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Author's Chapter Notes:

 

Ach ja... es kommt, wie's kommen muss.

Links und Bild im Forum, wie immer.










 

Nachdem sie sich beide wieder eingekriegt und durchgeschnauft hatten, hob er ohne Vorwarnung völlig unvermittelt seine Stimme:

“When I view my Country o'er:
Of goodly things the plenteous store:
The Sea and Fish that swim therein
And underground the Copper and Tin:
Let all the World say what it can
Still I hold by the Cornishman,
And that one most especially
That first found out the Cornish Pasty.”

Sybil starrte ihn mit großen Augen an: „Wow, das war aber schön. Du hast eine irre Stimme, insbesondere wenn du rezitierst.“

„Danke. Es ist die ‚Merry Ballad of the Cornish Pasty‘, verfasst von Robert  Morton Nance im Jahr 1898.“

„Na, dann machen wir uns doch mal dran, diese Dinger herzustellen, würde ich sagen.“

Während sie beim Kochen gesprächiger wurde und aufgeräumt von ihrer Kindheit auf der kleinen, kaum sechshundert Einwohner zählenden Kanalinsel berichtete, wurde er immer stiller und in sich gekehrter. Er hörte ihr gern zu, keine Frage, er fand auch interessant, was sie zu erzählen hatte, doch konnte er es ihr nicht gleichtun, und das tat ihm leid.

Nur gelegentlich warf er ein, dass sein Vater schottische Wurzeln hatte und bei einem Öl-Multi gearbeitet hatte oder seine Neigung zur Schauspielerei aus der Familie seiner Mutter stammen musste; und dies tat er auch nur, um nicht völlig wie ein unkommunikativer Idiot auf Sybil zu wirken.

Mit dem Geschick eines geübten Kochs hatte er blitzschnell Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten und Steckrüben zu kleinen Würfeln geschnitten, um diese dann unters Hack zu mischen. Nachdem er mit einem Topfdeckel von neun Inches Durchmesser drei Kreise in den Teig gedrückt und diese entsprechend ausgeschnitten hatte, verteilte er die Hack-Gemüse-Mischung, die mit Salz, Pfeffer, einer Prise Zucker und einem Hauch von Kreuzkümmel gewürzt war, darauf und klappte den Teig zu. Die Ränder dieser nunmehr halbkreisförmigen Teile versäuberte er mit einem gezackten Teigrädchen und stach mit einem hölzernen Shish-Kebap Spieß ein paar Luftlöcher in den Teig. Die Pasteten wurden nun noch mit gequirltem Eigelb bepinselt und kamen sogleich in den Ofen.

Als die Pasteten in der Röhre waren, musste Sybil aufs Klo. Auf ihren Weg dorthin kam sie an Davids iPhone vorbei, das auf einem Abstelltisch unweit des Eingangs lag. Sie nahm es auf und wollte es aktivieren, doch es hatte eine Aktivierung per Bildschirmcode und den kannte Sybil natürlich nicht. Enttäuscht legte sie das tolle Gerät wieder weg und strebte der Klotür zur.

„Möchtest du nicht vielleicht deine Eltern anrufen? Vielleicht machen die sich wegen des Sturms Sorgen, rufen auf deinem Handy an und erreichen dich nicht.“ David schlug ihr dies vor, nachdem Sybil in die Küche zurückgekehrt war.

Sie zögerte. Hatte er bemerkt, dass sie heimlich an seinem Handy rumgefummelt hatte? Unwahrscheinlich; es sprach also wirklich die reine Sorge aus ihm.

„Wenn ich darf“, antwortete sie bescheiden.

„Natürlich. Ich hole dir mein Handy.“

 

Er hielt ihr das Gerät aktiviert hin und lächelte sie an. Um seine guten Absichten zu bekräftigen, gab er ihr einen schnellen, aber sehr liebevollen Kuss.

Dann kümmerte er sich weiter ums Essen und überließ sie ganz ihrem Gespräch.

