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Story Notes:

 

Damit geht es wieder chronologisch weiter, nachdem wir den Herbst des Kennenlernens und das Frühjahr mit den Ereignissen auf Rosings abgehakt haben, kommen wir nun zu den Dingen, die sich im Sommer, also auf Pemberley, ereignet haben (... könnten!)

 

DISCLAIMER


Alle Charaktere, Handlungen, Schauplätze etc. von „Ein herrlicher Tag", die auf dem Film "Pride & Prejudice" beruhen, sind Eigentum des rechtmäßigen Besitzers Universal Films, USA und Working Title Films, London.

Die von der Autorin selbst erschaffenen Charaktere und die Handlung des Romans „Ein herrlicher Tag", der zur Serie "Pride & Prejudice - was der Film nicht verrät" gehört, sind Eigentum der Autorin.

Die Autorin ist in keiner Weise mit den Besitzern, Erschaffern oder Produzenten irgendeiner Medienkonzession verbunden.
Vorsätzliche Verstöße gegen das Urheberrecht sind nicht beabsichtigt.

© Doris Schneider-Coutandin 2006

 




 

„Bruder, du musst sie dazu zwingen“, war ihre eindeutige Aufforderung.

Erwartungsvoll starrte Georgiana Darcy dabei die Besucherin an, vergaß fast, dass diese in Begleitung ihrer Tante und ihres Onkels gekommen war. Erst ein Räuspern ihres Bruders brachte sie wieder in die Realität zurück.

„Oh, Sie müssen verzeihen, wie unhöflich von mir. Mr. Gardiner“, sie knickste einmal, „Mrs. Gardiner“, und nun ein zweites Mal, „auch ich freue mich natürlich, dass Sie kommen konnten“.

In diesem Moment kam Mrs. Reynolds mit der Meldung, dass alles zum Essen gerichtet sei. Fitzwilliam Darcy nickte dankend mit dem Kopf. Dann überkam ihn eine Art Unsicherheit, denn er wusste nicht so recht, wie gemäß der Etikette am Günstigsten zu verfahren war. Er konnte ja schlecht eine der Damen allein zum Dinner gehen lassen. In leichter Ratlosigkeit zog sich fast wie automatisch seine linke Augenbraue nach oben.

Es entstand auch ein ungewohnter Augenblick der Stille im Musiksalon von Pemberley, seit Ankunft der Gäste war bislang nämlich ununterbrochen geredet worden. Damit dieser Augenblick nicht in Peinlichkeit ausartete, reichte er geschwind seiner Schwester den linken Arm. Dann – mit einem intensiven Blick – bot er in einer eindeutigen Geste den rechten Arm Miss Bennet an. Sie hakte sich jedoch nicht unter, wie Georgiana das auf der anderen Seite getan hatte, sondern legte lediglich, kurz lächelnd, ihre Hand ganz leicht auf seinen Unterarm. Mr. und Mrs. Gardiner folgten dem Dreiergespann.

Es war Fitzwilliam Darcy, als ob die Haut auf seinem rechten Unterarm in Flammen stünde. Durch das Hemd, durch die Frackärmel hindurch spürte er das sanfte Aufliegen ihrer Hand. Er hätte schwören können, dass es ihm möglich sein würde, dort nachher die verbrannte Haut in regelrechten Fetzen abzuziehen. Genauso hatte sich seine Hand letzten November angefühlt, als er Miss Bennet nach ihrem Aufenthalt auf Netherfield in die Kutsche geholfen hatte. Er versuchte, den Arm so ruhig wie möglich zu halten und nicht zu zittern. Mit einem kurzen Blick auf ihre dort ruhende Hand musste er jedoch überrascht feststellen, dass nicht er, sondern Miss Bennet gehörig am Zittern war. Ihre Finger zuckten ganz eindeutig nervös hin und her.

Seine Augenbraue schoss wieder reflexartig in die Höhe. Was hatte das zu bedeuten? War es ihr so unangenehm, dass sie seinen Arm hatte nehmen sollen? War es ihr gar zuwider? Nein, das hätte sie sicher gleich gesagt, offen wie es nun mal ihre Art war, wiegelte er selbst seine trüben Gedanken ab. Vielleicht wagte sie aber nur nichts zu sagen, um die Gardiners und Georgiana nicht zu brüskieren? Die Fragen schossen ihm wirr durch seinen Kopf. Um nicht vollends als Idiot dazustehen und den bislang ungewohnt guten Verlauf des Treffens nicht zu gefährden, entschloss er sich schnell, etwas zu sagen. Los, rasch, irgendetwas wenigstens.

„Nun, ich hoffe, das Dinner wird nach Ihrem Geschmack sein.“

Schwachsinniger Satz, aber besser als stumm wie ein Fisch Richtung Esszimmer zu stolzieren. Er fing einen Seitenblick von Elizabeth auf, der auszudrücken schien, dass sie diese Äußerung zwar als stupide, aber immerhin als höflich empfand. Der Seitenblick seiner Schwester hingegen besagte, er solle sich nicht wie ein Volltrottel benehmen, so jedenfalls interpretierte er Georgianas Aufblicken, auch wenn sie das nie im Leben ihm zu sagen gewagt hätte. Er wurde von Mrs. Gardiner gerettet, die sofort anmerkte, dass wohl kaum zu befürchten stünde, das Dinner würde sich nicht dem wundervollen Gesamteindruck des Hauses anpassen.

Man hatte zum Glück bald das Esszimmer erreicht, wo es an das Platznehmen ging. Georgiana löste sich vom Arm ihres Bruders und ging auf die Gardiners zu, um ihnen ihre Stühle zu zeigen und bat sie, sich sogleich zu setzen. Mr. Gardiner rückte seiner Gattin den Stuhl heran, bevor er um den Tisch herumging und sich selbst niederließ. Georgiana platzierte sich an der Seite von Mr. Gardiner. Elizabeth Bennet nahm die Hand vom Arm Mr. Darcys, was dieser sehr bedauerlich fand, aber leider unabänderlich war. Er wies mit einladender Geste auf den Platz gegenüber von Georgiana, beeilte sich auch sehr, ihr den Stuhl galant zurechtzurücken. Dann nahm er selbst am Kopf der Tafel Platz.

Die Sitzordnung gestaltete sich demnach so, dass rechts von ihm an der Längsseite also Miss Bennet saß und daneben Mrs. Gardiner. Auf der anderen Längsseite fand sich seine Schwester links neben ihm und dann Mr. Gardiner. Somit hatte alles seine festgelegte Ordnung. Die Bediensteten fingen mit Servieren an. Bereits der erste Gang war exzellent, dem Anlass angemessen, nicht übertrieben oder gar völlig überzogen.

Mr. Darcy sprach äußerst angeregt mit Mrs. Gardiner über die lokalen Gegebenheiten rund um Pemberley und Lambton, denn schließlich war sie ja ebenfalls hier aufgewachsen. Man redete über die Leute im Ort, Mrs. Gardiner gab die eine oder andere Anekdote zum Besten, was mehrere Male Anlass für Mr. Darcy war, lauthals aufzulachen. Elizabeth Bennet starrte ihn sprachlos an. Wenn er sein kehliges, aber herzliches Lachen ausstieß, wurde ihr plötzlich heiß und kalt zugleich. Sie hatte ihn kaum zuvor laut lachen sehen, hier auf Pemberley zum allerersten Mal überhaupt. Sie hätte bis zu diesem Tag Stein und Bein darauf geschworen, dass dieser Mann gar nicht wusste, dass ein Mensch auch lachen kann.

Der zweite Gang wurde aufgetragen. Auch da bestätigte sich der erste Eindruck, es war hervorragend zubereitet und schmackhaft, aber es war nichts Angeberisches oder Wichtigtuerisches an der Art der Zubereitung oder der Präsentation der Speisen. Der Lunch war absolut wohltuend in jeglicher Hinsicht.

Und da neigte sich Fitzwilliam Darcy zum ersten Mal während des Essens zu Miss Bennet und fragte sie sehr leise, so dass es die anderen wohl kaum verstehen konnten: „Schmeckt es Ihnen, sagt Ihnen alles zu? Es liegt mir wirklich viel daran, Ihre ehrliche Meinung zu hören.“

Sie wusste zunächst nicht, was sie antworten sollte, so verblüfft war sie über seine direkte Frage. Sie schluckte krampfhaft einen Bissen runter und drehte dann langsam den Kopf zu ihm. Zwei Augen in der Farbe des Himmels während der Abenddämmerung sahen sie an. Sie konnte dem Blick nicht für eine Sekunde lang standhalten, zu intensiv drang diese Schattierung von Blau in sie hinein.

Schnell senkte sie den Kopf wieder zu ihrem Teller und antwortete dann: „Selbst wenn ich zu den alleranspruchvollsten Personen gehören würde, was das Essen anlangt, könnte ich keinen einzigen Makel an diesem Mahl feststellen. Es ist wirklich köstlich, vielen Dank.“

Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem breiten Lächeln. Er bewegte unauffällig seine rechte Hand ein Stück weiter auf dem Tischtuch entlang bis er fast die Finger ihrer linken Hand dort berührte. Für einen kurzen Moment, nicht mehr als die Dauer eines Wimpernschlags, gab er seinem kleinen rechten Finger Gelegenheit, sich auf ihrer Hand auszuruhen. Sie zuckte sofort zusammen, zog in einem Reflex ihre Hand zurück und legte nun beide Hände vor sich in den Schoß. Er blickte in die Runde, um sicher zu gehen, dass es niemand sonst bemerkt hatte.

Obwohl Georgiana gerade mit Mrs. Gardiner über die vielen Rudel von Wild im Park von Pemberley sprach, gelang es ihr, ihm durch Schieflegen des Kopfes und einem schrägen Lächeln zu verdeutlichen, dass sie sehr wohl genau gesehen hatte, was da vor sich ging.

Fitzwilliam Darcy betrachtete seine Schwester, der dritte Gang wurde gerade serviert. Nun ja, sie war kein Kind mehr, so viel stand fest. Sie war mittlerweile sechzehn Jahre alt. Vielleicht hatte sie auch, nicht zuletzt durch die Sache mit Wickham, mehr Scharfblick als man ihr allgemein zutraute. Er musste aufhören, sie ständig und immer über zu behüten.

Aber so bald eine Frau - seine Frau - Einzug auf Pemberley halten würde, hätte sich das Thema sowieso erledigt, denn selbstverständlich würde sie eine gute Freundin und Schwester für Georgiana sein. Er schaute impulsiv Miss Bennet an und atmete schwer. Nach wie vor kam nur sie in Frage. Sie allein, oder er wollte für immer Junggeselle bleiben. Er konnte sich niemand anderen an seiner Seite vorstellen, war völlig fixiert auf sie.

Wer auch immer in der Vergangenheit, in meist eindeutiger Absicht, seine Gesellschaft gesucht hatte, ob es nun die bildhübsche und blutjunge, aber total naive Lady Annabelle Millrod war, oder Catherine Sandford-Leighton, die mit ihren achtundzwanzig Jahren schon den zweiten Ehemann ins Grab geschaufelt hatte und nun nach etwas eindeutig jüngerem Ausschau hielt, bis hin zu Caroline Bingley, die ihn nur zu gerne in ihre Krallen bekommen würde, sie alle hatten nun schon gleich gar keine Chancen mehr. Die ohnehin nie sehr hoch waren, fügte er seinen Gedankengängen noch mit leichtem Sarkasmus hinzu.

Er jedoch hatte es damals vor vielen Wochen an diesem gottverdammten Regentag in Kent gründlich vermasselt. Sein Glück, weggespült - nicht vom Regen, aber von seinem unverzeihlichen Fehlverhalten. Unwillkürlich griff er sich bei diesen schmerzvollen Gedanken an den Kopf.

Da hörte er Miss Bennets Stimme neben sich: „Mr. Darcy, fühlen Sie sich nicht wohl?“

Er schaute schnell in die Runde und beeilte sich zu sagen: „Nein, nein, es ist alles bestens, wirklich. Ich musste nur…, ich dachte nur an ein paar sehr wichtige Dinge. Verzeihen Sie vielmals. Ich hoffe, ich habe Sie nicht vernachlässigt, das wäre absolut unentschuldbar.“

Gerade wurde der letzte Gang gebracht. Elizabeth Bennet schenkte ihm ein ganz kleines Lächeln, bevor sie sich wieder dem Essen widmete. Es war nicht gut, dass er seine Gedanken so hatte abschweifen lassen, hoffentlich war Miss Bennet nicht unangenehm von seiner geistigen Abwesenheit berührt. Sie sollte ihn keinesfalls als schlechten oder nachlässigen Gastgeber erleben. So nahm er sofort wieder an der weiteren Konversation teil.

 





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