duscht jetzt mit mir hier, du musst doch sowieso...“

Harry zog den Duschvorhang in einer raschen Geste wieder zu, drehte sich um und hielt kurz inne. Na klar, die Schnur! Wie in so vielen englischen Häusern, besonders in denen älteren Jahrgangs, gab es im Bad die Schnur mit dem Schutzschalter an der Decke. Er konnte nicht widerstehen, zog an der Schnur und – klack – war nicht nur das Licht aus, nein auch der Durchlauferhitzer schaltete ab, das Wasser wurde kalt und .... Jack unter der Dusche schrie auf.
„Harry, du mieser .... na warte, wenn ich dich erwische ! Zieh sofort an dem blöden Mistding ...“ Jacks Stimme verhallte hinter der geschlossenen Badezimmertür.
Harry lehnte sich einen Moment mit dem Rücken an die Tür und lachte laut auf, die Situation war dermaßen grotesk! Du meine Güte, was für ein glorreicher erster Tag in Dibley!





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