Laws of Attraction by Angelika
Summary:

 

Eine Stolz-und-Vorurteil-Fanfiction 

 

Als Englands erfolgreichste Scheidungsanwälte nach einer durchzechten Nacht nebeneinander mit einem Ring am Finger aufwachen, ist Not am Mann. Denn um Ruf und Karriere zu retten, müssen zwei, für die gescheiterte Ehen das täglich Brot darstellen und die außerdem vor Gericht erbitterte Gegner sind, plötzlich ein glückliches Ehepaar spielen.


Categories: Sonstige Schauspieler, Matthew Macfadyen, Rollenbezogene Geschichten, Novel-length Characters: Elizabeth Bennet, Fitzwilliam Darcy
Genres: Humor, Romanze
Warnings: Keine
Challenges: Keine
Series: Keine
Chapters: 6 Completed: Nein Word count: 14552 Read: 15265 Published: 18 Sep 2009 Updated: 16 Dec 2009
Kapitel 5 – Step away from the cliff by Angelika

Kapitel 5 – Step away from the cliff
Song by Blue-Eyed Son

Elizabeth

Er war gut, er war wirklich richtig, richtig gut, das musste ich neidlos eingestehen. Ich hatte ja schon gedacht, dass es nicht leicht werden würde und hatte mich dementsprechend gut vorbereitet, aber dass ich wohl wirklich alle meine Fähigkeiten abrufen musste – das kam selten vor. Er ging sofort in die Vollen, kein Abtasten des Gegners, Angriff ist die beste Verteidigung schien wohl seine Strategie zu sein. In dem fast eine Stunde dauernden Gespräch schenkten wir uns nichts – und kamen so natürlich auch zu keinem Konsens. Aber das kam selten schon beim ersten Gespräch vor, meistens war es aber so, dass man sich in einem gewissen Sinne irgendwie annäherte, dieses Mal geschah nichts. Es standen sich nicht nur zwei vollkommen entschlossene Anwälte gegenüber, die Fronten der Ehepartner waren auch vollkommen verhärtet.

Ich bemühte mich, Schwachstellen bei William Darcy zu finden, bei einem derart erfolgreichen Anwalt lag es immer nahe, dass Hochmut seine Schwäche war, dass er sich auf seinen Lorbeeren ausruhen würde, das war aber nicht der Fall (und das hätte mich auch enttäuscht).

Am Ende der einen Stunde waren wir immer noch da, wo wir angefangen hatten und so beendeten wir das Gespräch. Unsere Sekretärinnen würden den nächsten Termin vereinbaren, wir gaben uns die Hände und verabschiedeten uns. So endete unsere erste Begegnung, jetzt würden wir erst einmal alle unsere Wunden lecken und dann unsere Strategie überarbeiten. Ich war auf das nächste Treffen gespannt, vielleicht konnte ich aus diesem Fall zur Abwechslung mal wieder was lernen. Meinen Respekt hatte sich William Darcy in jedem Fall schon einmal verdient.

Ich kehrte in mein Büro zurück, wo Theresa mich schon sehnlichst erwartete, Mrs. Elton sollte ich erst am nächsten Tag wieder treffen. Ich tat betont gleichgültig, als sie mir einen erwartungsvollen Blick zuwarf, und schwieg. Ohne ein Wort zu sagen ging ich an ihrem Schreibtisch vorbei und setzte mich hinter meinen.

Sie stand natürlich auf und stellte sich in den Türrahmen, ich blickte auf meine Akten. Ich wusste, dass dieses Spiel lächerlich war, aber dafür machte es einfach viel zu viel Spaß.

„Und?“, fragte Theresa schließlich. „Nun spuck's schon aus.“

Ich lachte. „Du darfst demnächst wieder mit Mr. Darcys Sekretärin telefonieren, wegen des zweiten Treffens.“

„Ich will nichts von einem zweiten Treffen wissen – ich will wissen, wie das erste war.“

„Auch nicht, wenn es unter Umständen hier bei uns in der Kanzlei stattfindet?“

„Das kommt schon noch früh genug – jetzt erzählt schon, wie dein erstes Treffen mit William Darcy war.“

„Oh, es war gar nicht mein erstes Treffen“, sagte ich nur leichthin.

„Wie soll ich das denn verstehen?“

„Wir waren uns schon einmal begegnet, nur kannte ich da seinen Namen noch nicht.“

„Er ist dir als mysteriöser Unbekannter begegnet?“

Ich lachte. „Eher als Ritter in schimmernder Rüstung – er hat mich letztens aufgefangen, als ich mir den Absatz abgebrochen hatte, erinnerst du dich noch?“

„Ui, wie romantisch.“ Theresa stimmte in mein Lachen ein. „Und dann hast du jetzt erst den Namen deines Retters erfahren? Süß. Wie war denn das große Wiedersehen?“

„Interessant“, sagte ich nur.

Theresa stöhnte. „Man merkt wirklich, dass du Anwältin bist, du kannst gut mit Worten umgehen, jetzt sag schon.“

„Wie ich schon sagte, es war interessant. Er ist allen meinen Erwartungen gerecht geworden.“

Theresa sah mich immer noch ungeduldig an. Ich stöhnte. „Ja, er sieht verdammt noch mal übermenschlich gut aus – zufrieden?“

Sie grinste. „Ich wusste, er würde dir gefallen. Wie schade, dass er der Anwalt der Gegenseite ist und deshalb ein außerberufliches Treffen mit ihm unethisch wäre.“

„Ich habe nur gesagt, dass er gut aussieht – mehr nicht. Ich habe nie gesagt, dass mein Interesse an ihm über das rein Berufliche hinausgeht.“

„Aber hey, selbst du würdest so eine Gelegenheit nicht verstreichen lassen…“

„Wie gut, dass ich mir über solche Sachen keine Gedanken machen muss“, sagte ich nur.

„Und vom Professionellen her?“, fragte Theresa nach einer kurzen Pause.

„So, wie ich es mir dachte – er ist ein fantastischer Anwalt, das wird ein schweres Stück Arbeit werden, aber es ist machbar. Und es macht ja auch Spaß, wenn ich mir meine horrenden Gehälter mal etwas härter verdienen muss.“

„Es ist also machbar?“, fragte Theresa nach.

„Oh ja, klar. Nichts ist unmöglich, wir werden das Kind schon schaukeln – es sei denn, wir haben eine Richterin, die genau so versessen aufs Äußere ist wie du“, neckte ich sie.

„Justitia ist ja bekanntermaßen blind“, konterte sie. „Sonst würde ich dich auch dazu zwingen, jedes Mal, wenn du vor einem Richter stehst, etwas Aufreizendes zu tragen.“

„Danke, aber wie du weißt, verdiene ich mir meine Lorbeeren eher mit meinen Fähigkeiten und nicht mit meinem Aussehen“, zwinkerte ich ihr zu.

Das Telefon klingelte an Theresas Schreibtisch und so wurde unser Gespräch beendet. Ich wandte mich wieder meinen Akten zu, viel zu tun hatte ich heute eigentlich nicht mehr, ich konnte mir ebenso die Arbeit mit nach Hause nehmen, dann würde ich auch mehr Zeit mit Jane verbringen können. Kurz entschlossen packte ich alle meine Unterlagen und meinen Laptop ein, sagte Theresa Bescheid und machte mich auf den Weg zu meiner Wohnung.

Jane war noch nicht von der Arbeit zurück. Ich sah, dass ein großer Umschlag für sie gekommen war – eine Absenderadresse war merkwürdigerweise nicht angegeben. Ich wusste nicht, ob ich hoffen oder fürchten sollte, dass der Brief von Charles war. Dass er sich all die Tage in keinster Weise gemeldet hatte, ließ einen doch das Schlimmste fürchten. Wir mieden das Thema. Ich wollte es nicht anschneiden und auch Jane hatte Charles kein einziges Mal erwähnt, seitdem sie bei mir eingezogen war. Sie stürzte sich in die Arbeit und verdrängte alles. Ich wusste nicht, ob ich es einmal ansprechen sollte, aber mit der aktuellen Entwicklung befand ich mich auf völligem Neuland, vielleicht brauchte Jane einfach nur Zeit. Sie trug noch immer ihren Ehe– und ihren Verlobungsring.

Ich setzte mich in mein Arbeitszimmer und begann meine Akten abzuarbeiten. Es machte viel mehr Spaß, in der vertrauten Umgebung zu arbeiten. Natürlich liebte ich mein Büro und ich war gerne dort, aber ich brauchte teilweise auch Zeit für mich und im Büro wurde ich auch häufig durch irgendwelche Kleinigkeiten unterbrochen. Außerdem konnte ich mich dort niemals so wie jetzt auf meinen Schreibtischstuhl lümmeln und an meinem Bleistift kauen – ich hatte ja schließlich einen Ruf als hochprofessionelle Anwältin zu wahren. Da war es gut, dass meine Vorgesetzten in einem bestimmten Ausmaß die Arbeit von Zuhause aus billigten und ich meinen Laptop mit hinnehmen konnte, wo ich wollte.

Zwei Stunden später hörte ich einen Schlüssel im Türschloss, Jane kam nach Hause. Ich konnte hören, wie sie ihre Schuhe zur Seite trat und den Schlüssel sanft auf die Ablage im Flur legte. Ich stand auf und ließ einmal meinen Nacken kreisen, ich überlegte, ob ich vielleicht einmal eine professionelle Massage in Anspruch nehmen sollte, weil ich in letzter Zeit immer so verspannt war.

Ich ging zur Tür und stellte mich in den Türrahmen, Janes Blick fiel auf mich. „Ach, du bist schon wieder da, Lizzy“, sagte sie.

„Ich habe mir meine Arbeit mit nach Hause genommen“, erklärte ich. „Ich dachte mir, ich mache meine Sachen noch zu Ende, dann koche ich uns was und wir machen uns einen schönen Abend.“

„Eine gute Idee“, sagte Jane nur leise. Für einen Moment rieb sie sich ihre müden Augen.

„Ein anstrengender Tag?“, fragte ich mitfühlend.

Sie nickte. „Wir haben heute Joseph verloren, 8 Jahre alt, Leukämie.“

Ich konnte merken, wie nah ihr das ging. Sie war ja ohnehin schon angeschlagen und dann nahm einen so ein Schicksal noch einmal besonders mit.

„Verdammt“, sagte ich nur leise, woraufhin sie nur nickte.

„Mein zweiter Vorschlag wäre“, sagte ich dann nach kurzem Überlegen, „dass ich uns was koche, danach lasse ich dir ein schönes heißes Bad ein und schläfst dich richtig aus. Du hast doch morgen erst Spätschicht, oder?“

„Du bist wirklich ein Schatz, Lizzy“, sagte Jane nur müde. „Das wäre wirklich ein Traum.“

Ich schenkte ihr nur ein aufmunterndes Lächeln und Jane machte sich auf den Weg in ihr Zimmer – eigentlich mein Gästezimmer, aber abgesehen von ihr hatte dort noch niemand anders drin geschlafen.

„Ach, du hast übrigens Post bekommen“, sagte ich und deutete auf den braunen DIN–A4–Umschlag, der auf der kleinen Kommode lag.

Meine Schwester machte ein erstauntes Gesicht. „Von wem denn?“, fragte sie.

„Es steht kein Absender drauf“, erwiderte ich nur mit einem Schulterzucken.

Jane nahm den Umschlag an sich und überprüfte ihn eingehend. Dann ging sie in ihr Zimmer, im Gehen riss sie ihn auf. Ich drehte mich um, um mich für die restliche Arbeit wieder an den Schreibtisch zu setzen, als ich plötzlich ein Poltern hörte. Alarmiert machte ich auf der Stelle kehrt und lief in das Gästezimmer. Jane saß neben dem Bett, sie zitterte heftig. Ich sah, dass die Nachttischlampe und der Wecker, die neben dem Bett gestanden hatten, auf dem Boden gefallen waren.

„Jane, was ist denn los?“, fragte ich entsetzt. „Hattest du einen Schwächeanfall?“

Sie antwortete mir nicht. Ich sah, dass der Umschlag neben ihr auf dem Boden lag, in ihm waren Fotos gewesen, die jetzt verstreut auf dem Boden lagen. Ich ging neben ihr in die Hocke. „Jane?“, fragte ich sanft, aber sie schien nur ins Leere zu blicken. Ich griff nach einigen Fotos, es waren etwa fünfzen. Bei dem, was ich dort sah, blieb mir der Mund offen stehen und jede Hoffnung, dass sich Jane und Charles eventuell doch noch versöhnen konnten, löste sich schlagartig in Rauch auf. Auch das war eine Art Fotos, wie ich sie schon vielfach zuvor gesehen hatte, aber sie bekamen eine ganz neue Dimension, wenn sie jemanden zeigten, den man eigentlich immer für offen und ehrlich gehalten hatte.

~**~

William

Sie wurde ihrem Ruf mehr als gerecht, sie war eine hervorragende Anwältin. Sie war unnachgiebig, forsch, bestens informiert und anscheinend auf alles vorbereitet, ich musste alle meine Fähigkeiten aufbringen und höllisch aufpassen. Keiner von uns wollte nachgeben, dementsprechend scharf war deshalb auch die erste Auseinandersetzung – man schenkte sich einfach nichts, auch wenn man allein durchs Hörensagen schon einen großen Respekt vor der Gegnerin hatte. Wer zögerte, verlor.

Sie parierte alle meine Attacken – beeindruckend. Normalerweise verbrachte man die erste Begegnung immer mit Abtasten und dem Auffinden von Schwachstellen, aber auf den ersten Blick schien sie keine zu haben. Sie war erfolgsverwöhnt ja, aber sie ruhte sich nicht darauf aus. Sofort in der ersten Besprechung wurden die Klingen heraus geholt, das war zwar ungewöhnlich, mir aber nicht unrecht – dann würde es endlich mal wieder eine interessante Auseinandersetzung werden.

Nach einer Stunde standen wir immer noch dort, wo wir angefangen hatte, keiner war auch nur ein Schritt von seiner Position abgewichen, das lag nicht nur daran, dass die beiden Anwälte fest entschlossen und kampferfahren waren, sondern auch daran, dass die Ehepartner unnachgiebig waren. So reichten wir uns nach einer Stunde die Hände und würden das nächste Treffen abwarten. Unsere Sekretärinnen würden dafür sorgen, dass wir uns wieder treffen würden, bis dahin sollten wir Gelegenheit haben, unsere Taktik noch einmal zu überdenken. Vielleicht war ich masochistisch veranlagt, aber ich freute mich auf eine weitere Begegnung mit ihr, denn es war wirklich mehr als interessant gewesen, gegen sie anzutreten. Sie gehörte nicht umsonst zu den besten, es würde bestimmt eine Herausforderung werden und das rechnete ich Miss Bennet schon einmal hoch an.

Ich blieb im Flur stehen und blickte den Eltons und Miss Bennet nach, als sie meine Kanzlei verließen. Ich muss wohl ziemlich nachdenklich ausgesehen haben, denn Mary kam, stellte sich neben mich und folgte meinem Blick ins Leere.

„Und?“, unterbrach sie schließlich meine Grübeleien.

„Wie bitte?“, fragte ich zurück.

„Wie war's? Nach Ihrer Miene zu urteilen, muss dieses erste Treffen wohl eine ziemlich neue Erfahrung gewesen sein.“

„Ich weiß noch nicht ganz, was ich von ihr halten soll“, sagte ich langsam. „Sie ist auf jeden Fall sehr gut in ihrem Fach.“

Mary sah mich erwartungsvoll an.

„Ja, in Ordnung, Sie haben Recht, Elizabeth Bennet ist gefährlich.“

„Gefährlicher als die anderen Gegner?“

Ich überlegte einen Moment lang. „Auf irgendeine unbewusste Art und Weise habe ich das Gefühl, dass sie es ist, ja. Wie sagten Sie damals noch? Sie ist jung, talentiert und ambitioniert? Drei sehr gefährliche Eigenschaften. Ich gebe Ihnen Recht, da werden wir aufpassen müssen.“

„Ich sagte auch, sie sieht gut aus und von Ihrem kleinen Tête–à–tête eben an der Tür zu schließen…“

Ich lachte. „Sie ist hübsch, aber wir dürfen auch nicht vergessen, dass sie auch immer noch die Anwältin der Gegenseite ist. Sie kennen meinen Kodex, Mary.“

„Und den aller anderen Anwälte bezüglich unethischem Verhalten auch.“

„Also, nachdem wir das ja alles geklärt hätten, schauen Sie einmal nach, wann wir dann das nächste Treffen wegen der Eltons haben. Ich würde mal sagen, da wir uns heute den Termin hier hatten, dass wir uns das nächste Mal dann bei Middleton, Lucas & Co treffen.“

„In Ordnung, Sir, ich werde sehen, was sich machen lässt. Und wie machen Sie das jetzt mit Mr. Fitzwilliam, Sir? Sie haben ihn ja jetzt verpasst.“

„So wie ich meinen Cousin kenne, wird er, weil ich ja nicht bei ihm aufgetaucht bin, die Bilder mitgenommen haben, sodass ich sie heute Abend bestimmt noch bei ihm abholen kann.“

Mary nickte nur und ich ging in mein Büro zurück, um mich ungestört den Rest des Tages meiner Arbeit zu widmen.

Ich machte pünktlich Feierabend und fuhr dann bei Richard vorbei – sehr zu meinem Missfallen war er nicht Zuhause. Da musste ich wohl noch etwas warten, bis ich die neuesten Erkenntnisse zu Gesicht bekommen sollte, es war immer unwahrscheinlich, wann man meinen Cousin denn antraf, weil er eigentlich ständig unterwegs war. Deshalb war es am Nachmittag auch eigentlich so ein ungewöhnliches Ereignis gewesen, dass ich ihn in seinem Büro, das sich zufällig nur einen Stock unter meinem befand, hätte treffen können.

Ich begegnete ihm dann doch noch, denn wie sich herausstellte, war er bei mir Zuhause. Als ich die Tür zu dem Haus aufschloss, in dem ich mit Georgiana wohnte, hörte ich seine Stimme aus der Küche.

Ich blieb im Türrahmen stehen und blickte auf meine kleine Schwester und meinen Cousin, die sich anscheinend an Mrs. Pattersons Schokoladenpudding gütlich taten und sich dabei angeregt unterhielten. Es war Georgiana, die mich als erste entdeckte.

„Hallo Will“, sagte sie gut gelaunt. „Komm, nimm dir einen Löffel aus der Schublade und setzt dich zu uns.“

Ich nahm mir zwar keinen Löffel, aber ich löste meine Krawatte und setzte mich dann auf einen der Hocker.

„Na, mein Lieber“, lachte mein Cousin, „schön, dass ich dich auch mal treffe.“

„Tut mir leid“, sagte ich, „ich hatte es erst vergessen und als ich es dann bemerkte, stand leider schon der nächste Termin an.“ Ich zuckte mit den Schultern.

„Ist ja auch nicht so schlimm – in weiser Voraussicht habe ich die Unterlagen mitgebracht, sie liegen jetzt auf deinem Schreibtisch im Arbeitszimmer.“

„Vielen Dank“, sagte ich nur. „Sind sie brauchbar?“

„Oh ja, sehr, was der gute Frank Churchill so alles angestellt hat…“ Er schnalzte mit der Zunge.

„Bitte“, unterbrach ich ihn. „Ich werde es gleich schon sehen und hier sind zart besaitete Damen im Raum.“

„Hey!“, meldete Georgiana sich entrüstet zu Wort. „Ich bin ja kein kleines Kind mehr.“

„Sorry Georgie“, sagte Richard, „aber für uns beide, da wir dich immerhin groß gezogen haben, wirst du es immer bleiben.“

Sie lachte und schweigend löffelten die beiden die Schüssel leer.

„Und, wie war dein Tag bei der Arbeit?“, fragte meine kleine Schwester schließlich, um etwas Konversation zu machen.

„Wie immer eigentlich, Frauen brechen in Tränen aus, es wird gestritten und Menschen, die sich einst liebten, werfen sich hasserfüllte Blicke zu.“

„Das klingt aber sehr bitter“, sagte Richard.

