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Author's Chapter Notes:
Hom(m)e sweet Hom(m)e








57.

Müde setzte sich Salome in ein Taxi und begab sich zu der neuen Adresse ihrer Mutter.

Wieso musste die Frau jetzt so weit von einem verdammten Flughafen wegwohnen?

Salome schüttelte den Kopf als sie den horrend hohen Preis bezahlte und ging auf die kleine Tür zu.

Sie konnte nicht von sich behaupten sich enorm darauf zu freuen ihren Stiefvater und seine beiden Söhne wiederzusehen, aber ihre Mutter hatte sie gebeten zu kommen und sie wusste tief in sich drin, dass sie es ihr schuldig war sich zu zeigen.

Die Tür schwang auf und da stand sie.

Anya, hoch gewachsen, blond und schön trotz der Spuren der Zeit auf ihrer Haut sah ihre Tochter strahlend lächelnd an.

Sie bereute es ihre eigene Tochter verloren und vertrieben zu haben, aber sie liebte ihren Mann und irgendwie hatte sie immer gewusst, dass sie Salome nicht an ihrer Seite halten können würde.

Das Kind war zu wild, dachte sie als sie die sturen Locken erblickte die von dem kleinen Kopf abstanden und den weiten Pullover den ihre Tochter trug.

„Komm rein Baby.“ Murmelte Anya, welche den eindeutig russischen Akzent nie verloren hatte und dermaßen exotisch klang, dass Salome lächelte.

Nein, sie erkannte sich nicht in ihrer Mutter, sie war ihr so wenig ähnlich, dass sie sich manchmal fragte wie sie von dieser Frau abstammen konnte.

Anya geleitete ihre Tochter ins Wohnzimmer, in welchem ihr Mann Gustav auf der Couch saß und mürrisch aufsah als er die Stieftochter, das Stiefkind, die Ungeliebte erkannte.

„Guten Abend Gustav.“ Grüßte Salome ihn so kühl, dass der Mann die Augenbrauen hob.

 

Gustav wusste, dass er eine gefährliche Frau geheiratet hatte, eine Frau deren Blut Geschichte geschrieben hatte, eine Frau die unter ihrer eiskalten Miene einen lodernden Hass und eine Wut ohne Grenzen verstecken konnte, aber er liebte Anya dafür.

Salome war da schon eine andere Geschichte.

Er fand seine Stieftochter nicht hässlich, aber er konnte ihr auch keine Schönheit zusprechen.

Salome war für seinen Geschmack zu klein, zu rundlich und zu dunkel um hübsch zu sein.

Er fürchtete sich vor ihrer Ehrlichkeit so gut wie vor ihrem eisernen Schweigen und er wünschte sie wäre nicht sofort gekommen.

Wie lächerlich als erwachsener Mann Angst vor einem Kind zu haben, aber Salome war kaum menschlich in seinen Augen, sie war eine Fee, ein Kobold, eine jungfräuliche Priesterin einer geheimen Sekte.
Natürlich war sie betörend mit ihren dunklen Locken und dem großzügigen Lächeln und seine Söhne hatten es schwer gehabt ihre Freunde davon zu überzeugen, dass ihre Stiefschwester böse und gemein war wenn Salome doch so fröhlich und berückend war.

Matthias, sein Ältester kam gerade herein und sah Salome verwundert an.

„Ah du bist wieder da…Schwester.“ Knurrte er und automatisch hob Salome die Hand, aber nicht um ihn zu schlagen, sondern um ihn zu verfluchen wie sie es schon tausendmal getan hatte.

„Ich bin nicht deine Schwester und ich bin nicht hier um zu bleiben.“ Sprach Salome kalt.

Anya zuckte zusammen, sie kannte die Ablehnung ihrer Tochter für ihre Stiefbrüder und sie wusste nicht wie sie ihrer Tochter die schrecklich schöne Neuigkeit beichten sollte.

Auch wusste sie nicht wie lange Salome vorhatte zu bleiben und so verließ sie sich auf das morgige Mittagessen um ihrer Tochter zu sagen was diese nicht hören wollte.

„Ich bin so froh, dass du wieder da bist Schatz.“ Murmelte sie ernsthaft und es verletzte sie als sie Salomes ablehnenden Blick sah.

Nein, ihre Tochter würde nicht bleiben, diese Familie war nicht die Ihre und das Haus in dem sie lebten war nicht ihr zuhause.

„Soll ich dir was zu essen machen?“ schlug Anya friedfertig vor, doch Salome winkte ab:

„Nein danke, ich habe am Flughafen etwas gegessen. Ich werde gleich hoch gehen, ich muss noch ein wenig arbeiten.“

„Gute Nacht.“ Sprach Salome und folgte ihrer Mutter, welche ihr schweren Herzens den Weg zum Gästezimmer wies.

