- Schriftgröße +



9.

„Nun er ist ihr Freund und mein Nachbar. Und ja ich habe per Zufallsprinzip einen Film mit ihm gesehen. Wer weiß ob ich ihn je wiedererkannt hätte wenn das nicht der Fall gewesen wäre.“ Murmelte sie und sah dabei ihren Nachbarn fragend an.

„Ehm ja…“

„Wollen Sie etwas essen Salome?“

Sie sah auf die Uhr und fragte sich wieso er ihr am Nachmittag Essen anbot.

„Ehm nein danke…obwohl doch…“ Der Hunger siegte über den Anstand und sie aß schweigend und vor allem allein während die Männer ihr zusahen.

„Soll ich den Fernseher anmachen? Das Radio?“ schlug Richard dann vor als die Stille erdrückend wurde.

„Oh nein danke, das hier ist Fernsehen und Radio genug.“ Nuschelte sie und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund als versuchte sie die gesprochenen Worte zurückzunehmen.

„Da Sie anscheinend keine typischen Fanfragen auf Lager haben, wollen Sie uns etwas über sich verraten?“ sprach Matthew dann als sie den Teller selbst in die Küche gebracht und abgewaschen hatte.

„Oh ich wünschte ich hätte Fragen, aber Sie erwischen mich vor meiner Recherche, ich bin untröstlich, aber ich muss zugeben mich noch nicht vorbereitet zu haben.“ Beichtete sie niedergeschlagen.

Aber da sie gefragt hatten und das Schweigen ihr so langsam auch an den Nerven nagte, versuchte sie ein möglichst ehrliches Bild von sich wiederzugeben.

 

„Ich heiße Salome, bin 23, das Haus in dem ich lebe gehörte meinem Onkel den ich nicht gekannt habe. Ich habe einen Bruder und zwei Stiefbrüder, da meine Mutter vor einigen Jahren wieder geheiratet hat. Ich habe eine Tendenz zur Unachtsamkeit und habe im Allgemeinen oft Pech. Und ich erlebe gerade die unwahrscheinlichste Situation die einem Menschen nur passieren kann. Ob das nun Pech oder ausgleichende Gerechtigkeit ist wird sich bald herausstellen denke ich. Ach ja, das ist mein Hund, der beste Teil meines Erbes, der auf den lächerlichen Namen John hört.“

„Sind Sie verheiratet?“ Matthew legte den Kopf zur Seite um sie zum Weiterreden zu motivieren.

„Ehm nein, so dumm das auch klingen mag, aber ich hatte bisher noch keine große Lust mich mit Männern abzugeben wenn ich den großen Fang meiner Mutter betrachte und mein mangelndes Glück in die Waagschale werfe.“ Salome lächelte leicht bedauernd.

„Sie haben nicht einmal einen Schwarm?“

Sie grinste breit: „Der da ist praktisch mein Nachbar, wieso bräuchte ich einen Schwarm?“

Ihre erfrischende Ehrlichkeit verblüffte beide Männer und sie grinste weiterhin.

„Oh Sue ist sicher ein Fan von Ihnen. Sie mag ernste Männer.“

„Und Sie nicht?“ Richard war verwirrt und leicht beleidigt.

„Ich weiß es nicht. Bisher habe ich Männer im Allgemeinen nicht allzu sehr gemocht muss ich zugeben. Männer stinken, trinken und bevormunden.“

Das klang zwar sogar in ihren Ohren klischeehaft, aber sie konnte gesprochene Worte nicht zurückfischen, das wusste sie aus Erfahrung.

 

Sie musste unbedingt bei Sue nachfragen was sie so wusste.

„Ich sollte jetzt besser gehen um mich nicht weiter zu erniedrigen.“ Sprach Salome schnell, pfiff nach dem Hund, nahm ihre Tasche und war aus der Tür bevor einer der Männer reagieren konnte.

„Deine Nachbarin ist gerade in deinem Pulli abgehauen, während ihre Kleider immer noch hier sind.“ Murmelte Matthew nach einigen Sekunden der Stille.

„Ich weiß.“ Grinste Richard süffisant zurück und fuhr seinen Computer hoch.

„Was tust du?“ Matthew folgte ihm lächelnd, da war eindeutig was im Busch.