„So ist es nun einmal.“

„Ich frage mich ja bis heute, warum du diesen Job überhaupt machst – du müsstest es doch eigentlich gar nicht.“

„Du kennst mich, ich kann nicht einfach nur Zuhause rumsitzen und mich um mein Geld kümmern. Und dann mache ich lieber etwas, was ich gut kann.“

Wieder schwiegen wir einen Moment. „Sag mal, Rick“, begann ich schließlich, „du arbeitest nicht zufällig auch für Middleton, Lucas & Co?“

„Meinst du im Allgemeinen für Middleton, Lucas & Co oder meinst du für Elizabeth Bennet?“, fragte er zurück.

„Letztere.“

„Nein, ich arbeite nicht für sie, ich bin ihr noch nicht begegnet – sie soll gut sein.“

„Ist sie.“

„Du hast sie getroffen?“

„Sie war der Grund, weshalb ich dich nicht mehr erreicht habe.“

„Und das Treffen hat dich dermaßen erschüttert, dass du jetzt fragen musst, ob die Konkurrenz auch meine hervorragenden Dienste in Anspruch nimmt?“

„Nun ja, man weiß halt gerne, was die Konkurrenz so macht…“

„Wenn du dich schon nach ihr erkundigst, muss sie gut sein“, mischte Georgiana sich ein.

Ich tat betont gleichgültig. „Wir trafen uns heute das erste Mal, aber du weißt, dass ich gerne vorbereitet bin.“

„Du bereitest dich auf sie vor?“, fragte Richard. „Sie muss wirklich gut sein.“

Wir wurden glücklicherweise durch das Klingeln des Telefons unterbrochen. Es war Charles, ich hoffte, er hatte gute Nachrichten für mich.

„Hey Will“, begrüßte er mich – seine Stimme klang immer noch merkwürdig ausdruckslos.

„Charles – wie geht es dir? Was gibt’s Neues?“

„Ach, nichts besonderes.“

Ich hoffte, er hatte mich nicht angerufen, um mir das endgültige Aus seiner Ehe mitzuteilen. „Gibt es irgendeinen besonderen Grund für deinen Anruf?“, fragte ich deshalb vorsichtig.

„Nein“, lautete die Antwort und ich hätte vor Erleichterung beinahe ausgeatmet.

„Wie geht es Jane?“

„Das weiß ich nicht.“

„Wie bitte?“

„Ich weiß es nicht, ich habe sie nicht mit ihr gesprochen.“

„Warum nicht?“, fragte ich erstaunt.

„Ich wollte mich ihr nicht aufdrängen.“

„Wie bitte?“

„Ich wollte ihr ihre Ruhe lassen, es ist bestimmt eine schwere Zeit für sie auch und da wollte ich sie nicht belästigen.“

„Bist du verrückt geworden?“, fragte ich ihn entsetzt.

„Warum?“

„Du weißt schon, dass das jetzt auch so wirken kann, als wolltest du nicht um sie kämpfen, dass sie dir nichts mehr bedeutet…“

„Ja“, sagte er einfach nur.

„Und, ist das so?“

„Natürlich nicht.“ Ich konnte merken, dass Charles jetzt doch etwas aufgebracht war. „Aber ich will mich ihr einfach nicht aufdrängen – sie hat mich nicht verdient.“

„Charles, du musst um deine Ehe kämpfen, gerade jetzt!“

„Ich habe sie betrogen, Will. Ich habe sie verletzt. Ich bin ein Arschloch, sie ist ohne mich vielleicht besser dran.“

Hätte er leibhaftig vor mir gestanden, hätte ich ihn an den Schultern gepackt und ihn geschüttelt. „Charles! Du liebst sie doch, oder? Tu etwas und hör auf, dich selbst zu bemitleiden! Du legst jetzt hier sofort auf und rufst sie an. Nein, besser noch, du schaust bei ihr vorbei. Sie wohnt doch bei ihrer Schwester, oder? Charles, ich bitte dich, sei nicht so passiv – tu etwas!“

„In Ordnung, Will“, sagte er nur, klang aber irgendwie wenig überzeugend. „Ich werde etwas tun.“

„Gut – und ruf mich erst wieder an, wenn du das mit Jane in den Griff bekommen hast.“

Ich legte auf und schüttelte den Kopf. Musste ich Charles jetzt wirklich Tipps für die Rettung seiner Ehe geben?

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