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Author's Chapter Notes:
Zu der ominösen Kussszene








16.

„Na da haben wir aber mal einen Fan.“ Matthew nahm es mit Humor, doch seine Augen verrieten, dass er sich mehr Gedanken machte als es den Anschein hatte.

„Du hättest uns bitten können zu gehen.“ Wandte er sich dann an Salome, doch sie schüttelte den Kopf.

„Nein, Sie…Ihr wart so gut mich nach Hause zu geleiten und ich werde nicht Freunden die Tür zeigen weil mein Bruder glaubt er müsse den großen Beschützer raushängen lassen.“

Sie klang ernst und etwas niedergeschlagen.

 

Spontan legte Richard seine Arme um ihre Schulter und zog sie in eine warme, freundschaftliche Umarmung.

„Das war viel Aufregung und Erniedrigung für einen Tag.“ Murmelte er in ihr Haar und war überrascht als sie ihre Arme auch um ihn schlang.

Sie atmete tief diesen Geruch ein der sie fast einen ganzen Tag lang begleitet hatte.

Vertrauensvoll lehnte sie die Wange an seine Brust und lauschte seinem regelmäßigen Herzschlag.

Fühlte es sich so an einen Mann zu halten? Sein Herz zu hören? Seine Haut zu riechen?

Ihre Hände glitten suchend über die Muskelstränge seines Rückens, liebkoste ihn ohne es zu wissen oder zu merken.

Sie konzentrierte sich ganz auf diesen anderen Körper der dem Ihren so fremd war.

Er roch nach Mann, nach Waschpulver und nach kalter Luft, dachte sie und schnupperte erneut an ihm.

Für sie war er nur der Nachbar, der Mann der am Ende der Straße wohnte, klebrige Pasta zauberte und seltsame Nachtspaziergänge machte.

„Geht es dir besser?“ Er fragte leise, mitfühlend und sie dachte darüber nach, dass sie nie gesagt hatte, dass es nicht gut ging.

Sein Atem strich warm an ihrer Wange entlang und sie merkte, dass sie es genoss.

 

Überrascht sah sie auf und berührte seine Wange mit den Fingerspitzen.

Sie fühlte sich rau an, leicht erhitzt und so bekannt als hätte sie das schon tausende Male getan.

„Hmmm.“ Löste es sich aus ihrem Mund und ihr Finger glitt an seinem Kinn entlang.

„Hmmm.“ Wiederholte sie und berührte federleicht seine Unterlippe, seine Augenbrauen und seine Stirn.

„Ehm…Ok…“ Matthew sah ihr belustigt zu, während Richard es nicht wagte mehr als nur die Augen zu bewegen.

„Er ist ein Mensch, genau wie du. 2 Augen, 2 Lippen, 2 Ohren und eine Nase.“ Spottete Matthew und erntete 2 entrüstete Blicke.

„Schon gut, macht nur weiter.“ Matthew hob lachend die Arme in einer resignierenden Geste und lehnte sich entspannt auf der Couch zurück.

Auf dem Tisch lag eine Liste mit Filmen und er legte den Kopf schief als er erkannte, dass Salome das mit der Recherche durchaus ernst gemeint hatte.

John sah ihn abwartend an und wedelte mit dem Schwanz als er den großen Kopf streichelte.

„Sie ist schon eine seltsame Nummer deine Herrin, nicht wahr?“

Matthew las sich die Liste durch und musste schmunzeln, die Frau hatte eindeutig zu viel Zeit.

 

„Ehm ihr könnt ja schon mal mit dem Film anfangen, ich muss nur noch schnell etwas arbeiten.“ Murmelte Salome gerade und scheuchte die beiden in die Fernsehecke des Wohnzimmers.

„Das werde ich lesen müssen.“ Murmelte Richard und kramte das neumodische Handy aus der Tasche.

„Du bist ein elender Stalker Armitage.“ Flüsterte Matthew und knuffte den Freund unsanft in die Rippen.

 

Liebe Leser,

Heute hat mein Bruder mich besucht und er wollte mich doch tatsächlich von hier wegbringen, was ich natürlich nicht zulassen konnte.

