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45.

Salome wäre Matthew am liebsten an die Gurgel gegangen, zügelte sich jedoch und sprach leise:

„Danke Sir, mir geht es gut, wagen Sie es ja nicht mir zu sagen, dass ich blute, weil ja, das ist mir sehr wohl bewusst.“

Eigentlich war ihm ganz übel und mulmig zumute, aber das konnte sie ja nicht zugeben.

„Miss  Sie sind weiß wie ein Laken und Sie haben ganz sicher Schmerzen, lassen Sie sich doch bitte helfen.“

„Holen Sie Armitage, den mag sie gern sehen und vielleicht kann der sie überreden.“ Schluchzte Sue und Matthew hob eine Augenbraue.

„Ist das so?“ murmelte er leise und bekam einen düsteren Blick von Salome dafür.

„Richard komm doch bitte mal her. Die junge Dame denkt du könntest von Nutzen sein.“

 

Das ist ja die Höhe, dachte Salome aufgebracht und musste sich an der Tischkante festhalten um nicht umzufallen. Jetzt kamen die auch noch alle her.

„Miss? Sie bluten stark und müssen ins Krankenhaus.“ Richard hatte sich neben den Tisch gekniet und Salome sah wie Matthews Frau hinter Sues Rücken eine Augenbraue hob.

Das wurde ja immer besser.

„Lassen Sie sofort mein Bein los Sie Verrückter.“ Schimpfte sie, doch als sie ihm das Bein entziehen wollte spürte sie einen Schwall Feuchtigkeit an ihrem Knöchel.

„Miss, das ist jetzt nicht die Zeit um zu scherzen.“ Richard klang drängend und als sie zu ihm hinunter sah, erkannte sie, dass seine Hände voller Blut waren.

Sie mochte Blut nicht besonders und schloss die Augen, gleich würde es besser gehen, gleich würde alles aufhören sich zu drehen.

Sue sah mit stummer Demut zu Matthew hoch, er war immer noch der strahlende Held in ihren Augen, denn er hatte Armitage wirklich geholt und anscheinend ließ sich Salome dann doch langsam aber sicher erweichen.

„Jetzt reicht es. Rufen Sie einen Krankenwagen.“ Befahl Richard dem Kellner und klopfte Salome leicht auf die Wange.

Sie war schon wieder der Ohnmacht nahe, dachte er, doch die Augen mit denen sie ihn anfunkelte waren wach und voller Wut.

Sie wollte ihn nicht sehen, nicht jetzt und nicht hier.

„Es tut mir so leid, ich wollte nur das Beste aber ich habe mich falsch angelegt.“ Wisperte er, wohl wissend, dass man seine Worte auch auf die Bestellung des Krankenwagens beziehen konnte.

„Ist schon gut. Danke.“ Nuschelte Salome und legte unter dem Tisch ihre Hand auf die Seine.

Er war ehrlich besorgt um sie und fragte sich wie er sie verlassen konnte wenn sie sich schon in London verirrte, denn er glaubte kaum, dass sie sich freiwillig so weit von zuhause entfernt hätte?

Und wenn sie sich dauernd wehtat?

 

Die Sanitäter kamen an und sahen nach Salomes Bein.

„Haben Sie denn nicht schreckliche Schmerzen?“ fragte er sie fassungslos.

Sie verneinte eisern und er sah sich den blutgetränkten Verband genauer an.

„Miss Sie haben sich den ganzen Fuß aufgeschnitten, wie haben Sie das gemacht?“

Sie zeigte wortlos auf einen Kübel aus Bronze der dazu gedacht war die Regenschirme reinzustellen und über den sie gefallen war.

„Sie scheinen ein echter Pechvogel zu sein.“ Scherzte der Mann während er sich fragte ob Salome genäht werden musste.

„Das sagen Sie richtig, aber nein, ich gehe jetzt nichts ins Krankenhaus. Fahren Sie mich nach Hause?“

Sie war geistesgegenwärtig genug nicht ihren Nachbarn danach zu fragen, weil es sie dann doch irgendwie verraten hätte.

„Sicher doch, aber dann müssen Sie es fest binden und einige Tage ruhen.“

Machte sie je etwas Anderes als ruhen?

„Oh machen Sie sich keine Sorgen, ich habe noch hunderte Stunden Filmmaterial anzusehen.“ Murrte Salome grimmig und sah aus den Augenwinkeln wie alle Anwesenden außer ihr und dem Sanitäter zusammenzuckten.

„Oh sind Sie in der Branche tätig?“

„Nein, aber meine Freundin ist eine Fanatikerin.“ Murrte Salome und begann mit dem Stift den sie dem Sanitäter stibitzt hatte einen Strip auf die Mappe die unter den Tellern lag zu zeichnen.

Wie bringt man seinen Haushalt dazu sich selbst zu reinigen? Sie malte John wie er eine Menge Krümel mit der Zunge vom Boden aufleckte, einen imaginären Kanarienvogel wie er auf der Flucht vor einer imaginären Katze die Schränke abstaubte und Sue wie sie den Fernseher sauber leckte.

Oh sie war fies, dachte Salome.

Aber da sie nicht reden wollte, malte sie einfach weiter.

Sie malte sich nach dem Sturz, ihr Comic-Ich natürlich und drei Männchen die erstaunlich den Schauspielern die vor ihr standen ähnelten mit einem Halo aus gleißendem Licht.

Das letzte Bild deckte dann auf, dass sie in einer Blutlache lag und das Licht lediglich von der Lampe hinter ihnen kam.

Sie wurde immer fieser, schalt sie sich.

„Hey das ist gut, das könntest du der Zeitung schicken.“ Schlug Sue vor um sie abzulenken.

„Oh Sie sind also Journalistin?“ Der Sanitäter schien die gleichen perversen Neigungen zu haben wie Sue.

„Nein ich bin spontane Blutspenderin und der Teppich kam mir ein wenig anämisch vor.“

Salome war in Höchstform.

„Sind Sie Satirikerin?“ „So was in der Art.“ Erwiderte Salome leise und blinzelte verwirrt.

„Mal mal voran  Meister…“ grummelte Richard und Sue sah verwundert zu ihm auf.

„Ich hätte nie gedacht, dass die so nett sind.“ Flüsterte sie ziemlich laut.

„Why? Nur weil die `nen Stock im Arsch haben können sie doch nett sein.“ Salome öffnete die Augen nicht mal, sie konnte sich die schockierten Gesichter vorstellen.

„Also zuhause hast du noch nicht so abwertend geklungen.“ Schalt Sue leise und Salome errötete.

„Hey kann mal jemand Sue ein Autogramm geben bitte? Dann hält sie vielleicht die Klappe?“ giftete Salome und spürte wie warme Hände sich des Stiftes ermächtigten den sie immer noch zwischen den Fingern hielt und kurz danach hörte sie die Mine über das Papier kratzen.

„Oh danke, das wäre doch nicht nötig gewesen. Ich…es tut mir leid, Salome kann manchmal etwas kratzbürstig sein.“

„Ich mag diesen Guy nicht.“ Wisperte Salome unbewusst wiederholend was sie Richard schon vorher gesagt hatte.

„Salome? Ich glaube du bist in einem Delirium. Wir gehen jetzt nach Hause, dann kannst du mit Nachbars Pulli kuscheln und ich erzähle dir eine Geschichte.“ Stammelte Sue nervös.

„Ja klar, so lange von denen da keiner drin vorkommt soll es mir recht sein.“

Salome schämte sich für ihr Verhalten, aber sie hatte gelogen, sie hatte Schmerzen und sie wünschte…

„Gute Nacht Miss. Ich hoffe es geht Ihnen bald besser.“ Richard gab ihr die Hand und strich unbemerkt mit seinem Daumen über ihren Handrücken.

„Pass auf dich auf. Ich…habe dich sehr lieb.“ Flüsterte er leise als er sich hinunter beugte um ihr einen scheinbar freundschaftlichen Kuss auf die Wange zu geben, der Sue aufseufzen ließ.

„Danke Mister A., wissen Sie was? Ich mag Ihre Arbeit wirklich und Sie haben ein atemberaubendes Gesicht.“

Salome kicherte als sie sein Lächeln sah und sonnte sich in seiner Schönheit, nein, eindeutig hätte sie nichts dagegen gehabt mit diesem Anblick vor Augen zu sterben.

Richard sah ihr nach wie sie auf einer Trage in den Krankenwagen gehievt wurde.

„Ich denke sie ist ganz in Ordnung.“ Sagte Matthews Frau.

„Ich denke wir sollten einen Geschenkkorb schicken.“ Fügte sie dann hinzu und strich Richard leicht über den Rücken als er dem Wagen nachsah wie ein Hund den man am Straßenrand ausgesetzt hatte.







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