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74.

Sue war komplett schockiert, aber sie erwachte aus ihren eigenen Tagträumen und schleppte die heulende Salome mehr schlecht als recht ins Haus, denn ihr Schlüssel war wo er hingehörte.

Ok, das war also der Moment der Würdelosigkeit, der Moment in dem sie nur Frauen waren die um zerbrochene Träume weinten und so sank sie neben Salome auf die Couch und brach ebenfalls in Tränen aus.

Wieso musste das alles nur so schrecklich kompliziert sein?

Warum konnte er nicht Metzger sein, denn dann hätten sie das Abendessen schon zusammen?

Wieso musste der geheimnisvolle Übernachtungsgast gehen?

Sue stellte sich so viele Fragen, fand aber beim besten Willen keine Antworten darauf.

Männer brachten eigentlich immer nur Unglück dachte sie bitter und biss sich fest auf die Lippe, aber waren Salome und sie wirklich die Art Frauen die sich davon unterkriegen ließen?

Wie alle Menschen hatten sie das Recht unglücklich zu sein und zu weinen wenn ihnen das Herz brach, aber Sue wusste, dass sie sich eigentlich nur reinigten.

Sie brachte Salome in ihr Bett und schob sich neben sie, die Wangen tränennass, aber der Mund entschlossen.

„Wie lange wird er weg sein?“

„Viele Monate.“ Schluchzte Salome, ohne wirklich zu wissen ob das stimmte.

„Weit weg?“

Salome nickte niedergeschlagen.

„Dann denk an die großen Vögel aus Stahl, die dich dorthin bringen wo deine Träume beginnen.“

 

Am nächsten Tag kam Gregori an und sah Salomes verweinte Augen mit grimmiger Miene.

„Bist du ein Baby oder bist du meine Schwester?“ fragte er hart und sie schob das Kinn vor wie sie es immer getan hatte.

„Ich bin ein Kämpfer. Bilde mich aus.“ Knurrte sie und so schob er sie in seinen Wagen.

In einem Schwimmbad wartete Vlad schon auf sie, riesengroß und so breit wie ein Schrank.

„NA dann los. Wehr dich.“ Rief Gregori und schubste Salome mit ihren ganzen Kleidern ins Wasser.

Salome kämpfte sich an die Oberfläche und schnappte nach Luft, doch da stürzte Vlad sich schon auf sie und rang sie wieder nieder.

Zufrieden grinsend sah Gregori zu wie seine Schwester um Vlad herumschwamm und ihn fest an den Hosenbeinen zog, wie sie seinen Kopf zwischen ihre Beine klemmte und so an die Oberfläche konnte ohne die Kontrolle zu verlieren und wie sie ihn kniff und an seinen Ohren zog anstatt gegen den Wasserwiederstand zu kämpfen.

Salome war immer eine gute Schwimmerin gewesen und ihre Ausbildung als Sängerin gab ihr das Vermögen mit ihrem Atem trotz Anstrengung sparsam umzugehen.

Aber Vlad war auch nicht dumm und so hörte er auf zu strampeln und ließ sich langsam sinken, Salome mit sich reißend.

Jeder der Gregori und Salome nicht kannte hätte denken mögen, dass es grausam war seine eigene kleine Schwester solchen Gefahren auszusetzen, aber Gregori wusste, dass Salome es versuchen wollte, dass sie die Anstrengung in ihren Armen und den Sauerstoffmangel in ihren Lungen wirklich spüren wollte.

Grinsend merkte Gregori wie Salome den Druck ihrer Schenkel auf Vlads Schläfen erhöhte, mit den Fingern Druck auf seine Augen andeutete und als er sie Hände hob um an ihren Beinen zu zerren, deutete sie an seine Finger zu brechen.

Gregori steckte die Hand ins Wasser und wedelte leicht.

Sofort ließ Salome los und kam hoch.

„Verdammt Greg. Das ist die kleine Salome? Wo hat sie diese schmutzigen Tricks nur her?“

Vlad fuhr sich erschüttert über die kurzen, farblosen Haare und sah Salome bewundernd an.

