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Auch wenn er sich nicht sicher sein konnte, dass sie tatsächlich schon wieder eingeschlafen war, machte er sich mit Hilfe seines Messers daran, das Türschloss zu öffnen. Dies erwies sich aufgrund der Dunkelheit als schwieriges Unterfangen, außerdem bestand auch noch die Gefahr, dass er im Innern der Hütte gehört werden könnte und dies wollte er doch unbedingt vermeiden, sonst hätte er nicht so lange in der Finsternis und Kälte ausharren müssen. Endlich hatte er es geschafft und als er nun gegen die Tür drückte, schwang diese nach innen auf. Fast wäre ihm der Türknauf aus der Hand geglitten und sein Bemühen leise zu sein, wäre umsonst gewesen. Jedoch hätte das laute Knarren der Tür, das diese von sich gab, als er jetzt eintrat, fast wieder alles zunichte gemacht.

Nachdem er die Tür so leise wie möglich wieder zugemacht hatte, trat er näher an das Bett heran und vergewisserte sich, dass sie schlief, jedoch warf sie im Schlaf den Kopf fiebrig hin und her. Um ihre Verletzung besser sehen zu können, suchte er nach einer Kerze oder etwas anderem, das ihm ein bisschen Licht spenden konnte. Nachdem er fündig geworden war, zündet er die Kerze an und wandte sich dem Bett zu. Zögernd schob er die Decke über ihre Beine, löste vorsichtig das Tuch von ihrem verletztem Bein und betrachtete die Wunde. Aus seiner Jackentasche holte er ein kleines Fläschchen mit einer Salzlösung heraus, welche er auf ein mitgebrachtes Tuch träufelte und die Wunde damit betupfte. Anschließend verteilte er noch den Salbeisud darauf, den er von dem Arzt mitbekommen hatte. Nun machte er ihr noch einen neuen Verband um die Wade. Dann tauchte Guy ein Tuch in das kalte, frisch geholte Wasser und wickelte es sachte um das unverletzte Bein, ein weiteres legte er ihr auf die Stirn, in der Hoffnung das Fieber damit zu senken. Er erhob sich langsam von dem Bett und holte sich einen Stuhl heran. Bis zum Morgengrauen saß er an ihrer Seite, wechselte immer wieder die nassen Tücher und versorgte die Wunde mit dem Salbeisud. In den ruhigen Minuten zwischen seinem Tun ließ er die Gedanken schweifen und fragte sich, warum er dies alles tat. Es konnte doch nicht nur wegen der Ehrensache gegenüber ihrem Vater sein. Aber so viel er sich auch den Kopf darüber zerbrach, er wurde einfach nicht schlau aus seinem Handeln.

Er hatte kaum ein Auge zugetan in dieser Nacht, trotzdem war es an der Zeit zurück nach Nottingham zu reiten. Guy würde so tun müssen, als ob er von einem frühmorgendlichen Ausritt käme, so dass niemand Verdacht schöpfen konnte. Ein letztes Mal wechselte er die Tücher und stellte anschließend den Wassereimer beiseite. Nachher würde sie noch darüber stürzen, falls sie während seiner Abwesenheit aufstehen sollte. Zum Abschied strich er Shaylee sanft mit der Hand über ihre Wange und für einen winzigen Augenblick, war er der Meinung, sie lächeln zu sehen. Doch er machte sich deswegen keine weiteren Gedanken. Vermutlich träumte sie von ihren Eltern und dachte die Berührung käme von ihnen. Mit leisen Schritten schlich Guy hinaus, stieg auf sein Pferd und ritt eilig zurück.

Die folgenden zwei Nächte fand er sie abermals in fiebrigen Träumen gefangen vor. Als er in der dritten Nacht wieder in den Wald ritt, regnete es in Strömen. Das Wetter war passend zu seiner Stimmung. Guy war übermüdet, wütend und genervt auf den Sheriff, war bis auf die Knochen nass und fror erbärmlich. Noch dazu hatte Marian ihn an diesem Tag wieder einmal zurück gewiesen und mittlerweile machte er sich ernsthafte Sorgen, dass sie mit ihrem Verhalten in Schwierigkeiten geraten könnte. Mit seinen ganzen Gefühlen im Unreinen, stürmte er mit seinem Pferd durch den Wald bis zur Forsthütte. Das Pferd band er unter dem etwas überstehenden Dach fest. Ohne Rücksicht auf Geräusche betrat er das Haus, zündete das Holz in der Feuerstelle an, entledigte sich seines nassen Mantels und warf die ledernen Handschuhe auf die Küchenablage.

Shaylee war von der ins Schloss krachenden Tür wach geworden, blinzelnd öffnete sie ihre Augen. Aber sie traute ihnen nicht, denn dass was sie sah konnte nicht wahr sein. Was machte dieser verdammte Handlanger des Sheriffs hier? Wütend wollte sie ihn anfahren. Entschloss sich im nächsten Moment jedoch wegen ihrer Schwachheit und der Angst, die ihre Wut mittlerweile besiegt hatte, er könnte ihr vielleicht doch etwas antun, dazu, noch nicht erkennen zu geben, dass sie wach war. Sondern sie würde ihn vorerst noch eine Weile beobachten.

Das Wasser tropfte bereits von seiner Kleidung auf den Boden und hinterließ eine kleine Pfütze. Auch nah am Feuer stehend, konnte die Wärme nicht zu Guy durchdringen. Er musste aus diesen triefenden Klamotten heraus. Sein Blick fiel auf den Haufen Tücher, die zusammengeknüllt in einer Ecke lagen. Unschlüssig ob er sich in der Gegenwart dieser jungen Frau entkleiden konnte, warf er einen ersten Blick auf Shaylee. Ihre Augen waren geschlossen, also musste sie noch immer schlafen. Aufgrund dieser Tatsache und dass ihm immer kälter wurde, fasste er den Entschluss, dass er es wagen konnte. Auf den Gedanken, dass sie durch sein ungestümes Eintreten hätte wach werden können, kam er nicht. Dazu war er noch zu aufgewühlt. Mit dem Rücken zu ihr zog er nun seine Lederjacke aus und auch das Baumwollhemd, das er immer darunter trug. Dann legte er sich eines der Tücher um die Schultern. Nun zögerte er, sollte er auch wirklich die Hose noch ausziehen? Abrupt drehte er sich um, Guy hatte etwas gefühlt. Jemand beobachtete ihn, dessen war er sich sicher. Aber, war es nur die junge Frau gewesen oder war da noch jemand im Haus? Misstrauisch zog er die Augenbrauen zusammen. Die Atmung der Frau ging schneller als im Schlaf, sie war also wach und schien ihn zu beobachten. Damit hatten sich seine Überlegungen bezüglich der Hose erledigt, den Gefallen würde er der Frau nicht auch noch tun. Guy überspielte, dass er wusste, dass sie wach war, legte seine nassen Sachen auf einen Stuhl und stellte diesen direkt neben das Feuer. Gespannt darauf, ob sie sich bald zu erkennen geben würde, lehnte er sich gegen den Kamin und betrachtete sie.

Allerdings sah er nicht lange richtig hin, bald schon dachte er an die Ereignisse des Tages. Doch inzwischen war seine Wut darüber verschwunden, er spürte wie er zur Ruhe kam und sein Körper gerne den fehlenden Schlaf eingefordert hätte, aber dafür war keine Zeit. Er schüttelte leicht den Kopf und als er sah, dass Shaylee ihn endlich mit offenen Augen ansah, legte er den Kopf schief zur Seite und grinste sie unverhohlen an.





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