In der Tat liebe ich mein neues Zuhause und bevor irgendjemand von euch etwas sagen kann, nein, das hängt, wenn auch ein klein wenig, nicht nur mit meinem mysteriösen Nachbarn zusammen.

Den habe ich übrigens beim nächtlichen Gassi gehen angefallen weil ich dachte, dass er ein Räuber oder sonstiger Rüpel wäre.

Tatsächlich war es aber nur mein erstaunlich sportlicher Nachbar in einem sehr ansprechenden Mantel.

Meine Kleider hat er aber immer noch und deshalb werde ich ihm seinen Pulli auch nicht zurückgeben. Ha!

Liebe Leser, mein Nachbar wird mir mit jedem Tag sympathischer und ich denke wir hatten lediglich einen denkbar schlechten Start, denn er scheint in der Tat ein recht liebenswürdiges Kerlchen zu sein wenn man bedenkt, dass er meinen Hund versorgt hat.

Liebe Sue, bitte mach dir keine Sorgen.

Und weil ich dich heute genug geärgert habe: Ich schließe Armitage und Macfadyen in meine Gebete ein, aber mit den Gesichtern sind sie Gott wahrscheinlich eh näher als ich.

Ich werde mir alle Filme ansehen die du mir vorschlägst und seufzen wie es sich gehört.

 

Salome nickte zufrieden und wandte sich den Männern zu.

Der Fernseher war schwarz und leer und doch schienen sie sich königlich zu amüsieren.

Sie würde sich definitiv mit Sue alles ansehen was sie mitbrachte und insgeheim an den netten Nachbarn denken, der nur einige Häuser von ihr entfernt wohnte und gerade in dieser Sekunde auf ihrem Sofa saß als gehöre er nirgends anders hin.

Er war etwas unbeholfen, wahnsinnig bodenständig, ja fast schüchtern und so unterstützend, dass sie ihn kaum mit den strengen und bösartigen Rollen verbinden konnte.

Sie mochte ihn als Künstler und bewunderte ihn als Mann.

Weil es nicht ihre Art war, dachte sie nicht über das Feuer in ihren Wangen und über das Brennen in ihrem Bauch nach, sie hinterfragte auch nicht die fast religiöse Demut die sie verspürt hatte als sie sein Gesicht berührt hatte, nein, sie wusste er war schön und wahrscheinlich einfach schöner als der Rest der Männer die sie je gesehen hatte.

„Kommst du?“ Er sah auf und lächelte sie verhalten an.

„JA.“ Rief sie und warf sich zwischen die beiden, atmete tief den Duft ein der diese Räume seit jeher erfüllt hatte: den nachlässigen Duft der Männlichkeit.

„Na alles klar Kleines?“ Matthew knuffte auch sie und sie sah grinsend zu ihm auf.

„Ich denke schon.“ Sie ging in die Küche und kam mit einem Rest Keksen zurück.

 

Richard verstand nicht, dass diese Frau die seelenruhig ihre Kekse aß und bei jeder Actionszene zusammenzuckte die gleiche Frau war wie die, welche sich mit flammenden Augen als Schwert und weißer Haut als Schild schützend vor ihn gestellt hatte.

Er sah sie von der Seite her an und lächelte über die kleine Stupsnase und das breite Grinsen, sie freute sich, hatte sich an sie gewöhnt und erfreute sich an ihrer Anwesenheit.

Ihr gieriger Mund verschlang einen Keks nach dem Andern und kleine Krümel bedeckten ihren weichen Busen.

Das Kind im Frauenkörper, dachte er, die Tigerin im Leibe eines Schmusekätzchens.

Er hielt ihr die Hand hin und sie hauchte einen klebrigen Kuss auf seine Handfläche bevor sie sagte: „Du hast Kekse bekommen, die hier sind für mich.“

Damit wandte sie sich wieder dem Film zu während seine Handfläche in Flammen stand.

Sie hatte ihn berührt wie man ein Kunstwerk berührt, als wäre es verboten und doch so voller Neugierde und voller Tatendrang, dass er nicht länger an sich halten konnte.

Er beugte sich zu ihr rüber und als sie fragend aufsah, berührte er ihr Kinn nur mit dem Zeigefinger, hob es leicht an und berührte ihre Lippen mit den Seinen.

Salome schloss die Augen als die Welt im Nichts versank.


 






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