Hollywood in Frankfurt by doris anglophil
Summary:

 

Ein Filmstar dreht in einer Stadt, die ihm nicht nur gänzlich unbekannt ist, sondern ihm auch befremdlich vorkommt.


Categories: Sonstige Schauspieler, Matthew Macfadyen, Realfiction, Ficlets Characters: Matthew Macfadyen
Genres: Realfiction
Warnings: Realfiction
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 1 Completed: Ja Word count: 811 Read: 1296 Published: 06 Jun 2013 Updated: 06 Jun 2013
Story Notes:

 

Die Story basiert auf MMs kurzem Aufenthalt in und um Frankfurt Ende Februar/Anfang März 2013 und meinen Vor-Ort-Beobachtungen dazu. Im Prinzip ist es das gleiche Ding wie "Hollywood in Bayern" und eine Reallife-FF.

1. Frankfurt by doris anglophil

Frankfurt by doris anglophil

 

“Night Thoughts” by Heinrich Heine

Thinking of Germany at night
Just puts all thought of sleep to flight;
No longer I can close an eye,
Tears gather and I start to cry.

Er kam aus Georgien. Im Winter im Kaukasus zu drehen, war ein Abenteuer für sich gewesen. Aber ein überraschend angenehmes Abenteuer. Dort war es zwar teils verschneit und kalt gewesen, doch es hatte sich dabei um eine trockene, leicht auszuhaltende Kälte gehandelt. Eine extrem klare Luft hatte herrliche Blicke über hohe Berggipfel erlaubt und es hatten sich ihm atemberaubende Panoramen geboten.

Und dann Frankfurt, Ende Februar. Grau, nasskalt, unfreundlich - eine deutsche Großstadt, die in seinen Augen außer dem großen internationalen Flughafen und einer recht markanten Skyline kaum Attraktives zu bieten hatte. Er fand die Stadt hässlich, zumindest die wenigen Stellen, die er zu sehen bekam. Er wusste zwar, dass ein nicht unerheblicher Teil dieser Stadt zerbombt gewesen sein musste, weswegen so wenig schöne, historischen Gebäude erhalten waren und weswegen es all diese Bausünden aus den Fünfziger-, Sechziger- und Siebziger-Jahren gab, die dem Auge ziemlich wehtaten. Es war immerhin eine Entschuldigung, aber es half nicht wirklich, Gefallen an Frankfurt zu finden.

Um die schönen Ecken der Stadt, die es zweifelsohne gab, zu entdecken, blieb keine Zeit. Der Drehplan war knapp kalkuliert, jede Verzögerung kostete ein bisschen mehr der ohnehin spärlich bemessenen Freizeit, die er in Frankfurt weitgehend mit Essen und Schlafen im Hotel verbrachte.  Nach Frankfurt war die Produktion nur deswegen gegangen, weil der Film mit Geldern des Landes Hessen finanziert wurde. Daran geknüpft war die Bedingung, dass ein Teil der Dreharbeiten eben in diesem Bundesland stattzufinden hatten. Auflagen, an die man sich von Seiten der Produktion geflissentlich hielt, weil viel davon abhing.

Zwei Drehtage in Frankfurt, alles Innenaufnahmen; ein Drehtag auf einem alten Schloss in Mittelhessen und dann noch ein paar Aufnahmen in der Landeshauptstadt Wiesbaden, die ihm deutlich besser gefiel als das triste, wenig elegante Frankfurt. Wiesbaden war mondän, mit schicker Bausubstanz, was daran lag, dass es natürlich weit weniger von Bomben zerstört gewesen war als das nahegelegene Frankfurt. In Wiesbaden hätte es seiner Frau sicher gut gefallen, sie mochte solche Architektur und auch das noble Flair, das dort herrschte.

On location in diesem dunklen, stickigen Kinosaal im Frankfurter Stadtteil Bockenheim zu sein, bedrückte ihn. Er hatte fast ständig Lufthunger und fühlte sich müde und ausgelaugt. Der ideale Tag, um sich der versammelten örtlichen Presse zu präsentieren! Ach, wie er doch die schöne, weite Landschaft Georgiens in diesen Augenblicken vermisste! Er versuchte so oft es ging zwischen zwei Takes wenigstens etwas Luft auf der kleinen Außenterrasse des Drehortes zu schöpfen, da er aber dabei seinen Blick auf einen bleigrauen, trostlosen Frankfurter Himmel richtete und nur feucht-kalte, ungesunde Stadtluft einatmete, trug dies kaum dazu bei, dass er sich besser fühlte.

Obendrein dann zwischen Vormittags-Dreh, Lunch und Nachmittags-Dreh wie erwähnt auch noch eine Pressekonferenz on location. Super! Der Profi in ihm erledigte diesen Punkt im Tagesablauf natürlich tadellos. Er posierte für Fotos, blickte halb-melancholisch, halb-ausgelaugt in die Objektive der Kameras, die auf ihn gerichtet waren, und beantwortete Fragen, von denen die meisten ohnehin vorhersehbar gewesen waren. Allerdings wunderte ihn ein wenig die recht geringe Anzahl an Journalisten, es waren nicht einmal ein Dutzend Pressevertreter anwesend. Einerseits machte dies die Angelegenheit zu einer fast familiären Sache, andererseits war es aber auch ein Armutszeugnis für die regionalen oder auch überregionalen Medien.

Als angenehm empfand er die Tatsache, dass dem Drehort ein Restaurant von gutem Ruf angegliedert war und es das Catering von dort gab. Gleiches galt für das alte Gemäuer des Schlosses in Mittelhessen. Alles unter einem Dach zu haben, war gerade bei der enormen Zeitknappheit im Drehplan von großem Vorteil.

Er hatte schon zuvor in Deutschland gedreht, einmal auch in Österreich. Aber es war ihm sowohl in Wien, als auch in Würzburg und Bamberg, von Berlin natürlich ganz zu schweigen, viel schöner vorgekommen als in Frankfurt. Gut, es konnte unter Umständen damit zusammenhängen, dass die Witterungsbedingungen wirklich hundsmiserabel waren und richtig gute Laune sich vor allem aus diesem Grund nicht so recht einstellen wollte. Frankfurt verbreitete eine ziemlich depressive Stimmung und er hatte Mühe, diesem düsteren Gefühl nicht komplett zu erliegen.

Der Regisseur hatte ein Premieren-Event des Films in Frankfurt in Aussicht gestellt; es war ihm nicht wohl beim Gedanken, zu einem späteren Zeitpunkt unter eventuell ähnlich gearteten äußeren Bedingungen nochmals hierher reisen zu müssen. Auch dann würde er außer seinem Hotelzimmer, dem Premierenkino und vermutlich einer weiteren Party-Location nichts Sehenswertes von dieser Stadt zu Gesicht bekommen. Irgendwo mussten die Schönheiten von Frankfurt verborgen liegen, ganz gewiss, doch sie würden sich ihm aus Mangel an Gelegenheit wohl kaum offenbaren.

Er seufzte tief, zog den Schal, der locker um seinen Hals geschlungen war und zu seinem Darsteller-Outfit gehörte, ein klein wenig enger um sich und war dann – ganz der Profi – bereit für die nächste Szene, die gedreht werden sollte.

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