„Sie gehört der Blutlinie an, die im Ruf steht die Zarenfamilie um den Thron gebracht zu haben.“

Gregori klopfte seiner Schwester lobend auf die Schulter und sagte dann zu seinem Freund:

„Salome war ihr Leben lang klein und unterlegen, sie hat früh gelernt klüger und gemeiner als die Andern zu sein und wie du siehst hat sie nichts von dem was ich beigebracht habe vergessen.“
Stolz schwellte seine Brust und er musste über Vlad lachen, denn sein alter Freund dachte wie viele starke Männer, dass einer Frau, einer Mutter, einer Schwester nicht erlaubt sein dürfte sich in Gefahr zu bringen oder die Kampfkunst zu erlernen oder gar auszuüben.

Vladimir kannte Salome schon ihr ganzes Leben lang, sie war der Kronjuwel seines Freundes und Gebieters Gregori und Vlad hatte von Anfang an gewusst, dass Salome wertvoll war und dass es galt sie zu beschützen.

Als er jetzt aber die wachen, funkelnden Augen sah und die nassen Locken die sich um ihr wundervolles Gesicht mit den vollen Lippen und den süßen Wangen ringelten, musste er nicht ohne Unmut erkennen, dass Salome keine Männer brauchte um sich zu wehren.

Sie war wirklich durch und durch die Schwester Gregoris, sie hatte den gleichen Mut und die gleiche Durchsetzungskraft und wer sie nicht kannte seit sie ein Kind war, wusste nicht wie weit sie gehen konnte.

Salome benahm sich einfach nicht wie die Prinzessin die sie war.

Ehrt eure Mutter, eure Schwestern und eure Ehefrau, so lautete eine der Regeln des Kodex dem er sich verschrieben hatte, aber schon als kleines Mädchen war Salome wagemutig und listig gewesen, wo sie mit Muskelkraft nur mühsam angelangten, da wartete sie schon mit ihrem spöttischen Lächeln und fast hätte Vlad das vergessen.

Salome war eine Frau geworden und was für eine Frau, dachte er lächelnd und nickte Gregori zu als dieser ihn fragend ansah.

 

„So…Rettungsschwimmen meine Liebe?“

Salome nickte verbissen, auch wenn ihre Arme brannten und ihre Beine zitterten.

„Vlad wiegt ungefähr 100 bis 120 kg, er ist gute 20 cm größer als du und viel breiter.

Sagen wir jetzt mal er hat Angst vor dem Wasser und wie alle Menschen die kurz vorm Ertrinken stehen wird er sich wehren und dich daran hindern ihn zu retten.

Schaffst du es ihn eine Länge lang zu schleppen ohne ihn zu töten?“

Gregori benutzte absichtlich den herausfordernden Ton seiner Kindheit und sah wie Salome stur nickte.

Er erklärte ihr kurz wo ihre Arme hingehörten und schon ging es los.

Vlad strampelte was das Zeug hielt, schrie und wehrte sich wie angekündigt.

Salome glitt mit ihrem Unterkörper tiefer, versuchte sich und den Mann über Wasser zu halten, doch die Teile die nicht aus dem Wasser ragten waren unglaublich schwer.

Sie umklammerte die Arme und die Brust des Opfers fester, zog ihn näher an sich heran und beruhigte ihn mit sanften Worten, die leider nur keuchend aus ihrem Mund kamen.

Und dann war sie mitten drin, sie vergaß, dass das hier nur eine Übung war.

Er hatte Angst und er hatte Wasser geschluckt, nur das Adrenalin hielt ihn bei Bewusstsein und sie musste schneller sein als die Furcht.

Ihre Beine paddelten schnell und rhythmisch, denn allein der richtige Augenblick bestimmte die perfekte Balance von Kraft und Physik.

Salome atmete laut, bat Vlad ihren Rhythmus nachzuahmen und hob ihn etwas höher, damit keine etwaigen Wellen seine Angst schüren könnten.

Das Wasser schlug ihr ins Gesicht, sie kam an der Wand an, drehte sich um und strampelte zurück.

Sie musste es schaffen, das Wasser war zu kalt und sie spürte den Lockruf der Tiefe, sie musste ihn sicher an Land bringen.

Vlad beruhigte sich etwas, arbeitete spärlich mit und sie lehnte sich weiter zurück, glitt nun schnell und glatt durch das Wasser.

„Salome. SALOME!“

Jemand riss sie aus dem Wasser und legte sich auf den Rücken.

Dunkelblaue Augen schwebten über ihr wie Sterne als sie ihr jämmerliches Keuchen hörte.

Vlad kniete neben ihr.

„Was ist los?“ fragte er dümmlich.

„Salome? Salome?“ Gregori klang beunruhigt und dann zu Vlad: „Er kann kaum schwimmen.“


 






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