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John

 

Wir sind am Flughafen alle extrem nervös. Lucas ganz besonders. Überall sind Kameras und das Letzte, was wir brauchen ist, dass er erkannt wird.

Wir nehmen ihn in die Mitte, als wir durch die Sicherheitsschleuse gehen. Die Security mustert uns misstrauisch. Ich werde nach langem Filzen durchgewunken. Auch Lucas wird kontrolliert.

Plötzlich kommen aus einer Ecke zwei Polizisten gerannt und schreien so was wie „Haltet ihn fest!“.

Lucas wird schneeweiß. Eoin packt ihn einfach an der Schulter und schiebt ihn durch die Schleuse.

Ich hoffe, dass die Spinner zwischen all den Passagieren keine Schießerei anfangen.

Wir rennen los und suchen ein Versteck, welches wir in einer Besenkammer finden.

„Gott, die haben mich erkannt.“ Lucas' Stimme zittert.

Ich ordne an: „Kleidungstausch.“

Was in der Eile und Dunkelheit der Kammer an Kreationen entsteht, wird es kaum auf den Laufsteg schaffen.

Zu allem Überfluss bindet Eoin Lucas auch noch einen schockroten Schal um.

„Muss das sein?“

„Yep. Wetten, jeder an dem Du vorbei gehst, wird sich an den Schal erinnern, aber nicht an Dein Gesicht. Bessere Tarnung geht grade nicht.“

Wir gehen einzeln zum Gate. Jeder behält seine Umgebung im Auge und wir haben nur so viel Abstand zueinander, wie wir benötigen, um möglichst viel Raum abdecken zu können.


Ich hasse Warterei. Diesmal hasse ich sie nicht nur. Wir entscheiden uns, Lucas bis zum Aufruf auf der Herrentoilette zu verstauen. Eoin hält innen Wache und tut so, als würde er sich die Hände waschen.

Ich sehe ein paar Gates weiter einen Putzwagen stehen. Putzen ist nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber wenn es unbedingt sein muss... Hoffentlich gibt’s wenigstens Trinkgeld.

Ich finde am Putzwagen etwas, dass mir die Arbeit erspart. Ein gelbes Plastikschild, das besagt, dass der Lokus grade gereinigt wird und man bitte auf einen anderen ausweichen soll.

So beziehe ich vor der Tür Stellung und gucke jeden, der rein will, so böse wie möglich an.


Endlich wird unser Flug aufgerufen! Wir warten bis zum Schluss und kommen in dem Moment an der Tür an, als der Stewart sie schließen will. Er sieht uns erschreckt an und Eoin, der die Vorhut übernommen hat, erklärt ihm in samtweicher Stimme etwas von letzter Ölung.

Lucas und ich drängeln uns an den beiden vorbei und verstauen uns auf unseren Plätzen.

Ich liebe Flüge in der Economy Class. Die Abstände zum Sitz vor einem wurden für Knieamputierte berechnet. Die Sitzbreite für bulimische Modells.


Eoin setzt ist schließlich auch und über den Lautsprecher heißt es „Boarding completed“.

Ich lehne mich in meinem Sitz zurück und schließe für einen Moment die Augen. Die Triebwerke heulen auf und das Flugzeug rollt langsam rückwärts.


Dann stoppt es wieder. Die Türen werden aufgerissen und ich höre russische Stimmen.

Es sieht aus, wie eine kleine Version von CQB [Geiselbefreiungsübung].

Polizisten mit gezogenen Waffen.

Sie stürmen durch den Gang. Einige Passagiere schreien. 2 Reihen schräg vor mir legt Eoin die Hand auf seine P228. Ich tue es ihm gleich. Die Crew versucht, uns Passagiere zu beruhigen und teilt uns mit, dass die Behörden nur die Reisepässe noch einmal kontrollieren wollen. Uh-hu, klar.

Also kramen wir sie raus. Die ältere Dame neben mir kreischt so laut, dass ich denke, mein Trommelfell platzt. Als ich in der Enge in der Hosentasche nach meinem Ausweis suche, schlage ich sie versehentlich mit meinem Ellenbogen k.o.


Lucas sieht aus, als wolle er mit seinem Sitz verschmelzen. Eoin und ich wechseln einen Blick. Eine stumme Vereinbarung. Wir sind dem Polizei-Rudel zahlenmäßig weit unterlegen. Die Enge gibt uns jedoch einen Vorteil. Sie können nicht alle zusammen agieren. Wenn sie versuchen Lucas rauszuzerren, werden wir versuchen genug Chaos anzurichten, dass wir im günstigsten Fall alle wegkommen. Im schlechtesten Fall keiner von uns. Ganz sicher werden sie keinen gefangen nehmen.


Die Beamten verlangen, dass alle die Köpfe runternehmen, Hände inklusive Reisepass über die Sitzlehne des Vordermanns halten. Meine Waffe liegt griffbereit mit dem Lauf unter meinem Oberschenkel. Ich halte den Kopf so, dass ich so viel wie möglich aus den Augenwinkeln beobachten

kann. Die Anspannung wächst, ich komme mir vor wie ein Raubtier, das kurz davor ist, Beute zu schlagen.


Sie arbeiten sich Reihe für Reihe vor. Nach ein paar Reihen bemerke ich ein Muster. Sie kontrollieren ausschließlich Passagiere mit britischem Pass. Ich versuche mich zu erinnern, ob Lucas' neue Identität auch britisch ist.

Ich starre Eoin ein Loch in den Rücken. Er dreht den Kopf in Zeitlupe und zwinkert mir zu.

Wenn Lucas die Nerven behält, haben wir eine Chance.

Die Kontrolle dauert eine gefühlte Ewigkeit. Mir wird mein Pass aus der Hand gerissen und ich werde aufgefordert, den Kopf zu heben. Der junge Kerl, der den Kontrolleur sichert, hält seine Waffe so nachlässig, dass ich mit Mühe der Versuchung widerstehe, sie ihm wegzunehmen.

Wenn das einer meiner Jungs gemacht hätte, ich hätte ihn auf Briefmarken-Größe zusammengefaltet.

Stümper!


Endlich verlassen sie das Flugzeug. Die Crew entschuldigt sich noch einmal für die Unannehmlichkeiten und 10 Minuten später sind wir unterwegs nach LHR. Jetzt erlaube ich mir einen erleichterten Seufzer.



Harry


Die Todesfälle in Schottland gehen auf eine mutierte Form der Blattern zurück. Unsere Labors bestätigen und beteuern alle, dass es eine ihnen unbekannte Form ist und nicht aus einem unserer Labors stammt.

Die Intel, die mir der schrullige Taxifahrer zugespielt hat, scheint sich zu bewahrheiten.

Heute meldete ein Londoner Krankenhaus einen Notfall mit ähnlichem Krankheitsbild.

Ich bete, dass der Virus nicht London erreicht hat. Die Folgen wären katastrophal.







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