- Schriftgröße +



 

Ich liebe es, zu lachen. Mit den entsprechenden Leuten ist das gar kein Problem. Unter Kollegen wird z.B. oft und viel gelacht. Zum Glück. Das erleichtert vieles, es herrscht sofort eine angenehme Atmosphäre und man geht alles lockerer an. In der Familie achte ich auch ein wenig darauf, selbst wenn die Dinge nicht immer zum Lachen sind.

Es ist nicht täglich der Fall, dass ich auf Fans vor dem Theater treffe. An manchen Tagen ist zwar sehr viel Betrieb auf der Straße, aber niemand nimmt Notiz von mir. Was ich natürlich sehr entspannend finde.
Manchmal wirft man mir auch nur fragende Blicke zu, an der Supermarktkasse oder im Zugabteil, die mich genau spüren lassen, dass mein Gegenüber denkt „Ist er es nun oder ist er es nicht?“. Das ist ziemlich witzig, weil ich mich dann selbst dabei ertappe, auf eine Reaktion von der Person zu warten. Meist geschieht daraufhin aber rein gar nichts. Umso besser. Trotzdem interessant zu beobachten.

An anderen Tagen wiederum ist die reine Hölle los. Es scheint, dass die meist in Grüppchen auftauchen. Sie sprechen sich halt ab, weil es gemeinsam sicher auch mehr Spaß macht - mit dem Theaterbesuch. Verstehe ich.
Was ich absolut nicht erwartet hatte, waren so viele Leute aus fremden Ländern. Also ich meine, die sich tatsächlich extra wegen des Stückes in ein Flugzeug setzen und herkommen. Das ist wirklich unglaublich. *heftig die Stirn reibt*

Als ich es zum ersten Mal hörte, dachte ich echt, ich hätte mich verhört! Ein paar Damen aus Italien. Ich meine – Italien! Das ist doch schon Wahnsinn, allein die Reise. Gut, wenn man es gleichzeitig mit einem Urlaub oder so kombiniert….
Das macht mich dann schon ein klein wenig verlegen. Die Leute geben schon gut Geld für die Theaterkarten aus, und alles, was sonst noch um den Besuch eines Bühnenstücks herum notwendig ist. Aber wenn ich dann gesagt bekomme, dass man extra einen Flieger aus Rom bestiegen hat, um mich in Persona zu sehen – da bekomme ich fast Schuldgefühle, echt!

Deutschland. So unglaublich viele Damen aus Deutschland! Ich bin echt geplättet. Und alle sprechen Englisch, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt! Ich habe extreme Mühe, mehr als zwei Worte Deutsch herauszuwürgen, ich denke, mehr als „Auf Wiedersehen“ und „Dankeschon“ ist einfach nicht drin bei mir. Hatte ich nicht irgendwann mal einen deutschen Satz zu sprechen? Wo war das noch gleich? Fällt mir nicht mehr ein. Aber ich habe mir bald die Zunge verknotet damals, daran erinnere ich mich noch. *Augen roll*

Aber die Gruppen treten auch total gemischt auf, ich glaube, das ist der Effekt, den die Internetforen mit sich bringen. Da verabreden sie sich irgendwie und plötzlich bist du umringt von Britinnen, US-Amerikanerinnen, Deutschen und sonstigen Ausländerinnen. Man hat mir doch in der Tat klar gemacht, dass auch aus den USA Fans extra (!!!) angereist sind! Ich brauche dann eigentlich ein Mauseloch, in das ich mich verkriechen kann.

Geschenke bringen die auch mit. Und so tolle Sachen, die mich nahezu umhauen! Zum Beispiel Zeichnungen, wunderbare Kunstwerke, die mich in meinen Rollen zeigen. Ich habe so etwas Wundervolles noch nie zuvor gesehen!
Das übliche natürlich auch, wie Konfekt oder Pralinen.
Briefe kommen derzeit auch fast nur noch direkt ans Theater. Mein Agent ist momentan wohl arbeitslos! *lach*

Blumen bekomme ich nicht so oft. Aber kürzlich hatte ich einen wunderschönen Strauß. Wieder eine Gemeinschaftsproduktion von Britinnen und Deutschen. Auf was für Ideen die kommen!
Manchmal habe ich gar keine Chance, mich für all die Aufmerksamkeiten und Präsente zu bedanken. Wenn ein Briefchen oder ein Kärtchen dran hängt, besteht wenigstens später noch die Chance, dass ich mal eine kleine Dankesnotiz verfassen werde. Sollte ich jemals die Zeit dafür finden. Nicht ganz einfach, ich gebe es zu.

Wenn ich überlege, mit wie viel Sorgfalt und Bedacht man diese Geschenke wahrscheinlich ausgewählt hat, verursacht das in mir ein ordentliches schlechtes Gewissen. Ich werde niemals in der Lage sein, das wieder gut zu machen. Das schmerzt mich ein wenig, ganz ehrlich.

Es gibt Damen, die das Stück bereits an die zehn Mal gesehen haben. Des Stückes wegen? Ich rede es mir zumindest ein. Diesen Fleiß kann ich nicht anders, als mit einem offenen Lächeln und der Bereitwilligkeit zu etlichen Fotos mit entsprechender Lady zu honorieren.

Ich bin gefragt worden, von einer überraschend großen Gruppe Fans, alle Mitglieder eines Fanboards offensichtlich, ob mich das erschreckt, wenn derartige Massen an der Stage Door auftauchen.
Hätte ich ja sagen sollen? Nein, das wäre auch nicht ganz der Wahrheit entsprechend. Vor drei, vier Jahren hätte mich das noch erschreckt, ganz sicher. Mittlerweile bin ich zwar überrascht über die Sogwirkung, die ich anscheinend ausübe, gehe damit aber souveräner und abgeklärter um. Also gebe ich ihnen zur Antwort, dass ich es sehr schmeichelhaft finde, von ihnen „belagert“ zu werden. Und das stimmt sogar. *treuherziger Augenaufschlag*

Einige von ihnen trauen sich sogar mehr, als nur stumm die Kinnlade herunter zu klappen und kommen in eine Art Dialog mit mir. Das gefällt mir ziemlich gut. Ich würde mich liebend gerne noch intensiver unterhalten, hätte ich nur die Zeit dafür.

Mit einigen hatte ich kurz Gelegenheit über die Fanseiten zu sprechen, die sie im Internet betreuen. Ich kann mir vorstellen, dass das ein recht aufwändiger Job ist. Und das alles nebenher, neben dem regulären Beruf, das nötigt mir einigen Respekt ab.

Bei diesen Begegnungen zwischen Tür und Angel herrscht immer ein bisschen Zeitknappheit. Aber ab und zu fällt mal eine kurze Bemerkung, die mich doch auch schmunzeln lässt. Das alles kann man einfach nicht als Belästigung empfinden, weil es in der wenigen Zeit, die zur Verfügung steht, zwar hoch her geht, aber niemand aus dem Rahmen fällt. Alle sind wahnsinnig nett und bescheiden. Ich habe es zum Glück nie erlebt, dass jemand ausfällig geworden ist.

Überhaupt, was würde für meine Begriffe unter „ausfällig“ zu verstehen sein? Ich denke in erster Linie, wenn man mich und/oder meine Familie verbal angreifen, also grob beleidigen würde. Oder man mich natürlich körperlich attackiert in der Absicht, mich zu verletzen. Beispielsweise mit einem Messer. Oder ähnlichem. Was dann schon nicht mehr ausfällig, sondern kriminell wäre. *Panik*

Zum Glück habe ich noch nie Personenschutz gebraucht und hoffe, das auch nie in Anspruch nehmen zu müssen. So wie es jetzt ist, lebt es sich nämlich fantastisch. Jeder respektiert die Grenzen, die nicht überschritten werden sollten. Ist doch klasse! Was muss ich da einen blöden Gorilla um mich herum scharwenzeln haben? Das ist so ziemlich das Letzte, was ich mir wünsche.

Von den unglaublich vielen Gesichtern, die man im Laufe der Wochen zu sehen bekommt, prägt man sich eigentlich kein einziges richtig ein. Das ginge gar nicht. Nur meine Dauerbesucherin, nun ja, die kenne ich mittlerweile eben. Aber all die anderen – völlig unmöglich.

Obwohl – mit ganz wenigen assoziiere ich weitere Begebenheiten. Die Dame, die diese außergewöhnlich schönen Zeichnungen gemacht hat, beispielsweise. Ich glaube, ihr Gesicht könnte ich zuordnen. Und die Damen, die die Webseiten unter Kontrolle haben natürlich. Eine davon aus USA.

Ein weiteres Gesicht sehe ich wahnsinnig oft im Theater, meine mich aber zu erinnern, dass sie zwar in der Nähe von anderen Fans gestanden haben muss, sich aber nie selbst um ein Autogramm bemüht hat. Es sind die ungewöhnlichen Dinge die auffallen, so ist es nun mal.

