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Kapitel 3 – One of these days*
*Song by Kraak & Smaak (ja, die Band gibts wirklich ;-))

Elizabeth

Theresa teilte mir mit, Mr. Lucas warte bereits auf mich, als ich in die Kanzlei zurückkehrte. Ich legte meine Stirn in Falten – wir waren doch erst in einer Stunde verabredet… Oder hatte ich mich geirrt? Das wäre unheimlich peinlich…

Ich trat in mein Büro und sah, dass William Lucas nicht allein gekommen war, eine mir unbekannte Frau saß mit ihm vor meinem Schreibtisch. Bei meinem Eintritt standen beide auf und gaben mir die Hand.

„Verzeihen Sie mir, dass Sie warten mussten, ich war nicht im Hause.“

„Ach nein, wir sind ja auch eigentlich erst in einer Stunde verabredet“, erleichtert atmete ich innerlich auf, „aber es ergab sich, dass Mrs. Elton“ – er deutete auf die Frau neben sich – „zufällig vorbei schaute. Und Ihre Sekretärin sagte uns, Sie seien sofort wieder zurück.“

Ich nickte nur, mein Blick fiel auf die blonde Frau, die mein Vorgesetzter mitgebracht und als Mrs. Elton bezeichnet hatte.

William Lucas bemerkte diesen Blick und stellte uns einander vor: „Miss Bennet, das ist Augusta Elton, Mrs. Elton, das ist meine fähigste Scheidungsanwältin, Elizabeth Bennet.“

Ich setzte mich hinter meinen Schreibtisch und wartete darauf, dass einer der beiden was sagte.

„Mrs. Eltons Logistikunternehmen Hawkings Ltd. ist einer unserer Mandanten im Bereich Wirtschaftsrecht.“

Das hatte ich mir schon fast gedacht.

„Und wir bei Middleton, Lucas & Co sind ja sehr glücklich, dass wir hier rechtliche Hilfe für alle Lebenslagen bieten können“, fuhr Mr. Lucas fort.

Ich nickte, das war auch einer der Slogans, mit dem eine der größten Kanzleien in London warb. Von Wirtschaftsrecht über Familienrecht bis zu Strafrecht konnte man hier überall Spezialisten finden.

„Da war es nur natürlich, dass uns Mrs. Elton auch bei dieser privaten Sache ihr Vertrauen schenken würde, wo wir sie in den anderen Prozessen doch schon so kompetent vertreten haben.“

„Ich nehme an, sie wollen sich scheiden lassen, Mrs. Elton?“, fragte ich vorsichtig.

„Ja“, sagte diese einfach nur.

„Mein herzliches Beileid – wenn eine Ehe scheitert, ist das mitunter die schwierigste Phase im Leben.“

„Ach Quatsch, ich bin froh, dass ich ihn endlich los werden kann – mein Mann war in der letzten Zeit einfach nur noch ein Ärgernis.“ Von ihrer Haltung her zu schließen glaubte ich ihr das sogar. „Das war die schlimmste Phase in meinem Leben, ich war einfach zu blauäugig und habe gedacht, wir könnten unsere Ehe noch retten, aber jetzt will ich die Scheidung.“

Mr. Lucas räusperte sich. „Wie ich sehe, sind Sie beide schon fast mitten in einem juristischen Fachgespräch, ich verabschiede mich. Mrs. Elton, ich lasse sie in den Händen meiner brillantesten Anwältin in diesem Bereich, sie wird dafür sorgen, dass Ihr Mann keinen Penny bekommt.“

Innerlich stöhnte ich auf, dass einer der Partner bei einer Scheidung komplett leer ausging, kam eigentlich fast nie vor, Mr. Lucas hatte ein Versprechen gemacht, das sich nur schwer halten ließ. Ich wusste, dass er hohe Ansprüche an mich stellte, seitdem ich seine Tochter „befreit“ hatte, aber Trennungen, in denen der finanziell schlechter gestellte Partner nichts bekam, waren äußerst selten, denn man musste wirklich verdammt gute Gründe anbringen, um zu beweisen, dass er oder sie das Geld nicht verdient hatte oder diesem nicht bedurfte.

Es gab natürlich Scheidungen, bei denen keinerlei Geld floss, aber dort trennten sich die Partner im gütlichen Einvernehmen und benahmen sich wie erwachsene Menschen – nicht wie rachsüchtige Hitzköpfe. Wir Anwälte nannten das einen sauberen Schnitt, in einem einfachen Vertrag wurde die Ehe aufgelöst und ein Vertrag mit sämtlichen Verzichtserklärungen unterschrieben, sollte es eine Gütergemeinschaft geben, die eine genaue Zuordnung der Besitztümer nicht zuließ, wurden diese gerecht aufgeteilt. Und natürlich gab es keine Kinder, die unter der Trennung der Eltern möglicherweise zu leiden hatten. Solche Sachen waren leicht und auch für die jeweiligen Anwälte sehr angenehm, weil man das Ende einer Ehe in einer würdevollen und von Vernunft geprägten Atmosphäre beschließen konnte.

Die Anzahl solcher Scheidungen konnte ich an einer Hand abzählen.

„Vielen Dank, Mr. Lucas, ich bin mir sicher, ich befinde mich in den besten Händen.“ Sie lachte affektiert.

Er wandte sich zum Gehen, hielt in der Tür aber noch einmal inne: „Ach ja, Miss Bennet, wegen dieser anderen Sache reden wir dann ein anderes Mal.“

Ich nickte nur, er verabschiedete sich und ließ mich mit Mrs. Elton alleine zurück. Innerlich seufzte ich auf und holte den standardisierten Vordruck hervor, auf dem ich erst einmal grob die wichtigsten Details notierte. Ich war – verständlicherweise – nicht auf der Höhe meiner Fähigkeiten.

Mrs. Elton musste sich scheinbar erst einmal über ihren Mann auslassen. „Ich weiß gar nicht mehr, warum ich ihn überhaupt geheiratet habe, ich hätte es nicht tun sollen. Ich weiß ja noch, wie meine Schwester Selina mir damals sage, ich solle warten, ich würde bestimmt noch jemand besseren finden als Philip, aber ich ließ mich nicht von ihr überzeugen. Welcher Teufel muss mich da geritten haben? Zu Beginn war ja alles noch in Ordnung – oh diese verfluchte rosarote Brille! – aber kennen Sie das, diese kleinen lästigen Angewohnheiten, die einen irgendwann zum Wahnsinn treiben? So war es bei uns auch.“

Ich nickte nur auf eine hoffentlich verständnisvolle Art und Weise.

„Zu Beginn fand ich das ja noch ganz niedlich“, fuhr Mrs. Elton jetzt fort, „ich bin zu ihm gezogen und so und ich erwartete ja auch nicht die Grandeur und Größe von Marple Grove, das ist das Anwesen meiner Schwester Selina – oh ja, um der Liebe Willen war ich mehr als bereit, mich mit weniger abzugeben, aber nach und nach fiel mir dann doch auf, dass ich unter meinem Rang geheiratet hatte, oh ja!“

„Dann nehme ich an, Sie sind der finanziell stärkere Part der Ehe“, sagte ich jetzt.

„Natürlich ja. Ich mache mit meinem Logistikunternehmen Umsätze, von denen kann Philip mit seinem niedrigen Autorenhonorar nur träumen. Er schreibt Bücher, wissen Sie, die sich eigentlich sogar recht gut verkaufen. Ich war damals ganz fasziniert davon, ich bewunderte ihn und seine Kreativität, er hatte etwas Dandyhaftes an sich, aber leider hat diese Bewunderung nicht lange angehalten.“

„Sie sind also selbstständig und besitzen ein gut gehendes Logistikunternehmen, er aber hat kein regelmäßiges Einkommen?“

