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Author's Chapter Notes:
Die Wahrheit über Salomes Vergangenheit








72.

Salome sah ihn sehr ernst an und stellte dann komplett belanglos fest:

„Du hast so einen dummen Namen an sich. Ich habe vor Kurzem einen Post über dich im Internet gelesen der sich mit eventuellen Spitznamen beschäftigt, aber weder Richie, das erinnert mich an einen Pseudo-Superhelden mit Sprachstörungen, noch Dick, du weißt an was das mich erinnert, gefallen mir sonderlich.“

Er blinzelte, was hatte sein Name mit Waffen zu tun.

„Donc, tu disais Richard?“ Sie sprach seinen Namen mit einem harten Zischlaut und einem schmelzenden A aus.

„Ah ja die Waffe. Nun, ich liebe dich und ich liebe Sue und Sue liebt Robert, aber das weiß sie noch nicht. Auf mich kann ich aufpassen, aber ich kann euch nicht alle beschützen ohne die angemessene Ausrüstung.“
Richard wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte, hatte Salome sich je genauer betrachtet?

Sie war winzig, weich und…nein, harmlos war sie nicht, sie hatte mehrmals versucht ihn anzugreifen und er erinnerte sich lebhaft an das Feuer in ihren Augen.

Aber wieso sollte sie ihn beschützen? War das nicht seine Rolle? War er denn nicht der Mann hier in dieser Beziehung?

„Deine Überlegung ist falsch, du bist sehr groß, du bist imposanter als ich und du siehst nicht aus wie die Person mit der man sich prügeln möchte…ABER, das bedeutet einen Mangel an Erfahrung.“

Er wollte ihr nicht so recht glauben.

„Ok zeig mir wie du dich gegen einen Mann meiner Statur wehren willst.“ Rief er leise und stand auf.

 

Als er nach ihr greifen wollte ließ sie sich lautlos zu Boden sinken und täuschte einen festen Tritt in sein Knie an.

„Du fällst.“ Wies sie an, er ging langsam in die Knie.

Sie täuschte einen Kick in den Kehlkopf an, sprang behände auf, drückte ihn auf den Boden und wisperte.

„Das kommt wahnsinnig gut auf einer Wiese, wo der Schlamm einem in den Mund sprudelt. Aber auf Asphalt ist auch schön. Dann kann ich den Parmesantrick machen.“

Er gab ein fragendes Grunzen von sich während sie sein Gesicht nur einen Haarspalt breit über dem Parkett schweben ließ.

Kichernd bewegte sie sein Gesicht in hobelnden Bewegungen über den Boden, ohne dass es je zu tatsächlichem Kontakt kam.

„Wenn ich jetzt aufspringe, kann ich dir die Arme, das Rückgrat oder das Genick brechen.“ Knurrte sie an seinem Ohr und er wimmerte leise um ihr zu verstehen zu geben, dass er ihr glaubte.

„Wo hast du das gelernt und wie oft hast du das getan?“ fragte er als er sich auf der Bettkante niederließ und tief durchatmete.

„Ich habe 2 Stiefbrüder die mich hassen.“ Sie lächelte.

„Ich habe meistens auf ihre Schienbeine gezielt und in den Magen getreten um sie dann mit dem Gesicht durch ihr eigenes Erbrochenes zu ziehen.“

Sie sprach so sachlich, dass man fast vergessen konnte, dass sie über rohe Gewalt sprach.

„Du bist echt gefährlich, ich bin froh, dass du mich nie wirklich angefallen hast.“

„Ich auch, denn dann wärst du vielleicht schon tot.“ Da war kein Humor in ihrer Stimme, sondern nur eine ernste Verkündung einer Tatsache.

„Ich habe Matthias, meinem ältesten Stiefbruder mal die Hand gebrochen.“

Gab sie dann leise zu.

„Wie das denn?“ Er war sich nicht sicher ob er das wirklich hören wollte, aber er definitiv wollte er mehr über sie erfahren.

„Er wollte mir eine reinhauen, also bin ich seiner Faust mit Meiner begegnet…NUR…ich hatte ein Bügeleisen in der Hand.“

„Aber…“

„Du hast einen Bruder? Er mag dich sicher, wer würde dich schon nicht mögen, aber hey, ich bin klein, ich war das einzige Mädchen und mein Bruder hat mich ein wenig zu sehr geliebt, was bedeutet, dass ich den ganzen Hass meiner Stiefbrüder abbekam.