Und diese kleine Dame mit den unglaublich flammend roten Haaren aus Deutschland. Von der ich hinterher, nach unserer Begegnung, erst erfahren habe, dass sie eine Kollegin von mir ist. Meine Güte, wenn ich das an diesem Tag gewusst hätte, wäre das Aufeinandertreffen sicher auch anders abgelaufen. Aber sie hat sich ganz bescheiden mitten unter die anderen gestellt und war – außer durch ihre Haarpracht – zunächst unauffällig.

Bis sie schließlich den Mund aufgemacht hat! Das war eine der Wenigen, die mich dazu gebracht haben, laut und herzlich zu lachen. Meine Güte! Dass Deutsche so komisch und humorvoll sein können… wieder ein Klischee in die Tonne getreten, juhu! Just an dem Abend war ich extrem im Zeitdruck, ein Jammer! *Augen roll*

Da fällt mir ein, dass sie diejenige gewesen ist, die mir ein Fotoalbum aus Deutschland mitgebracht hat. Auch ein Geschenk, dessen Wert ich kaum werde vergelten können.
Auf so kreative Ideen zu kommen, ist allein schon eine Lobeshymne wert.
Oh, die Blumen! Mist! Ich sollte die Karte dazu rauskramen… aber wenn ich mich mein geplagtes Hirn nicht täuscht, war besagte Rothaarige auch an dem üppigen Blumenstrauß beteiligt.

Wie überhaupt – und nun, wo ich darüber nachdenke, bemerke ich es erst – die letzten drei Samstage jedes Mal etwas von dieser rothaarigen Deutschen unter den Geschenken war. Was soll mir das sagen? Dass ich mich besser darauf einstelle, auch die kommenden Samstage an sie erinnert zu werden? Kann gut möglich sein.
Ich habe inzwischen gelernt, dass Fans fast alles zuzutrauen ist. Also – das meine ich jetzt im positiven Sinn!

Hatte ich zu Anfang gesagt, dass ich mich mittlerweile problemlos mit Fans ablichten lasse, da ich diese Fotos von meinem depperten Gesicht dann sowieso nicht zu sehen bekomme? Ganz dumm gelaufen, mein Lieber, ganz dumm! Durch den Rücken in die Brust geschossen!

Der Bilderrahmen, den sie (also, ich bin derzeit noch immer bei dieser Deutschen, fragt mich bitte nicht warum!) für das Bild von mir ausgewählt hat, erinnert mich kolossal an ihre Haarfarbe. Jedes Mal wenn ich einen Blick darauf werfe, sehe ich diese feuerrote Mähne vor mir. Hat sie geschickt gemacht, muss ich ihr echt ein Kompliment machen. Äußerst raffiniert!
Das Bild selbst ist selbstverständlich nicht erwähnenswert, obwohl mich anscheinend wer genau in dem Moment getroffen hat, wo ich so frei heraus laut gelacht habe.

Herrgott! Ich drehe den Bilderrahmen nun besser nach unten auf die Bildfläche! Hat den Vorteil, dass ich zwei Fliegen mit einer Klappe schlage: Erstens muss ich somit nicht in mein vor lauter Lachen komisch verzerrtes Gesicht sehen und zweitens bekomme ich dann vielleicht endlich die Vision von prachtvollen Haaren, die einer Flamme gleichen, vorne fast weiß und hinten rubinrot, aus dem Kopf!
Sehr einprägsam, diese Farbkombination! *leicht verwirrt ist*

Eine Kollegin, wer hätte es gedacht. Fast ärgert es mich nun, dass alles so zwischen Tür und Angel verlaufen ist. Sie hätte mir gewiss fachlich fundiertes Feedback über das Stück geben können. Alle anderen um einen herum reden immer die gleichen Brocken „Es war toll“, „Du warst echt super“ „Ich habe zu Anfang ja soooo gelacht“, aber sie – sie hat nicht ein Wort in diese Richtung verloren. Ganz merkwürdig.

Stattdessen kam etwas total Anderes, Unverhofftes. Und das war es, denke ich auch, was mich so laut hat lachen lassen.

Also, ich habe meine Meinung über viele Dinge in den letzten Jahren revidieren müssen. Nach etwas mehr als der halben Spielzeit des Stückes bin ich nun soweit, meine eigene Aussage komplett zurück zu nehmen und das Gegenteil zu behaupten: „Women don’t chase after me!“. Falsch, mein Lieber, völlig falsch! Es muss heißen: „Women definitely chase after me!“

Aber – es macht ebenso definitiv auch Spaß! *laut lach*
 




Ende
doris anglophil ist Autor von 80 anderen Geschichten.



Bitte gib den unten angezeigten Sicherheitscode ein: