Wagnis einer Ehe by doris anglophil
Summary:

 

Im Spiel gewonnen - ein Herrenhaus und ein Mädchen. Justin Lord Vulcan macht das Mädchen, Serena, nach Irrungen und Wirrungen zu seiner Ehefrau, doch wird diese Ehe gut gehen?

 


Categories: Sonstige Fanfiction Characters: Keine
Genres: Drama, Romanze
Warnings: Keine
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 25 Completed: Ja Word count: 35669 Read: 91984 Published: 05 Dec 2013 Updated: 14 Aug 2014
Kapitel 19 - Sturmtribute by doris anglophil

 

Der Dezember hatte das südliche England mit einer selten dagewesenen Härte im Griff. Seit Wochen hatte sich die Sonne nicht mehr gezeigt, verbarg sich hinter schweren, bedrohlich aussehenden Wolken und einem grauen Himmel, der aufs Gemüt drückte.

Lord Vulcan hatte London kaum eine Stunde hinter sich gelassen, als er schon begann, seine Entscheidung massiv anzuzweifeln. Er fror gotterbärmlich und war fast bis auf die Knochen durchnässt. Außerdem war die Stute Calypso natürlich nicht mit Thunderbolt zu vergleichen. Sie war schnell, keine Frage, doch ihr Tempo lag deutlich unter dem, was sein Hengst zu leisten vermochte.

Er sah ein, dass es für diese Nacht ein aussichtsloses Unterfangen war und kehrte endlich in Alton ein. Es dauerte eine Weile, bis  er den Wirt aus dem Bett geklingelt hatte, doch endlich wurde ihm die Tür zum Swan Inn geöffnet und er kam ins Trockene.

„Sie wünschen, Sir?"

„Lord Vulcan. Ich brauche ein Zimmer, ich habe ein paar Stunden Ruhe nötig und das Pferd muss in den Stall."

„Du liebe Güte, da haben sich Euer Lordschaft aber schlechtes Reisewetter ausgesucht. Keine Menschenseele ist unterwegs, der letzte Reisende kam vorgestern hier durch, noch bevor's anfing derart zu stürmen und kalt zu werden. Ich richte Euch schnell das beste Zimmer her, wenn Ihr solange im Schankraum Platz nehmen möchtet."

„Nicht nötig, ich beziehe das Zimmer unverzüglich. Es stört mich nicht, wenn er noch darin hantieren muss, solange es schnell geht und ich in einer Viertelstunde zu Bett gehen kann."

„Ganz wie Euer Lordschaft meinen. Dann folgt mir, bitte."

Der Innkeeper beeilte sich mit dem Herrichten des Gemachs, was ohnehin nur darin bestand, das Feuer im Kamin anzumachen und die großen Laken, die das Bett abgedeckt hatten, zu entfernen. Außerdem brachte er dem Gast heißen Wein und eine Karaffe Wasser, das aber zum Waschen an der Waschschüssel gedacht war.

„Wünschen Mylord sonst noch etwas?"

„Meine Stute muss gut versorgt werden, sie hat erst etwa die Hälfte der Wegstrecke hinter sich, ebenso wie ich, versteht sich."

„Ich habe den Stallburschen bereits geweckt und er kümmert sich drum. Wohin führt Euch denn die Reise, wenn ich fragen darf?"

„Nach Mandrake."

„Oh, ist das Euer Landsitz, Mylord?"

„Ja. Und nun würde ich wirklich gern schlafen, guter Mann."

„Richard Hawkins, Sir, zu Ihren Diensten. Ähm, ja, wünsche angenehme Ruhe."

Der Wirt zog die Tür hinter sich zu und hinterließ einen aufatmenden Lord Vulcan, der sich am hölzernen Stiefelknecht abmühte, seine Reitstiefel abzustreifen, damit er endlich ins Bett sinken konnte. Ein wahrlich redseliger Zeitgenosse, dieser Mr. Hawkins.

Während Justin Lord Vulcan in Alton, Hampshire, kurz vor Morgengrauen in einen tiefen Erschöpfungsschlaf fiel, war in Mandrake an Schlaf nicht zu denken.

Nachdem das Personal am Abend mehr als eine Viertelstunde auf die Rückkehr von Lady Vulcan gewartet hatte, hatte sich Nervosität breit gemacht. Joseph war aufgestanden, um nach dem Rechten zu sehen und kaum hatte er die Halle durchquert und die Tür nach draußen aufgestoßen, als ihn nicht nur eine schwere Windböe beinahe umwarf, sondern auch Warrior kläffend auf ihn zueilte. Das war alles andere als ein gutes Zeichen. Joseph lief ins Haus zurück und alarmierte die anderen.

„Die Dogge kam mir bellend entgegen. Wenn ihr mich fragt, dann stimmt da etwas nicht. Wir müssen uns alle dick anziehen und mit Warriors Hilfe nach Mylady Ausschau halten. Vielleicht ist sie gestürzt, was bei dem Sturm sehr leicht passieren kann. Ich sorge dafür, dass wir alle mit Sturmlaternen ausgestattet sind. Beeilt euch, jede Minute zählt."

Alle sprangen auf wie von der Tarantel gestochen und bereiteten sich mit großer Sorge um Serena Lady Vulcan auf eine nächtliche Suchaktion im Winterorkan vor.

Man kam in rascher Absprache überein, dass Eudora im Haus bleiben sollte, da sie selbst nicht in sonderlich robuster körperlicher Verfassung war. Sie würde das Bett Serenas herrichten und anwärmen und natürlich auch eine heiße Suppe und Tee bereithalten.

Als Joseph mit Mantel, Handschuhen, Schal und einer Sturmlaterne in der Hand  vors Haus trat, sprang die Dogge ihn freudig an und lief sofort voraus, als wüsste der Hund genau, was von ihm verlangt wurde. Weit mussten sie zum Glück nicht gehen, sie brauchten dem Sturm nur wenige Yards zu trotzen, da fiel der trübe Schein der Lampe auch schon auf Lady Serena.

Mrs. Neath, die Butler Joseph gefolgt war, übernahm dessen Lampe, dieser hob seine Herrin auf und trug sie, mit seinem breiten Rücken den Wind so gut es möglich war abschirmend, vorsichtig ins Schloss.

Was genau geschehen war, ließ sich in diesem Augenblick nicht sagen, offensichtlich war nur, dass ihre Ladyschaft nicht ansprechbar war. Sehr lange konnte sie dort freilich nicht gelegen haben, denn man war sehr schnell nach ihrem Aufbruch nach draußen bereits auf die Suche gegangen. Alles in allem, so schätzte Joseph, dürfte sie kaum länger als fünfundzwanzig Minuten draußen gewesen sein. Was sie davon bewusst mitbekommen hatte und was nicht, war eine andere Frage. Unterkühlt musste sie allemal sein.

Eudora schüttelte ungläubig den Kopf, als Joseph die Ohnmächtige aufs Bett legte.

„Sie ist ja nur noch Haut und Knochen. Sie hatte weder dem starken Wind etwas entgegenzusetzen noch verfügt sie momentan über eine stabile Gesundheit, um das - ohne mächtig krank zu werden - zu überstehen. Ich bestehe darauf, dass ein Arzt gerufen wird."

„Bei dem Wetter, Miss Eudora?"

„Möchten Sie, dass sie stirbt, Joseph?"

„Natürlich nicht. Ich... ich sehe, was ich machen kann."

„Bitte!"

Der Butler nickte, zog den Schal wieder enger um seinen Hals und verschwand. Bei diesem Sturm würde er weit über eine Stunde für die knapp drei Meilen nach Kimmeridge brauchen, den Rückweg natürlich nicht mit eingerechnet.

Nach vier Stunden Schlaf wachte Lord Vulcan in Alton vom Heulen des Sturms auf, der durch die Fensterritzen pfiff und das Blechschild am Haus, das auf den Swan als Inn und Coaching House hinwies, beständig klappern ließ. Es war gut, dass er nicht länger geschlafen hatte, diese paar Stunden mussten reichen, um für die Weiterreise gewappnet zu sein. Er hoffte, dass Calypso der Belastung des fortzuführenden Ritts gewachsen sein würde. Seine Kleidung war nur mäßig getrocknet, was aufgrund der geringen Ruhezeit kein Wunder war. Er schlüpfte in klamme Sachen, die sofort erneutes Unbehagen in ihm hervorriefen. Seufzend öffnete er die Tür und stieg die knarzenden Stufen nach unten. Im Hof schaute er sich nach dem Pferdestall um, trat ein und suchte nach seiner Stute. Das war kein Problem, da sonst keine Reisenden im Swan abgestiegen waren und außer Calypso nur noch ein riesiges Shirehorse, also ein mächtiges Arbeitspferd, dort untergebracht war. Sein unvermitteltes Auftauchen rief aber sogleich einen wachsamen Stallburschen auf den Plan, der in Windeseile dienstbereit war und auf das Verlangen von Lord Vulcan dessen Pferd reisefertig machte.

Am späten Vormittag kam er während einer kurzen Aufheiterungsphase, in der es zwar weiterhin extrem windig, jedoch wenigstens trocken und teils sogar sonnig war, zu Tode erschöpft und mit einer halblahmen Calypso unterm Sattel auf Mandrake an.

Justin war so gerädert von seinem Husarenritt durch übelstes Wetter, dass er nicht gleich merkte, dass sein Empfang nicht so ausfiel, wie es eigentlich üblich sein sollte. Er saß mit schmerzverzerrtem Gesicht ab, zog der Stute die Zügel über den Kopf und schaute sich dann leicht verwundert um. Außer ihm war niemand im Ehrenhof von Mandrake zu sehen.

 

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