Es hat mich früh gelehrt wie man sich wehrt.

Matthias hat mir einmal eine tote Maus ins Bett gelegt, ich habe den Kaktus meiner Mutter 20 Minuten lang in seinem Bett hin und her gerollt.

Er hat mich an den Haaren gezogen, ich habe ihm rosa Einhorntapete auf den Kopf geklebt.

Er trug damals einen feschen Bürstenschnitt, danach trug er eine fesche Glatze, weil Sekundenkleber und Rache hartnäckig sind.“

 

Richard betrachtete sie mit ganz neuen Augen.

Man hatte sie also geschlagen und unterdrückt und deshalb konnte sie sich heute so gut auf Situationen einstellen und war bereit jeden Schatten anzugreifen.

„Ich wünschte ich könnte dir die Angst nehmen.“ Wisperte er zärtlich.

„Ich habe keine Angst um mich, ich habe Angst um dich. Zu viel ist gewusst, zu viele Menschen verlieren heute den Verstand und wollen sich aneignen was ihnen nicht zusteht. Sues Schönheit, dein Geld, Roberts Ruhm.

In meinem Herzen lauert die Angst, dass jemand verletzen könnte was ich liebe und ich habe zu lange mit Gregori gelebt als dass ich nicht wüsste was meine Pflicht ist.

Er hat ein Leben lang seine Hand über mich gehalten und ich werde dasselbe für euch tun.“
Sie sah ihn sehr ernst an, denn sie spürte die Gefahr in ihrem Nacken, spürte, dass ihre Angst nicht unbegründet war.

„Halte dich vom Wasser fern.“ Murmelte sie.

„Sowieso.“ Er lachte nervös.

„Nein, tu es wirklich…Die Angst ist unser Käfig und Menschen spielen mit dieser Angst weil sie die einzige Art ist uns zu brechen.“

Salome sprach ihre tiefsten Gefühle aus, sie klammerte sich an seinen Hals als wolle sie ihn jetzt schon retten vor einer Gefahr die erst geboren werden musste.

„Salome, du machst mir Angst, was ist los?“

Richard wurde nervös, er hatte sie noch nie so angespannt gesehen, so furchtsam.

„Du bedeutest mir viel, du bedeutest mir alles und ich fürchte, nein, ich weiß, dass jemand dir schaden möchte.

Pass auf dich auf, wo immer du auch hingehst.

Halte dich von tiefen Wassern fern.

Beobachte die Schatten, denn…

Wenn du nicht wiederkommst, dann werde ich dich holen, wenn es sein muss auch aus dem Paradies oder der Unterwelt.“

Er konnte nicht glauben, dass jemand ihm etwas Böses wollte, aber er glaubte ihr und er sah die ehrliche Angst in ihren Augen.

Was sah sie was er nicht sah?

„Aber könntest du einen Menschen töten?“ Die Frage lastete ihm schwer auf der Seele.

„Ich bin Russin, ich bin Französin, also ja, um dich oder einen der Meinen zu schützen, würde ich einen Menschen erschießen, erstechen oder vergiften.“

„Aber du musst mich…also…ich kann auf mich selbst aufpassen. Du bist doch dauernd verletzt.“

Ihre Worte kamen ihm unlogisch vor, doch sie sah ihn lächelnd an.

„Mut wird mit Blut bezahlt mein Schatz. Nun schlaf und mach dir keine Gedanken.“
Sie sang auch ihn in den Schlaf, während ihre Augen brannten unter der Last der Tränen die sie nicht weinen wollte.

Er würde gehen und einer unbekannten Gefahr ins Auge sehen und sie konnte nur hoffen, dass sie da sein würde wenn der Moment gekommen war in dem sie für alles Wahre und Gute einstehen müsste.

Sie flehte alle Götter der Weltreligionen an ihre wohlwollende Hand über jene zu halten die sie liebte, aber die Stille der Nacht verhöhnte sie.

Am nächsten Morgen wachte sie erschlagen und unglücklich auf, erhob sich mühsam und setzte Kaffee auf.

Als sie seine große Gestalt in der Tür sah, blieb ihr Herz stehen.






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