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John


Endlich zurück. Lucas und Eoin sitzen in einem Anschlussflug nach Schottland. London ist so gut CCTV-überwacht, dass es besser ist Lucas aus dem Fokus zu halten.

Ich fahre zum MI6 zum Debriefing. Am liebsten hätte ich Layla umarmt und geküsst, ich freue mich, sie zu sehen, aber sie sieht erschöpft und mager aus. Niemanden geht es etwas an, was wir für einander empfinden und daher tun wir beide so, als wären wir nur Kollegen.


Ich sitze in ihrem Büro und bleibe bei der „offiziellen“ Version bezüglich Lucas, denn wir wissen nicht, wer sonst noch mithört.

Sie informiert mich über die jüngsten Krankheitsfälle. Es werden immer mehr und Whitehall berät mit dem JIC darüber den Notstand auszurufen, so dass die Anti-Terror-Gesetze greifen würden.


Das würde bedeuten, dass fast alle Bürgerrechte aufgehoben werden.

Die Behörden planen, das Internet abzuhängen, damit keine Panik verbreitet wird und Versammlungen zu verbieten wegen der Ansteckungsgefahr.

„Sollten noch mehr krank werden, soll es auch eine Ausgangssperre geben, die vom Militär durchgesetzt wird.“ Sie sieht mich so traurig an, dass ich sie am liebsten in den Arm genommen hätte.


Ich entschuldige mich für einen Moment und suche mir eine hoffentlich abhörfreie Ecke außerhalb des Gebäudes. Zeit die Jungs zu informieren.



Eoin


Ich schaue Lucas an und wir scheinen beide das Gleiche zu denken.

„Mein Gott, das ist schlimmer als befürchtet. Die planen tatsächlich einen Staatsstreich.“

„Lucas, irgendeine Vermutung wer dahinter steckt?“

Er zuckt mit den Schultern. „Millhouse wird wohl zumindest eingespannt sein und einige Politiker, korrupte Geschäftsleute ...“

„Also sollten wir am besten mal bei Brigadier Millhouse nachfragen.“


Ich rufe bei Philipp an und frage ihn, ob er bezüglich des Impfstoffes Fortschritte gemacht hat.

„Also die gute Nachricht ist, dass ich den Virus in die Hand bekommen habe und wir dabei sind seine Erbinformationen zu entschlüsseln. Er ist wirklich faszinierend, Eoin, ehrlich! Die Russen haben großartige Arbeit geleistet.“

„Ja, Philipp, ganz toll. Ich bin auch totaaaal aus dem Häuschen. Für die Angehörigen der Toten wird es bestimmt ein großer Trost sein, dass ihre Lieben von einem faszinierenden russischen Virus und nicht von irgendwelchen Feld-, Wald- und Wiesen-Viren getötet wurden. Also? Impfstoff?“

„Nun, Eoin, das tut mir echt leid, aber zur Zeit haben wir nichts, was den Virus abtötet. Außer Feuer.“


Na, eine gute Nachricht jagt die andere. Wir sind echt vom Glück verfolgt. Ich hoffe nur, dass es uns noch rechtzeitig einholt.

„Lucas, irgendeine Idee, wie wir den Verbleib der Viren herausfinden?“

„Vielleicht weiß Harry was.“

„Und wie willst Du ihn fragen? Die hören alles ab. Hast Du 'ne Brieftaube im Ärmel?“

„Wir müssen nach London. Los, hilf mir, ich brauch eine Verkleidung, mit der man mich nicht sofort erkennt.“

„Wie wär's als Schneepflug, da erkennt Dich bestimmt keiner.“


Lucas knufft mir in die Rippen. Ich kümmere mich um die Reiseplanung und er überdenkt seine Garderobe.



Lucas


Eoin und ich waren die ganze Nacht in wechselnden Autos unterwegs. Keine Ahnung wie er das organisiert hat. Für London verwandle ich mich in einen gebrechlichen Rentner und Eoin in meinen Altenpfleger. Er fährt mich im Rollstuhl durch die Gegend. So bequem hatte ich es selten bei einem Einsatz. Allerdings droht mir Eoin, mich in den Verkehr zu schubsen, wenn ich frech werde. Tja, die Jugend von heute …

Wir nähern uns wie Spaziergänger Harrys Wohnung und ich hoffe, dass er sein Sicherheitssystem in den letzten zwei Jahren nicht verändert hat.

Als niemand in der Nähe ist, erfahre ich eine wunderbare Verjüngung und kann wieder laufen.

Ich sage Eoin, er soll mir folgen, denn es gibt einen Weg an den Sicherheitskameras vorbei. Man muss ihn nur kennen. Wenn sich etwas geändert haben sollte, werden wir es bald wissen, denn dann ist die Polizei in ein paar Minuten da.


Wir kommen an der Hintertür an und nehmen das Schloss unter die Lupe.

„Das ist nicht einfach zu knacken“, sagt Eoin und kratzt sich am Hinterkopf.

„Ich hatte früher einen Zweitschlüssel.“

„Das hilft uns jetzt enorm weiter, Lucas. Hat er 'ne Putzfrau oder so was?“

„Hatte er mal.“

Eoin gibt das Schloss auf und fängt an, Fußmatte, Simse, Blumentöpfe und -beete zu untersuchen.

Ich glaub's nicht.

„Was soll das? Du glaubst doch nicht, dass jemand wie er den Zweitschlüssel vor dem Haus versteckt.“

„Er nicht, aber vielleicht seine Putze.“

„Eoin!“

„Was?“

„Das ist Zeitverschwendung.“

„Vielleicht nicht.“ Er hält mir mit seiner schmutzigen Hand einen Schlüssel vor die Nase.

Ich nehme ihn und versuche, ob er ins Schloss passt. Tatsächlich! Ich verdreh die Augen, das kann doch nicht wahr sein!

Von Eoin höre ich ein kleines triumphierendes Lachen. Ich könnte ihn würgen.

Ich werde mit Harry dringend über seine Putzfrau reden müssen.

Seine Alarmanlage im Haus auszuschalten ist kein Problem, ich war dabei, als sie eingebaut wurde.

Also warten wir beide bis er von der Arbeit nach Hause kommt. Hoffentlich hat er Informationen!

Leider hatte ich eine Sache nicht bedacht. Harrys Jack-Russel-Terrier. Das kleine Monster stürzt sich kläffend und knurrend auf uns. Wenn er so weiter macht, dann wissen gleich sämtliche Nachbarn, dass hier etwas nicht stimmt. Wieso kann das Vieh nicht wie üblich bei Harrys Schwester sein?

Eoin geht in die Hocke und redet leise auf ihn ein. Ich schleiche mich am Flohtaxi vorbei und sehe mich vorsichtig in der Wohnung um. Ich entdecke einen Platz, von dem aus ich Straße und Eingangstür gut im Blick habe, ohne selbst aufzufallen. Und …

Nanu? Irgendwas ist anders. Das Gekläffe hat aufgehört. Ich gehe zurück zum Hintereingang und sehe, wie Eoin mit einem begeisterten Zwergmonster Bällchen holen spielt. Ich unterdrücke ein Stöhnen zu Gunsten eines Kopfschüttelns und gehe wieder auf meinen Beobachtungsposten.


Es ist ca. 21:30 Uhr. Eoin hat sich neben der Eingangstür in den Schatten gedrückt.

Die Schritte kommen näher und hören vor der Haustür auf. Ein Schlüssel klirrt und fällt dann zu Boden. Harry schimpft wie Müllmann und wir müssen das Lachen unterdrücken.

Die Tür geht auf. Ich drücke mich außer Sichtweite an die Wand. Kaum hat Harry die Tür geschlossen und das Licht angemacht, fasst Eoin zu. Mit einer Hand hält er Harry den Mund zu, mit der anderen kontrolliert er ihn.

„Hmmmph.“

Ich komme aus meinem Versteck und lege den Zeigefinger an die Lippen. Harrys Augen weiten sich. Ich nicke Eoin zu und er lässt ihn los.


„Lucas, oh mein Gott.“ Er kommt auf mich zu und fasst mich an den Armen an, als wolle er sich überzeugen, dass ich kein 3D-Hologramm bin.

„Ich dachte, Du bist tot, ich meine, ich ...“

Ich lache. „Noch nicht.“ Wir umarmen uns und ich stelle ihm meinen „Folterknecht“ vor.

Wir setzen uns in sein Arbeitszimmer, denn es ist nicht ohne weiteres einsehbar, und ich berichte ihm erst mal, was in Russland wirklich passiert ist.

„Harry, wenn Du irgendwie kannst … Wir brauchen Deine Hilfe.“


Es stellt sich heraus, dass er nicht untätig war. Seine Leute haben in den letzten Tagen ein mögliches Versteck ermittelt und er bittet uns, dass wir sie über alles briefen, was wir wissen.

Ansonsten kann er uns nur mitteilen, dass vermutlich der Innenminister und einige Geschäftsleute die Fäden ziehen.


Wir verabreden einen Treffpunkt, schließlich können Eoin und ich nicht einfach beim MI5 rein marschieren.

Ich plaudere mit ihm noch ein bisschen über seine Putzfrau und ihm fällt beinahe die Kinnlade herunter. Da gibt man mehrere Zehntausend Pfund für Sicherheit aus und sie versteckt den Schlüssel in den Petunien!!!

Eoin hat zwischenzeitlich Harrys Jack Russel willenlos gestreichelt. Wir vereinbaren, über Nacht hier zubleiben und ich genieße den ersten Whisky seit Jahren!








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