„Genau so ist es, er bekommt halt immer nur Geld von seinem Verleger, wenn er mal wieder eines seiner Manuskripte verkauft hat. Ist das gut oder schlecht für uns?“

„Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Mrs. Elton, die Tatsache, dass sie Mr. Eltons Lebensstil mit finanziert haben, ist eher schlecht für uns.“

„Ach, Sie bekommen das schon hin“, sagte Mrs. Elton zuversichtlich. „Mr. Lucas hat Sie mir in den schillerndsten Farben beschrieben – die Sache mit seiner Tochter muss ja wohl ähnlich gewesen sein.“

„Nur bedingt“, sagte ich. „Sie verstehen, dass ich mich dazu nicht äußern darf, Anwälte unterliegen der Schweigepflicht.“

„Oh ja, natürlich – wie dumm von mir.“ Wieder lachte sie affektiert. „Also, wie stehen unsere Chancen?“

„Dazu müssten sie mir zunächst noch ein paar mehr Informationen geben. Wie lange sind sie beide denn jetzt verheiratet?“

Die nächste Stunde erfuhr ich alles über die Ehe der Eltons, sie waren erst seit etwas mehr als einem Jahr verheiratet, sie hatten sich auf einer Reise kennen gelernt und schnell geheiratet, schnell war auch die Ernüchterung gekommen, dass sie nicht wirklich füreinander geschaffen waren.

Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir Mrs. Elton sympathisch war, aber man konnte sich seine Mandanten meist nicht aussuchen und Mrs. Elton war mir ganz von oben aufgedrückt worden – also musste ich da durch. Die nächsten Tage beschäftigte ich mich mit dem Fall und wies Theresa an, herauszufinden, wer die Gegenseite vertreten würde. Mrs. Elton hatte angedeutet, dass es vielleicht ein leichter Fall werden würde, weil ihr Mann sich bestimmt keinen teuren Anwalt leisten könnte.

Das Gegenteil sollte der Fall sein, als Theresa mir mitteilte, dass William Darcy höchstwahrscheinlich Philip Eltons Rechtsbeistand sein würde.

„Ach“, fiel mir als erstes dazu ein. Mir war sein Name natürlich bekannt und auch der Ruf, der ihm vorauseilte. Es wunderte mich immer wieder, dass ich ihm noch nicht begegnet war und ich wusste nicht, ob ich eine Begegnung fürchten oder ihr gelassen entgegen sehen sollte.

Theresa amüsierte sich köstlich. „Dann wirst du auch endlich mal Mr.–ich–gewinne–jeden–Fall William Darcy gegenüber stehen.“

„Mr.–ich–gewinne–jeden–Fall?“, fragte ich zurück.

„So wird er manchmal genannt“, erklärte Theresa. „Seine Erfolgsquote ist ja genau so gut wie deine.“

„Ja, das hörte ich schon. Dann hoffe ich mal, ich werde ihn zu Mr.–ich–gewinne–doch–nicht–jeden–Fall machen“, lachte ich.

„Ach, gegen William Darcy darf man verlieren“, grinste meine Sekretärin, „es lohnt sich ja schon, nur gegen ihn anzutreten, damit man ihn mal sehen kann, er sieht sehr gut aus...“ Ihr Blick schweifte in die Ferne.

„Erspar mir die Details“, sagte ich nur abwehrend.

„Du wirst ihn ja sehen – er ist ein Bild von einem Mann. Ich glaub, er wäre dein Typ.“

Ich zog eine Augenbraue hoch. „Woher willst du denn wissen, wer mein Typ ist?“

„Elizabeth, er ist groß, dunkelhaarig und dir in seinen Fähigkeiten ebenbürtig – welcher andere Mann kann das schon von sich behaupten?“

Ich lachte. „Er ist der gegnerische Anwalt, darauf sollten wir uns konzentrieren. Und auf die Tatsache, dass er gut ist. Sein Aussehen tut hier nichts zur Sache, was wir wollen, ist dass Mrs. Elton eine saubere, für sie günstige Scheidung bekommt.“

„Warte ab, bis du Mr. Darcy gesehen hast – danach wirst du an Gott glauben.“

~**~

William

Meine Hoffnung, dass dieser schreckliche Tag doch vielleicht noch zu einem ganz annehmbaren werden würde, ging endgültig den Bach hinunter, als es zwischen den Dashwoods doch nicht zu einer gütlichen Einigung kam. Vor den Augen seiner vollkommen perplexen Ehefrau und den beiden Scheidungsanwälten zerriss John Dashwood das aufgesetzte Schriftstück in 1000 Schnipsel, beschimpfte seine Frau als manipulatives Miststück und verließ wutentbrannt meine Kanzlei. Ich warf meinem Kollegen einen fragenden Blick zu, aber Henry Crawford zuckte nur hilflos mit den Schultern, bevor er seinem Mandanten aus dem Raum folgte.

Mrs. Dashwood warf mir einen vollkommen schockierten Blick zu. „Darf er das?“, fragte sie dann.

Es kostete mich alle meine Kraft, auf diese Frage keine bissige Antwort zu geben. „Aber natürlich, das Schriftstück war ja nicht bindend. Er hat bloß sehr anschaulich deutlich gemacht, dass er mit der Einigung, die wir eigentlich erzielt hatten, wohl jetzt doch nicht mehr zufrieden ist.“

„Und nun?“

„Und nun müssen wir einen neuen Kompromiss finden.“

„Und wenn wir das nicht schaffen?“

„Kommt es zu einer langwierigen Auseinandersetzung vor Gericht.“

„Ich kann das gar nicht verstehen, mein Mann hat doch so sehr auf eine schnelle Scheidung gepocht, weil er so schnell wie möglich dieses Flittchen heiraten wollte.“

„Er scheint wohl seine Meinung geändert zu haben“, sagte ich nur. Die Beschimpfungen überhörte ich mittlerweile schon – ich glaube, ich hatte sie alle schön gehört, ich kannte wohl fast jeden abwertenden Ausdruck für Frauen und Männer, die unsere Sprache zu bieten hatte, nur wirklich kreative Sachen drangen noch zu mir durch.

„Wahrscheinlich hat sie ihm den Laufpass gegeben – kann ich verstehen, mit John kann man es ja kaum aushalten. Wobei“, wäre in ihrer Stirn kein Botox gewesen, hätte sie diese wohl in Falten gelegt, „vielleicht hat er sich auch von ihr getrennt. Dieses“, sie verzog missbilligend ihre Lippen, „Mädchen war ja eine Goldgräberin erster Güte.“

Ich ging auf solche Kommentare nicht ein und fragte mich, ob Mrs. Dashwood bewusst war, dass sie ebenfalls als eine Goldgräberin verschrien war, schließlich hatte sie John Dashwood dazu gebracht, sich nach 20 Jahren Ehe von seiner Frau zu trennen, um sie selbst zu heiraten, eine Frau, die ihr Geld vorher mit obskuren Bildern in mehr oder weniger billigen Heftchen verdient hatte. Natürlich würde ich mir so etwas nie anmerken lassen und ich maßte mir an, meinen Mandanten eigentlich immer ganz neutral gegenüber zu stehen, aber mit manipulativ hatte ihr baldiger Ex–Mann schon sehr Recht gehabt.

„Über die Hintergründe können wir nur spekulieren“, sagte ich. „Aber hoffen wir, dass er an den Verhandlungstisch zurückkehrt, sonst kann es zu einer sehr langen Auseinandersetzung werden und wir müssten uns vor Gericht eine komplett neue Strategie ausdenken.“

„Nun ja, dann hoffe ich mal das Beste – und sonst können Sie ja auch mal zeigen, dass Sie wirklich das horrende Gehalt wert sind, das ich Ihnen bezahle.“

Wieder biss ich einen Kommentar zurück und hoffte, dass John Dashwood wirklich an den Verhandlungstisch zurückkehren würde – sonst müsste ich es ja noch länger mit seiner baldigen Ex–Frau aushalten. Und dafür kann einen manchmal wirklich kein Geld der Welt entschädigen.

Mary kündigte als nächstes einen Mr. Elton an, der wegen einer Scheidung das erste Mal bei mir vorsprach. Er setzte sich mir gegenüber auf den Besucherstuhl.

„Mr. Darcy, ich bin zu Ihnen gekommen, weil ich hörte, dass Sie der Beste sind.“

„Vielen Dank.“

„Sie können sich ja denken, dass ich die Scheidung will.“

„Es kommen auch Mandanten zu mir, die einen Ehevertrag haben wollen, auch das kann ich“, sagte ich. Wobei ich diese Aufgabe eher selten übernahm. Ich war als Scheidungsanwalt bekannt, da kamen die wenigsten auf die Idee, dass ich auch Sachen machte, die mit dem Beginn einer Ehe zu tun hatten.

„Nun ja, meine Frau will sich von mir scheiden lassen. Das ist ja mal gar nicht so schlimm, ich kann sie mittlerweile auch nicht mehr ausstehen und ich bin froh, dass ich sie los bin. Das Problem ist aber, dass sie mir keinen Penny geben will.“

„Das wird aber schwierig werden für sie“, sagte ich. „Scheidungen, bei denen der finanziell schlechter gestellte Partner nichts bekommt, sind selten. Haben Sie sich irgendetwas zu Schulden kommen lassen? Eheliche Untreue?“

„Nein“, sagte Mr. Elton, „es mag zwar schwer gewesen sein – insbesondere in den letzten Monaten – aber ich war meiner Frau treu.“

„Das ist schon mal gut“, sagte ich. „Dann nehme ich an, Ihre Frau verdient mehr als sie?“

„Oh ja, Augusta ist die Besitzerin von Hawkings Ltd., dem Logistikunternehmen.“

„Ah, ich verstehe. Was machen Sie?“

„Ich bin freier Autor.“

„In Ordnung... Also, es wird wohl sehr schwierig sein, zu beweisen, dass Sie keinerlei Unterhalt verdienen.“ Mr. Elton nickte. „Darf ich denn den Grund für die Scheidung erfahren?“

„Ich hasse meine Frau. Zu Beginn war ja noch alles ganz wunderbar, ich glaube, ich habe sie wirklich geliebt, aber dann begann sie immer mehr Ansprüche zu stellen und so. Marple Grove – das ist das Anwesen ihrer Schwester – hier und Selina – das ist ihre Schwester – dort. Oh, ich habe dieses schreckliche Anwesen, das so viel besser war als unser kleines Häuschen, und diese elenden Sucklings hassen gelernt. Sie wollte immer ihrer blöden älteren Schwester nacheifern.“ Ich nickte einfach nur, meistens wollten die Klienten ihrem Frust erst einmal freien Lauf lassen. Ich hatte schon so viel von ihnen gehört, mittlerweile ging es bei mir an einem Ohr rein und am anderen wieder heraus – es gab ja auch Sachen, die wollte man einfach gar nicht wissen. „Sie hat mich einfach zu deutlich spüren lassen, dass sie unter ihrem Rang geheiratet hat oder – wie Selina es sagte – dass sie auch jemand besseren als mich hätte finden können. Es war schrecklich. Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten mit ihr! Es ist wohl für uns beide besser, wenn wir getrennte Wege gehen. Aber erst will ich sie noch bluten lassen für die letzten schrecklichen Ehemonate.“ Er kam mir merkwürdig berechnend vor – anscheinend wollte er seine Frau jetzt noch ausnehmen wie eine Weihnachtsgans.

„Gut–“ Ich holte einen der Vordrucke hervor, auf dem ich standardmäßig immer die ersten Notizen machte. „Dann klären Sie mich einmal auf über die Details ihrer Ehe. Wie lange waren sie denn verheiratet?“

Die Elton–Heirat beziehungsweise die Scheidung war das, was ich mittlerweile als typisch bezeichnete. Da ging man nicht mit gegenseitigem Respekt voreinander auseinander, da wurde sich bekriegt bis aufs Blut. So etwas war unangenehm. Natürlich gab es schon Fälle, die eine Herausforderung darstellten, aber manchmal fragte ich mich auch, ob sich getrennte Partner denn nicht wie erwachsene Menschen benehmen konnten. Sie hatten sich doch anscheinend irgendwann mal geliebt – war da denn nichts übrig geblieben? Natürlich wollte ich mir eine Scheidung in meinem Fall nicht ausmalen, immerhin wusste ich ja noch nicht einmal, ob ich überhaupt jemals heiraten wollte, aber ich würde mir doch einen sauberen Schnitt wünschen und kein ewiges Gezerre vor Gericht. Nun ja, sowas kam einfach viel zu selten vor.

Da mir Mr. Elton mitgeteilt hatte, dass seine Frau beabsichtigte, ihn leer davon kommen zu lassen, fragte ich mich, welchen Anwalt sie sich für dieses hoffnungslose Unterfangen denn wohl ausgesucht hatte.

„Wer repräsentiert die Gegenseite?“, fragte ich deshalb Mary einige Tage später, während ich in der Akte Elton blätterte.

„Miss Elizabeth Bennet“, teilte sie mir mit.

Einen Augenblick fragte ich mich, ob Jane Bingley, die ja eine geborene Bennet war, wohl mit Elizabeth Bennet verwandt war, verwarf diesen Gedanken dann aber schnell wieder – Bennet war ein sehr häufiger Name und Charles hätte es mir bestimmt erzählt, wenn seine Schwägerin eine Kollegin von mir gewesen wäre, ganz sicher konnte ich mir aber nicht sein, schließlich hatte ich Janes Familie nie kennen gelernt. Ich wusste, dass sie eine Schwester hatte, die zugleich auch ihre eigene Angehörige darstellte (Janes Eltern waren, wenn ich mich recht erinnerte, schon vor langer Zeit gestorben), ich war ihr aber nie begegnet, da ich an den beiden Feiern, die die Bingleys während ihrer Ehe gegeben hatten (ein kleines Hochzeitsfest nur mit den engsten Freunden und der Familie und Charles' Geburtstagsfeier), wegen wichtigen Terminen nicht hatte teilnehmen können.

„Oh, ich habe schon viel von ihr gehört.“

„Sie ist eine würdige Gegnerin.“

„Inwiefern?“

„Ihre Gewinnquote ist genauso gut wie Ihre, Sir.“

„Dann werde ich mich wohl auf einiges gefasst machen müssen. Vielleicht wird es sogar eine Herausforderung sein, wenn ich ihr gegenüber stehen muss. Es wundert mich schon fast, dass wir bislang nie das Vergnügen hatten...“

„Mich auch“, murmelte Mary. „Sie ist–“ Dann hielt sie inne.

„Was ist los, Mary, Sie wollen bestimmt noch etwas sagen“, sagte ich gutmütig.

„Nun ja, Sir, ich würde aufpassen, Miss Bennet kann Ihnen wirklich einen Schlag verpassen. Wobei es ja keine Schande ist, sich von einer jungen, gut aussehenden, talentierten und ambitionierten Anwältin schlagen zu lassen.“

„Wenn nur die Hälfte von dem stimmt, was ich von ihr gehört habe, werde ich auf der Hut sein, Mary. Und Sie denken ja wohl kaum, dass ich mich von der Tatsache, dass sie gut aussehend ist, ablenken lassen werde.“ Ich zwinkerte ihr zu.

„So meinte ich das nicht, Sir. Ich wollte nur sagen: Passen Sie auf, sie ist Ihnen gewachsen – und das können nicht viele Frauen von sich behaupten.“






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