- Schriftgröße +



John


Ich stehe unter der Dusche und frage mich, wie ich am besten an Millhouse herankomme. Es ist wohl das Beste, Lucas mit ins Boot zu holen. Er sollte sich mit Informationsbeschaffung wohl auskennen.

„Rutsch mal ein Stück.“

Layla drängelt sich zu mir unter die Dusche. Ich nehme sie in den Arm und sie kuschelt sich an meine Brust.

„Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Millhouse bei so was mitmacht, John. Ich meine, er ist ein Unsympath, aber so was?“

Ich seufze. „Ich weiß auch nicht. Aber irgendwo müssen wir ansetzen.“ Ich fange an, sie mit dem Duschgel einzureiben.

Sie lehnt sich gegen die Wand und sieht mich an. „Wir werden es im Moment auch nicht klären, oder?“ Ihre Hand wandert von meiner Brust aus nach unten. Als sie merkt, dass ich auf sie reagiere hört sie auf und weicht einen halben Schritt zurück.

Sie stellt sich auf die Zehenspitzen, schlingt ihre Arme um meinen Hals und zieht mich zu sich.

„Oh, mach schon.“

Ich hebe sie hoch, sie schlingt ihre Beine um mich. Ich dringe in sie ein und liebkose mit einer Hand ihre Brust. Ich spüre ihre Lippen und ihren Atem erst an meiner Schulter und dann knabbert sie meinen Hals entlang zum Ohr hinauf. Unser Rhythmus wird schneller. Draußen bimmelt mein Handy.

Egal. Im Moment ist alles egal. Es gibt nur noch sie und mich.


15 Minuten später haben wir beide fertig geduscht. Ich sehe nach, wer angerufen hat.

Ich habe eine Voicemail von Lucas. Er will sich in einer halben Stunde mit mir an der U-Bahn-Station „British Museum“ treffen. Layla zieht die Stirn hoch.

„Es gibt keine Station die so heißt.“

„Vielleicht meint er die Station in der Nähe vom British Museum?“

„Dann hätte er gleich Holborn sagen können.“

Eben, aber Lucas wird kaum so dumm sein auf einer abhörbaren Voicemail jedem seinen Aufenthaltsort auf dem Tablett zu servieren.

Ich sehe am PC nach, ob es noch andere mögliche Stationen gibt.

Nix. Zumindest nichts Aktuelles. Eine Idee habe ich noch. Ich gebe bei Google als Suchbegriff „London tube stations abandoned“ ein und finde eine Site.

Ich scrolle durch die Übersicht. Tatsächlich. Es gab eine Station, die „British Museum“ hieß.

Sie wurde 1933 stillgelegt. Jetzt muss ich mich aber beeilen um noch rechtzeitig hinzukommen.

Layla hat sich ein Hemd von mir übergezogen. Mit Gürtel könnte sie es auch als Kleid tragen.

Ich nehme ihren Kopf in beide Hände, sie schlingt die Arme um meine Taille und ich gebe ihr einen langen Kuss.

„Ich bin dann weg. Ich halte Dich auf dem Laufenden. Layla, wenn wir es nicht schaffen, dann musst Du es zu Ende bringen.“

„Ich werde es versuchen.“

Ich gebe ihr noch einen Kuss auf die Stirn, prüfe, dass meine P228 einsatzbereit ist und mache mich auf den Weg.“



Lucas


Ich laufe auf dem verlassenen Gleis auf und ab und hoffe, dass John meine Nachricht bekommen und verstanden hat. Und dass es bei etwaigen „Mithörern“ nicht so war.

Hier unten gibt es keinen Handy-Empfang und es ist stockfinster. Aus dem Tunnel hört man das Rumoren der U-Bahnen und alle 10 Minuten rast ein Zug durch. Die Plattform für Passagiere wurde abgebaut, der Ost-Zugang zugemauert, das Bahnhofsgebäude 1989 abgerissen. Es gibt nur einen gut versteckten alten Eingang. Ich denke nicht, dass John ihn kennt. Deshalb laufe ich zum Ostende. Von dort aus kann ich gerade noch so das Restlicht der Station Holborn sehen.


Die Windverhältnisse in den U-Bahn-Schächten sind ungewöhnlich. Selbst wenn weit und breit kein Zug zu sehen ist, steht man auf einmal in einem Schwall warmer oder kalter Luft, die wie ein Mini-Hurrikan durch die Tunnels saust. Auch die Akustik ist eigenartig. In den Röhren gibt es die merkwürdigsten Geräusche, die man nicht zuordnen kann. Kein Wunder, dass so viele meinen, in den Tunnels würde es spuken. Ich weiß aber genau auf welches Geräusch ich warte. Schritte auf Schotter. Um mich herum kratzen und wuseln. Ich ziehe erschreckt das Bein hoch als ich etwas an meinem Bein krabbeln spüre. Oh, bitte nicht schon wieder eine Ratte. Ich packe vorsichtig zu, bete, dass ich nicht gebissen werde und ziehe den Eindringling heraus. Ein vorbeifahrender Zug gibt genug Licht um zu erkennen, dass ich eine Maus gefangen habe. Ich setze sie ab und sie verschwindet in der Dunkelheit.


Der Lärm lässt nach und ich meine Schritte zu hören. Ich verhalte mich ganz ruhig. Wer immer es ist, er kommt nicht von der Holborn Seite. Ein ziemlich lautes „Quietsch“ verrät mir zwei Dinge. Die Person ist relativ nahe und sie ist auf eine Ratte getreten. Ein leises „Damn!“ sagt mir, dass es John ist.

Respekt. Er hat den Eingang gefunden. Offenbar funktionieren seine SAS Recce Fähigkeiten auch in der Stadt.

Ich lasse kurz die Taschenlampe aufblitzen und bekomme den Schreck meines Lebens, weil er nur einen Meter entfernt vor mir steht.

„Da hast Du Dir aber einen angenehmen Platz ausgesucht. Kommst Du öfter her?“

„Nur, wenn ich mal in Ruhe lesen will!“, brülle ich ihn an, um den nächsten Zug zu übertönen.

„FEIN!“

Ich gehe voraus in einen ungenutzten Versorgungstunnel. Dort mache ich die Taschenlampe an. Hier werden wir von außen nicht gesehen.

„Wow.“

John nimmt mir die Lampe ab und lässt das Licht über die Wände wandern.

Auf der einen Seite hängt ein mannshohes Schild „To First Aid Post“ auf der anderen Seite ein noch teilweise intaktes Plakat, auf dem Strafen genannt werden, die Leute 1944 für „unangemessenes“ Verhalten oder Trunkenheit im Luftschutzbunker -als solcher diente die Station im 2. Weltkrieg- bekommen haben. 3 Wochen Haft für das unangemessene Verhalten (wüsste zu gerne, was man damals da runter verstanden hat) und 4 Wochen für den Promillesünder. Etwas weiter tunnelabwärts stehen noch die Metallgestelle der Betten. Je 3 Stück übereinander. Man hat sich nicht die Mühe gemacht sie abzubauen. Aber wir sind nicht zum Sightseeing hier.


Ich bringe John auf den neuesten Stand und er mich. Ich frage ihn, ob ihm „Dark Angel“ etwas sagt, aber muss passen. Er verspricht Layla zu fragen und ich nehme mir vor bei Harry das Gleiche zu tun.

John ist fasziniert von seiner Umgebung und im Tunnel weitergelaufen. So tief war ich auch noch nicht. Ich bin überrascht zu sehen, dass die erste Hilfe Station noch da ist, inklusive Behandlungstisch und gefülltem Medikamenten-Schrank. Neben einem Regal, auf dem Verbandszeug und Spritzen liegen, entdeckt er eine schmale Metalltür. Er versucht sie zu öffnen, aber sie klemmt.

Er gibt nicht auf. Langsam steckt er mich mit seiner Abenteuerlust an und wir stemmen uns beide dagegen. So viel geballter Männlichkeit hat sie nichts entgegenzusetzen und gibt nach.

Im Schein der Taschenlampe sehe ich neben viel Staub eine Art Büro mit klobigem Schreibtisch, schwarzem Telefon, der Ur-Großmutter aller Funkgeräte und von der Decke baumelt eine Lampe mit Emaille-Schirm.

Wir reißen uns von dem Anblick los und klettern wieder zurück in die Oberwelt.

Unser Plan ist ganz einfach. Wir werden Millhouse verfolgen und uns einen geeigneten Ort suchen, um ihn zu befragen.







Bitte gib den unten angezeigten Sicherheitscode ein: