Alles wendet sich by doris anglophil
Summary:

 

Teil fünf zur Serie "Pride & Prejudice - was der Film nicht verrät"

Hier erfahren wir, was z.T. zwischendrin geschieht, Dinge, die im Film nicht erwähnt werden... alles jedoch fiktiv.


Categories: Sonstige Schauspieler, Matthew Macfadyen, Rollenbezogene Geschichten, Novel-length Characters: Elizabeth Bennet, Fitzwilliam Darcy
Genres: Romanze
Warnings: Keine
Challenges: Keine
Series: Pride & Prejudice - was der Film nicht verrät
Chapters: 4 Completed: Ja Word count: 5419 Read: 12502 Published: 11 Oct 2009 Updated: 14 Oct 2009
5.3 Wenigstens ein glückliches Paar by doris anglophil

 

Dann sah Fitzwilliam den besorgten Gesichtsausdruck bei Charles. Und er wusste, es war an der Zeit sich für sein ungerechtfertigtes Eingreifen in die Herzensangelegenheiten des Freundes zu entschuldigen. Die Unterredung dauerte keine Viertelstunde, dann war alles geklärt.

Charles Bingley wirkte nun noch nervöser. Er stapfte mit großen Schritten am Seeufer entlang, wild gestikulierend. Er wusste jetzt, was er zu tun hatte. Aber wie sollte er sich erklären? Diesmal erwies sich Fitzwilliam als wahrer Freund und bot – ungeachtet seines eigenen Schmerzes – Hilfestellung bei der Formulierung an. Aber Charles winkte nach dem ersten kläglich Versuch ab, es half eh nichts, er musste da alleine durch. Er richtete sich auf und ging zurück zum Haus.

Zurück blieb ein verzweifelter Fitzwilliam Darcy. Was konnte er noch tun? Nichts mehr! Dass Charles sein Glück gefunden hatte, war kaum noch zu bezweifeln, Jane und er hatten vorhin ja förmlich innerlich geglüht. Der Antrag war wohl nur eine Formsache, Jane würde sofort einwilligen, so viel war sicher.

Aber er sah keinen Silberstreif am Horizont für Elizabeth und sich selbst. Bis auf – ja, bis auf ihr „Was, schon?“ von vorhin. Gut, sie war also enttäuscht, dass er so schnell wieder abreisen wollte, was er eigentlich ja gar nicht vorgehabt hatte. Aber vielleicht war es nur ein Ausdruck von großer Höflichkeit gewesen. Es musste nichts bedeuten. Es bedeutet nichts, sicher nicht!

Diese Gedanken peinigten ihn. Seine linke Augenbraue wies steil nach oben. Er blickte auf das von der Nachmittagssonne angestrahlte Bennet’sche Anwesen. Dann drehte er sich voller Resignation um und wanderte langsam nach Netherfield zurück. So sehr er Charles sein Glück gönnte, er hätte jetzt auf keinen Fall mit dem Frischverlobten reden können. Er brauchte Zeit zu regenerieren. Beim Dinner würde er noch zur Genüge vom Liebesglück der beiden hören.

Es kam wie er erwartet hatte. Ein aufgeräumter, glückseliger Charles konnte nicht umhin, den ganzen späten Abend lang die Konversation über nur ein einziges Thema zu bestreiten. Fitzwilliam Darcy freute sich wirklich für ihn und Jane, er beeilte sich auch, dem Freund dies mehr als einmal zu versichern. Dennoch blieb er über weite Strecken des Abends schweigsam und in sich gekehrt.

Bedeutete nicht automatisch, wenn Elizabeth nun Charles Schwägerin werden würde, dass damit auch er wieder vermehrt in Kontakt mit ihr treten würde? Nein, er schob diese Ausgeburt seiner Fantasie weit zurück in die hintersten Gefache seines malträtierten Kopfes. Er sah Charles oft wochen-, gar monatelang nicht. Und wenn er nun verheiratet war, würden diese Zusammentreffen sicher noch seltener werden. Er verbrachte seine Zeit überwiegend auf Pemberley und Charles würde sich wohl hier niederlassen, das war auch eine ordentliche räumliche Entfernung. Höchstenfalls würde man hie und da mal in London aufeinander treffen und dann war vermutlich Miss Elizabeth nicht mit von der Partie. Also wozu sich darüber unnötige Gedanken machen.

Trotzdem dass Charles Bingley vor Glück fast zu zerspringen drohte, er kaum noch an etwas anderes als an seine schöne Verlobte drei Meilen entfernt von ihm denken konnte, merkte er, als der Abend in die Nacht überging, dass mit seinem Freund ganz sicher etwas nicht in Ordnung war. Gewiss, dieser hatte ihm heute gegen Mittag gestanden, dass er seine zukünftige Schwägerin einige Male durch Zufall getroffen hatte, aber was steckte dahinter? So ganz einen Reim auf die Geschichte konnte Charles Bingley sich nicht machen.

Er fasste sich ein Herz, heute war eh ein Tag, an dem man ihm leicht eine Tapferkeitsmedaille hätte anheften können, und fragte nach: „Fitzwilliam, diese Geschichte mit Elizabeth Bennet und dir, wie soll ich das alles verstehen?“

Er zuckte regelrecht zusammen, als der so Angesprochene finster dreinblickend knurrte: „Da gibt es gar nichts zu verstehen! Ich habe sie zufällig getroffen, erst bei meiner Tante, dann während ihrer Reise in die Berge, und damit hat es sich auch schon!“

Die nächsten Minuten vergingen schweigend. Der eine blickte wie hypnotisiert in die Flammen im Kamin, der andere machte sich an der Brandykaraffe zu schaffen.

Erneut gab sich Charles Bingley einen Ruck: „Ich möchte dir keinesfalls zu nahe treten, aber ich finde, dass du als mein bester Freund und Trauzeuge mehr Vertrauen in mich setzen solltest. Angesichts meines eigenen Glückes wäre ich froh, wenn es dir in absehbarer Zeit vielleicht auch so ergehen würde. Und Fitzwilliam, verstehe mich bitte jetzt nicht falsch, ich mag nicht immer der schnellste Denker sein, aber hier besteht für mich Grund zu der Annahme, dass du einige Dinge vor mir verbirgst. Oder soll ich morgen mit meiner künftigen Schwägerin darüber reden?“

Mit einem Satz sprang Fitzwilliam Darcy aus dem Sessel auf. „Charles, habe ich dir schon einmal gesagt, dass du in deiner Neugier sehr penetrant sein kannst? Es scheint, das liegt bei euch Bingleys in der Familie, da kommt die Verwandtschaft zu deinen Schwestern sehr zum Vorschein.“

Bingley grinste, nahm einen Schluck aus seinem Glas.

Mr. Darcy hingegen fuhr ohne Punkt und Komma fort, dabei aufgeregt im Zimmer auf und ab gehend: „Wenn du es genau wissen willst, ja, es gibt da durchaus eine Geschichte, die ich dir gegenüber nicht erwähnt habe. Aber wie sollte ich auch, wenn ich mir kaum selbst darüber im Klaren war. Ich habe mich seit vielen Monaten damit herum gequält, und vielleicht hast du Recht, es ist an der Zeit, dass ich mich jemandem anvertraue, sonst gehe ich noch daran zu Grunde.“

Und er fing an, beginnend mit dem Tanzabend vor fast einem Jahr in Meryton, seinem Freund einen langen und umfangreichen Bericht abzugeben.

Erleichtert, dass er sich nun alles von der Seele geredet hatte, nahm er im Sessel wieder Platz und trank sein Brandyglas leer.

Da klopfte es an der Tür, ein Lakai trat ein und meldete hastig: „Lady Catherine de Bourgh, Sirs!“

Charles und Fitzwilliam wechselten einen schnellen, verständnislosen Blick, dann stand auch schon die erwähnte Dame kerzengerade im Salon. Sie ließ ihren Blick nur kurz schweifen und kam dann sofort mit ungewöhnlich raschen Schritten auf ihren Neffen zu.

„Fitzwilliam Darcy, ich wünsche unverzüglich und unter vier Augen mit Ihnen zu sprechen!“

Dieser hatte sich rasch erhoben, küsste der Tante die Hand und antwortete: „Selbstverständlich stehe ich zu Ihrer Verfügung Ma’am, wenngleich ich die überaus ungewöhnliche Stunde Ihres Besuches doch einigermaßen überraschend finde.“

„Das tut rein gar nichts zur Sache“, bellte die Tante knapp und fügte mit einem Blick auf die geleerten Gläser auf dem Tisch beißend hinzu, „und ich hoffe, Sie sind noch in der Lage mit mir ein vernünftiges Gespräch führen zu können.“

In der Zwischenzeit hatte sich Charles Bingley vom ersten Schreck erholt, hatte sich geziemend vor Lady Catherine verbeugt und bot nun seinen Rückzug an. Er wünschte eine gute Nacht und verließ den Salon umgehend.

Mit stechendem Blick wandte sich Lady Catherine nun an ihren Neffen: „Ahnen Sie, woher ich just in diesem Moment, und wie Sie treffend sagten zu dieser ungewöhnlichen Stunde, komme? Sie ahnen es, oder?“

„Tut mir leid, chère Tante, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, Sie werden mir schon Aufklärung darüber geben müssen.“

„Ich muss“, sie betonte das Wort ‚muss’, „gar nichts! Sie hingegen müssen mir dringend erklären, wieso sich dieses Subjekt Elizabeth Bennet erdreistet hat, mit mir in einer Art und Weise zu sprechen, die mir noch niemals in meinem Leben untergekommen ist!“

Er wurde blass: „Sie haben mit Miss Bennet gesprochen? Wann?“

Triumphierend drehte sich seine Tante vollends zu ihm hin: „Das habe ich und zwar ist dies noch keine Stunde her!“

Eine halbe Stunde später rauschte die Dame in unverhohlenem Zorn aus der Tür, nicht ohne lautstark schimpfend das halbe Haus aufzuwecken. Sie bestieg, weiterhin wüste Verwünschungen murmelnd, die Kutsche, diese fuhr sofort mit Vehemenz an und verließ in hohem Tempo die Auffahrt.

 

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