 

„Papa? Ja, Sybil. Ecoute, ich hatte gestern Abend ein Problem mit dem Auto im Sturm hier in Wales. Aber alles ist gut, also, mir geht es  gut. Das Auto liegt leider unter einem Baum begraben. Nein, ich bin nicht bei Bernard. Ich… ich kann das alles gerade schlecht erklären, wirklich. Ich habe mich von Bernard getrennt, ja… dumm gelaufen, ich weiß. Ich wollte nur, dass ihr wisst, dass es mir gut geht und ihr nicht dauernd auf meinem Handy anruft, das ich in der Aufregung bei Bernard habe liegenlassen. Ich bin nun bei… bei… einem guten Freund, der mir in der Nacht aus der Not geholfen hat. Er hat ein ganz reizendes Ferienhaus hier und wir werden dort das ganze Wochenende über bleiben. Sein Name? Ähm, David Masters. Nein, ich kenne ihn noch nicht sehr lange, aber das lass alles bitte meine Sorge sein. Ich weiß deine Besorgnis zu schätzen, natürlich. Grüß bitte Maman von mir, ja? Ich melde mich.“

 

Sie hielt David das Telefon hin und fragte: „Ist ja wieder aufgeladen. Ich könnte nun nachsehen, wie der Schauspieler aus ‚Little Dorrit‘ hieß, von dem meine Mutter nur in den höchsten Tönen gesprochen hat. Du kennst den bestimmt.“

„Bestimmt, ja. Lass nur, das Essen ist fertig.“

Er nahm sein iPhone mit einer raschen Geste an sich und steckte es in seine Hosentasche.

Sybil zuckte etwas hilflos mit den Schultern: „Na bitte, wenn du keinen Bock drauf hast. Essen wir halt.“

 

Doch noch bevor er die fertigen Pasteten aufschneiden und servieren konnte, summte es in seiner Hosentasche.

Leicht ungehalten zog er das Handy hervor und nahm das Gespräch an: „Hallo?“

„Mr. Masters?“
„Ähm… ja…“

„Hier spricht Jean de Carteret, der Vater von Sybil. Sie ist doch bei Ihnen, da bin ich schon richtig, oder?“

„Ja, sind Sie. Warten Sie, ich gebe das Telefon weiter.“

Seine zuvor leicht angespannten Gesichtszüge wichen einem weicheren Ausdruck und er schenkte Sybil zusätzlich einen liebenden Blick aus seinen wässrig-blauen Augen.

„Papa? Was ist denn noch? Ah, Maman wollte mich sprechen, ja gut, gib ihr das Telefon.“

Davids Blick wurde von einer Sekunde auf die andere hart und stechend. Oh, das konnte unter Umständen kritisch werden!

„Maman! Mir geht es super. Alles bestens, mach‘ dir keine Sorgen. Ich werde vorzüglich bekocht und rundum verwöhnt. David ist ein exzellenter Koch und er hat wohlweislich Vorräte en Masse gehortet. Also dann, tschüss, Maman!“

David wollte gerade die angehaltene Luft erleichtert ausstoßen, als Sybil spontan hinzufügte: „Sag mal, der Typ, den du in ‚Little Dorrit‘ so toll fandest, wie heißt der nochmal? Was? Arthur Clennam? Echt? Ja, natürlich meine ich den Namen des Schauspielers, ach Mum! Matthew Macfadyen? Ich kenne mich damit ja gar nicht aus, danke für die Auskunft. Bye-bye.“

 

David war die Gabel klirrend aus der Hand gefallen und er bückte sich rasch nach dem Besteck.

Knallrot im Gesicht kam er wieder hoch und sah sich einer lächelnden Sybil gegenüber: „Hast du gehört wie der Knabe heißt? Kennst du ihn?“

Er wollte den Kopf heftig schütteln, aber das wäre Blödsinn gewesen, also nickte er kurz und tat das Ganze als nebensächlich ab: „Ja, recht bekannt, denke ich.“

Er schwitzte, weil Sybil weiterhin das aktivierte Handy in ihren Händen hielt. Deswegen streckte er die Hand aus, um es zurückzuverlangen, doch sie blieb in der Spur: „Sekunde noch, ich google den mal fix.“

Nein! Mehr konnte David nicht denken und genau dieser Aufschrei lag ihm auf den Lippen, aber kein Ton entwand sich seiner Kehle.

Er hörte sich selbst lediglich blechern sagen: „Nicht nötig. Oder… vielleicht doch… das erspart mir einiges an Erläuterung.“






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