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Author's Chapter Notes:

 

Die Orte Rowsley und Beeley sowie den erwähnten Gasthof gibt es wirklich, dieser gehört zum Besitz der Duchess of Devonshire und zu Chatsworth House... Homepage:

http://www.devonshirebeeley.co.uk/










 

William Darcy kam viel weiter als gedacht. Er war selbst überaus erstaunt über die Tatsache, dass das betagte Auto sehr zuverlässig zu sein schien und ihn über Bedfordshire, Northamptonshire und Leicestershire bis in die Mittelgebirge von Derbyshire karrte ohne unterwegs auseinanderzufallen.

Der Teufel sollte doch alle Weiber dieser Welt holen! Was waren diese blöden Gänse verglichen mit der schönen Landschaft und der prachtvollen Natur hier oben.

Er atmete tief ein und wieder aus, während er seinen Blick von der Anhöhe aus über das Land streifen ließ. Super, hier konnte man frei atmen und gleich fühlte man sich um Klassen besser.

Beschwingt setzte er sich wieder hinters Steuer und fuhr weiter. Er pfiff einen Song aus dem Radio fröhlich mit und sah mit leicht zusammengekniffenen Augen, wie die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwand und die Abenddämmerung einsetzte. Schön. Nun musste er sich nur noch ein Plätzchen zum Schlafen suchen, eine kleine Farm vielleicht, wo er für heute Nacht freundliche Aufnahme für wenig Geld finden würde. 

Er hatte gerade zu Ende gedacht, als der Motor des VWs ins Stottern geriet und er ein gutes Stück hinter Rowsley mit der Rostlaube mitten im Nirgendwo liegenblieb.

Verdammter Mist! Er hatte vergessen zu tanken! Es lag nicht am Auto, es lag an ihm, an seiner Gedankenlosigkeit, an seiner eigenen Unzulänglichkeit, dass er nun hier gestrandet war. Natürlich hatte er auch keinen gefüllten Reservekanister bei sich, denn wer beugte denn schon für seine eigene Blödheit vor!

Herrschaftszeiten! Er fluchte lautstark vor sich hin, während er notgedrungen seinen Rucksack vollpackte und den Wagen unter Gekeuche von der Straße wegschob, um ihn auf einem einsamen Feldweg abzustellen. Dort schloss er die Kiste ab und zog missmutig zu Fuß los.

Er hatte sich auf einen langen Marsch eingerichtet, weswegen er auch eine moderne lichtstarke Taschenlampe mitgenommen hatte, und war von daher umso erstaunter, dass er nach nicht einmal einer halben Stunde Fußweg die Lichter eines Dörfchens vor sich erscheinen sah. Gut, das war Glück im Unglück.

Ein leicht zufriedenes Grinsen erschien sogar auf seinem Gesicht, als er vor dem Gasthof Devonshire Arms - gelegen in Beeley, wie er nun herausgefunden hatte – Halt machte.

Erleichtert öffnete er die Tür zum Pub, wo ihm sogleich das Licht und die Wärme sowie die typische Geräuschkulisse einer Gastwirtschaft und deren Gerüche entgegenschlugen.

William nahm den Rucksack ab und zog seine warme Jacke aus, dann setzte er sich an einen kleinen Ecktisch, von wo aus er die Gaststube gut übersehen konnte.

Er bestellte sich ein Bier und besah sich die auf einer Schiefertafel angeschriebenen Menüs. Nun ja, er würde sich ein warmes Essen leisten können, so teuer war es hier zum Glück nicht.

Während er auf sein Getränk wartete, schweifte sein Blick über die anderen Gäste. Es war William klar, dass sich hierher nur selten Fremde verirrten, und wenn, dann würden diese allerhöchstens tagsüber auf der Durchreise für ein kurzes Mittagsmahl hier Station machen.

Die Bedienung stellte ihm mit einem freundlichen Lächeln sein Bier auf den Tisch und nahm seine Essensbestellung auf. Als sie den Blick über den Gastraum wieder freigab, erstarrte William zur Salzsäule: Elizabeth Bennet saß freundlich plaudernd an der Bar! Wieso hatte er sie bei seinem Eintreten nicht gesehen und wieso hatte sie ihn nicht wahrgenommen? Es gab nur eine Erklärung: Sie musste in den Minuten zuvor auf der Toilette gewesen sein und war erst als die Bedienung ihm für ungefähr eine Minute die Sicht versperrt hatte von dort an die Bar zurückgekehrt. Oh, blieb ihm an diesem Tag aber auch gar nichts erspart! Himmelherrgottsakrament!

Er wollte sich gerade in seinem Eckchen unsichtbar machen, als Miss Bennets Blick an ihm haften blieb. Ihre Verblüffung war ebenso groß wie die seine, zweifelsohne. Fast wie in Zeitlupe, so schien es William, erhob sie sich vom Barhocker, entschuldigte sich offensichtlich bei ihren Gesprächspartnern und kam unendlich langsam auf ihn zu.

Seine Ohren glühten, und das sicher nicht allein wegen seines Marsches durch die kalte Nacht.

„William, wie kommst du denn hierher?“

Er schluckte, zuckte ratlos mit den Schultern und antwortete so beiläufig wie möglich: „Ich mache Urlaub.“

„Hier? In Beeley?“

„Nicht… nicht direkt. Ich bin auf der Durchreise.“

„Aha. Wohin soll’s denn gehen?“

Erneutes Schulterzucken, gefolgt von seiner gepresst klingenden Antwort: „Wohin mich mein Weg halt so führt.“

Er musterte sie verstohlen und wunderte sich insgeheim, wo ihre dreieinhalb Zoll hohen Designer-Pumps und ihr Escada-Kostüm wohl geblieben sein mochten. Sie gab ein eher ungewohntes Bild für ihn ab, in einfachen Jeans und einer Cardigan-Kombination, die zugegebenermaßen sicherlich aus edlem Kaschmir bestand.

Elizabeth Bennet hatte es sichtlich die Sprache verschlagen. William hier auf dem Grund und Boden ihrer Vorfahren zu sehen, war mehr als eine Riesenüberraschung. Er sah unverschämt gut aus, seine Augen glänzten wie Saphire, wohl von der kalten Winterluft draußen. Seinem prall gefüllten Rucksack nach zu urteilen, war er anscheinend auf einer Wanderung gewesen.

Sie nickte nur höflich und schwieg. William war irritiert. Und nun? Das Schweigen zwischen ihnen wurde zu einer peinlichen langen Stille, in die hinein man nur die gedämpften Stimmen der anderen Gäste hörte.

Schließlich räusperte er sich und sagte heiser: „Ich… ich hatte eine Autopanne.“

Froh, dass die Unterhaltung wieder in Gang kam, fragte sie sofort nach: „Wo?“

„Etwa eine halbe Stunde von hier, irgendwo zwischen Beeley und Rowsley.“

„Was ist kaputt?“

Er wand sich ein wenig es zuzugeben, würgte dann aber doch verlegen hervor: „Eigentlich nichts. Ich hatte kein Benzin mehr.“

„Oh.“

Er nippte peinlich berührt an seinem Bier und sah stumm auf den polierten Tisch vor sich.

Elizabeth Bennet nahm die Dinge in die Hand, so wie sie es gewohnt war: „Es ist nicht weit bis nach Creswell House, meinem Landsitz. Möchtest du hier im Devonshire Arms übernachten oder mit rüber zu mir fahren?“

Als sie seinen konsternierten Blick auffing, fügte sie rasch und unüberlegt hinzu: „Hier kostet es dich Geld, bei mir hingegen schläfst du kostenlos.“

William Darcy schnappte nach Luft und nahm einen kräftigen Schluck aus seinem Bierglas. Was sollte er ihr antworten? Dass sie unverschämt war und ihn ständig wie einen bettelarmen, verlumpten Typen behandelte? Dass er sehr wohl in der Lage war, für ein Zimmer in einem Landgasthof zu bezahlen? Oder – er bedachte sie mit einem geringschätzigen Blick – zielte sie sogar darauf ab, ihn in ihr Bett zu locken?

Was also sollte er nun erwidern?

Er holte tief Luft und hörte sich selbst wie durch einen Nebel sagen: „Ich bleibe besser hier. Ich habe außerdem ein Essen bestellt, das wohl gleich serviert wird.“

„Kein Problem, ich rede mit dem Wirt. Wir kennen uns schon seit meiner Kindheit, er wird es nicht für übelnehmen, wenn wir das Essen wieder abbestellen.“

Woher nahm sie diese Überheblichkeit? Woher nahm sie die Selbstverständlichkeit über sein Abendessen zu verfügen und wieso sprach sie zum Schluss auch noch von ‚wir‘?

„Elizabeth, ich möchte aber hier essen und hier übernachten. Hier – nicht bei dir, nicht in deinem hochherrschaftlichen Anwesen.“

Sie reagierte schnippisch: „Ja, du siehst es als Almosen, ich weiß schon. Du bist so schrecklich stur. Wahrscheinlich denkst du sogar, ich würde dich absichtlich nach Creswell House locken, um dich dort dann nach allen Regeln der Kunst zu verführen. Dabei wäre es ganz sicher das Letzte, was mir in den Sinn käme, mich an einen ungehobelten Klotz wie dich heran zu schmeißen. Eher würde ich einen ganzen Tag lang kalt duschen, als mich mit einem Typen wie dir abzugeben und wenn du auch noch so gut aussiehst. Du bist unter meinem Niveau! Und hier kommt auch schon dein warmes Süppchen, lass es dir schmecken. Leb wohl!“

Das hatte gesessen! Verdattert blickte er ihr nach. Sie raffte ihre Handtasche und ihre Klamotten zusammen, schlang sich hastig einen dicken Schal um den Hals und stürzte aus dem Pub hinaus in die Nacht.

William schob angewidert den Teller von sich, ihm war der Appetit gründlich vergangen.

Antriebslos zahlte er seine Zeche und fragte den Wirt nach einem freien Gästezimmer.






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