Als wäre sie nie weggewesen, dachte Gustav missmutig und er nahm es der Stieftochter übel,  dass sie ausgezogen war um ihr Leben zu machen während Matthias und Patrick immer noch bei ihm und seiner Frau lebten und nicht einmal nach einer Arbeit suchten.

So hatte er sich das nicht vorgestellt und mit der erschreckenden Neuigkeit…

 

Salome packte ihr Laptop aus und setzte sich auf das Bett das man ihr zugeteilt hatte.

Wie erwartet fühlte sie sich unwohl, sie hatte sich nie an das zweite Leben ihrer Mutter gewöhnt und würde es wahrscheinlich auch nicht.

Alte Erinnerungen von Hass und Ungerechtigkeit stiegen in ihr auf und sie schluckte die Tränen herunter als sie die traurigen Augen ihrer Mutter sah, welche immer noch im Türrahmen stand.

„Ich habe dich sehr lieb Salome, ich wünschte du könntest dich ein wenig besser an das…du könntest dich mit Gustav anfreunden.“
Salome sah spöttisch auf: „Mutter, du hast ihn nicht geheiratet, damit er mir ein Freund ist, sondern damit er dein Ehemann ist. Und das ist er und wenn du glücklich bist, dann bin ich es auch, aber ich habe mit diesem Menschen nichts gemein und ich will nicht mit ihm zusammenleben.“

Anya wollte so viel sagen, wollte ihre Tochter bitten zurück zu kommen, wollte ihr sagen, dass sie sie trotzallem liebte, wollte ihr beichten was sie in ihrem Leib und in ihrem Herzen als Geheimnis verbarg.

Salome wandte sich von dieser Frau die einst ihre Freundin und Mutter gewesen war ab, denn heute war diese Frau fast eine Fremde für sie, eine Hausfrau und Kindergärtnerin für 2 unreife Idioten und die Sklavin eines Mannes ohne Herz oder Hirn.

 

Richard stand am nächsten Morgen früh auf und schaute nach der Zeitung die er sofort abonniert hatte, weil er hoffte Salomes Artikel darin zu finden.

Und tatsächlich, da war er, was bedeutete, dass sie zuhause gearbeitet hatte und den Artikel vor dem Einsatz der Druckerpressen eingereicht hatte.

Es ging um das Thema: „Wie groß sollte ein Mann sein?“ in der Kolumne „Ein Alien über England.“

Er holte sich eine Tasse Kaffee, dachte darüber nach sich eine Lesebrille anzuschaffen und begann zu lesen:

Wie groß sollte ein Mann sein? Ich muss vorab zugeben, dass ich selbst sehr klein bin und falls ich einen Mann in meiner Größenordnung suchte, würde ich wohl nur im Zirkus fündig werden, also ist meine Sichtweise vielleicht nicht ganz so unvoreingenommen wie sie sein sollte.

Frauen mögen im Allgemeinen große Männer und alle Briten die ich bisher kennengelernt habe waren in der Tat sehr groß, aber das kann auch nur ein Glücksgriff gewesen sein.

Im Allgemeinen kommt es aber nicht wirklich auf die Größe an, sondern auf die Präsenz, auf die Art wie ein Mann den Raum füllt mit seinem Leib sowohl wie mit seiner Stimme.

Natürlich ist es leichter imposant zu wirken wenn man 1,90 groß ist, aber ich kenne viele große Männer die eher wie Holzklötze aussehen…hohle Holzklötze versteht sich.

Also, zum Thema Holz, ein Mann sollte beständig und stark wie eine Eiche aussehen, sich jedoch flexibel und sanft wie eine Weide bewegen und sowohl Schutz als auch Schönheit wie Mahagoni vermitteln.

Ehrlich gesagt muss ich zugeben, dass alle Männer die bisher mein Herz berührt haben sehr groß waren, was auch daran liegt, dass eine Frau einen Mann sucht bei dem sie Schutz und Halt findet, ihn aber auch ein wenig schubsen kann ohne dass er in die Knie geht.

Ich persönlich mag Männer an denen ich sowohl hochsehen wie auch zu ihnen aufsehen kann, in allen Belangen des Lebens und das hat an sich nichts mit Körpergröße zu tun.

Vielleicht liebt das Kind in mir es einfach das winzige, zuckende Herz in diesem großen Leib zu suchen und zu finden oder ich die Katze in mir sucht nach Gelegenheiten zum Klettern und Kratzen.

Männer sollten also genauso groß sein wie der Platz im Herzen einer Frau den es zu füllen gibt und ich persönlich habe wohl einfach ein sehr großes Herz.

Richard schmunzelte und lachte dann laut auf.

Sie war köstlich und er vermisste sie schrecklich.


 






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