„Sie hat einen Blog und sie wird sich sicher jetzt über uns beide auslassen, denn sie weiß nicht, dass ich ihn lese.“ Erklärte Ersterer breit grinsend und lehnte sich entspannt zurück.

 

Salome keuchte als sie zuhause angekommen war und die stechende Kälte in ihren Knien und Wangen bewies ihr wieder einmal wie dumm sie war.

Ihre Jacke, ihr Pulli, ihr Schal und ihre Jeans lagen bei Richard und sie hatte seinen Pulli gestohlen.

Sie war eine Diebin.

Kurz kam ihr der erheiternde Gedanke, dass sie für den Pulli auf Ebay bestimmt genug Geld bekommen würde um ihre ganze Garderobe zu ersetzen, aber dann ermahnte sie sich streng sich nicht solchen Hirngespinsten hinzugeben.

Mit mehr Übung als am vorherigen Tag setzte sie Tee auf und vergrub das Gesicht in der weichen Materie des einzigen Kleidungsstückes das sie trug.

Sie hatte Männer nie gemocht, das stimmte, aber zumindest das Argument des Gestanks fiel bei diesem konkreten Exemplar aus, davon konnte sie sich mit ihren eigenen Sinnen überzeugen.

Daran denkend, dass Susan auf den Blogeintrag wartete, goss sie sich eine Tasse Tee aus und machte sich daran den heutigen, turbulenten Tag zu beschreiben.

 

Liebe Leser,

Ich habe mich bei meinem Nachbarn entschuldigt und er hat mir zum Dank gleich den Hund einen Nachmittag lang versorgt während ich ins Kino war.

Gott verzeih mir, dass ich mich verächtlich über Droopy geäußert habe, denn Mr. Macfadyen ist nicht nur ein sehr überzeugender Schauspieler, sondern auch ein „schneidiger“ Kerl wie meine liebe Freundin zu sagen pflegt.

Ich sehe, einige von euch haben sich zu meinem vorherigen Post geäußert und ich gebe euch natürlich Recht, dass die Stimme und die Grundkonstitution des Gesichtes des Mannes in Frage immer eine große Rolle spielt.

Ich habe meinem Nachbarn, der nebenbei bemerkt eine göttliche Stimme hat, Kekse gebacken, in Schweineform J und er hat nicht versäumt anzumerken, dass dies gut und gerne eine versteckte Spitze sein könnte.

Kluger Nachbarsjunge, nicht wahr?

Darüber hinaus habe ich vergessen meine Jacke zu tragen, was für eine Frau in London fatal sein kann und jetzt sitze ich hier im Pullover meines Nachbarn, welcher meine Kleider als Geisel in seinem Trockner hält.

Die Eure, frierend, erschöpft, aber glücklich.

 

Salome lehnte sich zurück und schnupperte hemmungslos an dem Stoff der sie umgab wie eine Wolke der Männlichkeit.

Sein Pulli? Im Ernst, wie riecht er denn? Und ich sagte dir doch, dass ER unglaublich ist.

Göttlich. Ich komme wirklich mal bei dir vorbei und dann sehen wir uns gemeinsam Filme an.

Übrigens geht es mit LotR weiter und da haben wir dieses Mal einen richtigen Leckerbissen dabei. Du und ich Premiere? In Liebe Sue.

Richard starrte auf den Bildschirm und sah Matthew strafend an als dieser in lautes Gelächter ausbrach.

„Ihre Freundin ist auf Zack und Salome scheint wirklich zu wissen wie sie tickt.“

Richard schüttelte fassungslos den Kopf und wartete darauf, dass Salome ihrer Freundin antwortete.

Liebe Sue,

Ich werde mich nicht öffentlich über den Geruch meines Nachbarn auslassen. Der Pulli riecht nach Waschpulver…

Und ja blabla göttlich, blabla unglaublich, blabla zum Niederknien.

Dann weiter im Text…LotR? Lothringen? Was zum Henker Sue?

„Oi jetzt wird es spannend. Sag mal was für ein Waschpulver benutzt du eigentlich?“

Matthew foppte seinen Freund gnadenlos, welcher ihn nur leidend ansah und mit den langen, schmalen Fingern auf die Schreibtischplatte, ungeduldig und das Schlimmste befürchtend.

Und dann aktualisierte er die Seite, nur zwischen den fast geschlossenen Lidern hindurch linsend.


 






Bitte gib den unten angezeigten Sicherheitscode ein: